Gründungskongress

Anti-Euro-Partei mischt jetzt Deutschland auf

Ausland
14.04.2013 14:15
Die Anti-Euro-Partei "Alternative für Deutschland" mischt seit Sonntag offiziell Deutschland auf: Sie will mit der Forderung nach einer Abschaffung der gemeinsamen Währung in den deutschen Bundestagswahlkampf ziehen. Meinungsforscher trauen ihr durchaus den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde zu. Die Auflösung des Euro-Währungsgebietes in seiner jetzigen Form sei eine zentrale Forderung der Partei, sagte der Hamburger Wirtschaftsprofessor und AfD-Mitbegründer Bernd Lucke (Bild 2) auf dem Gründungskongress der Partei in Berlin.

"Wenn der Euro scheitert, dann scheitert nicht Europa", sagte Lucke vor rund 1.500 AfD-Mitgliedern, die in Berlin zum Gründungskongress der Partei zusammengekommen waren. Die Einführung des Euro sei ein historischer Fehler gewesen, der nun korrigiert werden müsse. Europa zerfalle unter dem Euro in einen verarmenden Süden und einen wirtschaftlich erfolgreichen Norden, so der 50-jährige Wirtschaftsprofessor. Damit würden auch alte anti-deutsche Ressentiments zu neuem Leben erweckt werden.

Partei präsentiert sich als Alternative zu Merkel-Kurs
Eine Auflösung der Euro-Zone würde dagegen die Spannungen in Europa erheblich mildern, ist Lucke, der 33 Jahre lang Mitglied der CDU war, überzeugt. "Wir wollen die eklatanten Verletzungen demokratischer, rechtsstaatlicher und ökonomischer Grundsätze stoppen", betonte er weiter. Die Regierung von Kanzlerin Angela Merkel behaupte zu Unrecht, es gebe zu ihrer Politik keine Alternative. "Jetzt ist sie da. Die Alternative für Deutschland", so der Partei-Mitbegründer.

Der "Bild am Sonntag" hatte Lucke vor dem Gründungskongress erklärt, er gehe davon aus, dass die AfD im Herbst in den Bundestag einziehen werde. "Ich denke, dass ein zweistelliges Ergebnis realistisch ist." Bündnisse mit anderen Parteien schloss er aus: "Unsere Bedingung dafür wäre nämlich, dass ein Regierungspartner auch den Euro abschaffen will."

Insgesamt hat die AfD derzeit etwa 7.500 Mitglieder. Auf dem Parteitag wollte sich die Neo-Partei eigenen Angaben zufolge auch von rechtsextremen und ausländerfeindlichen Positionen abgrenzen. Die NPD hatte angekündigt, am Rande des Kongresses eine Kundgebung abhalten zu wollen und sich damit als "wahre Anti-Euro-Partei" zu präsentieren.

24 Prozent der Deutschen liebäugeln mit Neo-Partei
In einer aktuellen Umfrage hatten 24 Prozent der Wahlberechtigten erklärt, sie könnten sich vorstellen, für die neue Partei zu stimmen. Einige Meinungsforscher trauen ihr jedenfalls den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde bei der kommenden Bundestagswahl zu. Klaus-Peter Schöppner, Chef des deutschen Meinungsforschungsinstituts Emnid, sagte der "Wirtschaftswoche", neben klassischen Protestwählern könnte die neue Partei auch bei finanzkonservativen Bildungsbürgern Erfolg haben. Für echte Prognosen sei es allerdings noch zu früh. "Wenn die AfD Chancen auf fünf Prozent hat, dann kommen drei Prozent von den konservativen Nichtwählern und zwei Prozent von den Protestwählern", so der Meinungsforscher.

CDU-Abgeordneter: "AfD nicht in Schmuddelecke stellen"
Die AfD könnte vor allem dem bürgerlichen Lager dringend benötigte Stimmen entziehen, so auch die Sorge bei den Regierungsparteien CDU und FDP. Der CDU-Abgeordnete und Kritiker des Euro-Kurses der Regierung, Wolfgang Bosbach, sagte der "Wirtschaftswoche", er habe "die Befürchtung, dass Schwarz-Gelb die Stimmen für die AfD bitter fehlten könnten". Er mahnte aber, "jetzt bloß nicht den Fehler zu machen, die AfD in die Schmuddelecke zu stellen". Auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier forderte die CDU auf, die neue Partei ernst zu nehmen. "Wir müssen uns das sorgfältig ansehen", sagte der CDU-Politiker dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".

SPD und Grüne kritisieren Populismus-Keule der AfD
Die Fraktionschefs von SPD und Grünen, Frank-Walter Steinmeier und Jürgen Trittin, warfen den AfD-Gründern hingegen vor, aus der Euro-Schuldenkrise populistisch Nutzen zu ziehen. Steinmeier sagte der "Welt am Sonntag", die AfD-Gründung sei nicht ungefährlich für Parteien, "die europäische Vernunft wahren und den Laden zusammenhalten wollen". Aber er vertraue darauf, dass die Deutschen wüssten, dass ihnen Jahrzehnte europäischer Integration Frieden und Wohlstand gebracht hätten.

Trittin sagte der "Welt", der Begriff Euro-kritisch sei beschönigend: "Tatsache ist, dass es ein Wählerpotenzial von Leuten gibt, denen die bisherigen Euro-Rettungsstrategien über die Hutschnur gehen." Berechtigt daran sei, dass es eine soziale Schieflage gebe, weil Vermögende für die Krisenkosten kaum herangezogen würden.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mahnte indessen, Sorgen in der Bevölkerung ernst zu nehmen. "Und dass Menschen versuchen, daraus politischen Effekt zu erzielen, das ist legitim, das ist die Demokratie", stellte er klar. Bei der neuen Partei handle es sich aber um eine politische Kraft, die nur Sorgen ausdrücke, ohne eine Lösung anzubieten.

Genscher: "Europa steht am Scheideweg"
Mit einem Appell für die Bewahrung des Euro wandte sich der ehemalige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher an die Öffentlichkeit. "Europa steht am Scheideweg", schrieb Genscher im Magazin "Focus". "Diejenigen, die offen oder versteckt in Deutschland das Ende der Währungsunion betreiben, setzen das große Einigungswerk als Ganzes aufs Spiel. Zu Europa gibt es keine verantwortbare Alternative."

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