Wir schreiben das Jahr 1713. Der Friede von Utrecht besiegelt das Ende des über zehn Jahre zuvor begonnenen Spanischen Erbfolgekriegs. Für die meisten Seeleute, die zuvor unter den Flaggen von Spanien, Großbritannien, Frankreich, Portugal und den Niederlanden über die Weltmeere segelten, bedeutet dies die Arbeitslosigkeit. Viele von ihnen wollen sich diesem Schicksal nicht fügen und geben einem Leben in Freiheit jenem unter der Krone ihres jeweiligen Landes den Vorzug. Sie ziehen fortan plündernd und raubend über die Meere, getrieben von der Gier nach Gold und anderen Kostbarkeiten, die zwischen der Neuen Welt und dem alten Europa gehandelt werden oder verborgen auf dem Meeresgrund liegen.
Einer von ihnen ist Edward Kenway, ein gebürtiger Waliser, der einst als Freibeuter unter dem Kommando von Benjamin Hornigold Segel nach Jamaika setzte, um im Dienst der Royal Navy Kaperfahrten durchzuführen. Als sich der Krieg der bedeutenden Königreiche dem Ende neigt, verschreibt sich Edward der Piraterie. Dem Alkohol und Frauen nicht abgeneigt, gerät der als "clever-charismatisch, aber auch egoistisch und rücksichtslos" beschriebene Seebär schließlich per Zufall in den seit Jahrhunderten tobenden Krieg zwischen Templern und Assassinen - und wird einer von ihnen: ein Pirat, ausgebildet von Assassinen.
Ab in die Karibik
Soweit die Hintergrundgeschichte zu "Assassin's Creed IV: Black Flag", mit dem das Franchise ab Herbst sprichwörtlich in neue Gefilde aufbricht. Statt wie zuletzt teils tief verschneiter Wälder erwarten den Gamer diesmal die Westindischen Inseln mit all ihrer Pracht: Weiße Sandstrände unter Palmen, kleine Fischerdörfer und Plantagen, tropische Wälder voller gefährlicher Tiere, versteckte Höhlen, alte Ruinen der Maya und der eine oder andere Schatz unter Wasser - darf in "Black Flag" doch erstmals getaucht werden.
Die drei Hauptschauplätze sind laut Kreativdirektor Guesdon das kubanische Havanna, die jamaikanische Hauptstadt Kingston sowie das Herz der Bahamas, die Stadt Nassau auf der Insel New Providence. In Summe sollen 50 einzigartige Locations zu Entdeckungstouren einladen, doch den größten Platz zum Austoben bietet wohl das Meer: Machten die Missionen auf dem Schiff im Vorgänger lediglich einen Bruchteil des Spieles aus, so stehen sie nun nahezu gleichberechtigt neben jenen an Land.
Ein Schiff als zweiter Held
Aus diesem Grund führen die Entwickler einen "zweiten Helden" ein, wie sie es nennen: Die "Jackdaw", Edwards Schiff, das dieser im Verlauf mithilfe seiner nicht minder wichtigen Crew quasi von der Schaluppe zum stattlichem Fünfmaster ausbauen können soll. Während sich Edward bevorzugt mit Säbeln und Pistolen zur Wehr setzt, stehen für den Kampf auf hoher See nebst klassischer Kanonen auch neue Waffen wie Minen oder Mörser zur Verfügung. Auch das Rammen feindlicher Schiffe soll möglich sein.
"Nahtlos und flüssig"
Ein Stichwort, das in diesem Zusammenhang öfter fällt, ist "seamless and fluid", also nahtlos und flüssig. Guesdon verspricht eine offene Spielwelt, die Gamer de facto ohne Unterbrechungen und Ladezeiten bereisen können sollen - das gelte auch für den Wechsel vom Seekampf zum Entern eines feindlichen Schiffes. Fänden Spieler hingegen Gefallen an einer Insel, müssten sie lediglich Anker setzen und ins Wasser springen, um an Land zu kommen. Dies wiederum soll es Spielern mehr denn je ermöglichen, so an eine Aufgabe heranzugehen, wie es ihren eigenen Vorlieben entspricht.
Wer gerade keiner konkreten Mission nachgehen möchte, dem bieten sich abermals vielfältige Ablenkungsmöglichkeiten. So sollen sich nicht nur Schätze, sondern beispielsweise auch Wale jagen lassen. Mittels Fernrohr könnten von Bord der "Jackdaw" aber auch Handelsschiffe oder in Not geratene Piraten ausfindig gemacht werden, heißt es. Zu jeder Zeit ließen sich zwei bis drei dieser optionalen "Gelegenheiten" ausfindig machen, so Guesdon.
Treffen mit Blackbeard und Co.
Natürlich dürfen bei einem Piratenspiel, das sich selbst auf die Fahnen schreibt, die historischen Ereignisse so korrekt wie möglich wiederzugeben, auch einige berühmte Gesichter und Namen nicht fehlen, allen von Edward "Blackbeard" (Schwarzbart, Anm.) Teach, der als Mentor Kenways fungiert. Aber auch Calico Jack, Anne Bonny, die wohl berühmteste Piratin, oder Charles Vane, dessen Biographie in vielerlei Hinsicht als Inspiration für die Figur des Kapitän Jack Sparrow in Disneys "Fluch der Karibik" diente, sind mit von der Partie.
Mit der romantischen Verklärung und den Klischees des Hollywood-Blockbusters soll "Black Flag" jedoch nichts gemein haben, stattdessen wolle man die "wahre Geschichte der Piraterie" erzählen. "Es war damals weder ein Freizeitpark, noch spielte sich alles unter großen grauen Wolken ab. Es ist eine Geschichte über Männer und Frauen, die fernab ihrer Heimatländer unter gefährlichen Umständen um ihr Überleben kämpfen, aber dennoch voller Hoffnung an eine bessere Zukunft sind", so Guesdon.
Entwickler Guesdon im krone.at-Interview
Doch warum gerade Piraten, wollte krone.at von dem kanadischen Entwickler wissen: "Weil Piraten cool sind. Sie stehen für das, was die moderne Welt braucht: ein bisschen mehr Abenteuer und Entdeckungen. Und in Bezug auf 'Assassin's Creed': weil wir bereit sind, ein hochwertiges, lebensnahes Piratenspiel abzuliefern. Wir wissen, wie man Städte und natürliche Umgebungen baut, und wir wissen, wie man mit Schiffen auf hoher See ein unglaubliches Erlebnis schafft. All diese Zutaten standen zu Beginn der Entwicklung in 2011 bereit, also haben wir uns ans Werk gemacht."
krone.at: Was waren Ihre ersten Erfahrungen, die Sie als Kind mit Piraten gesammelt haben, was hat Sie so an ihnen begeistert?
Jean Guesdon: Als Kind mochte ich vor allem die Freiheit, die sie verkörperten, und den Gedanken, dass alles möglich ist. Die Zeit schien cool und spaßig gewesen zu sein. Mit "Assassin's Creed IV: Black Flag" wollen wir uns von diesem Eindruck, den Bücher wie "Die Schatzinsel" von Robert Luis Stevenson und Filme hinterlassen haben, jedoch lossagen. Sie betrachten das Thema Piraterie lediglich aus einer fantastischen Perspektive, wir hingegen wollen reale historische Ereignisse so korrekt wie möglich wiedergeben. Wir haben uns also hingesetzt und gesagt: "Diese Zeit war cool, aber wir wollen sie so darstellen, wie sie wirklich war." Wir haben also mit Recherchen angefangen, und was wir dabei gefunden haben, war sogar noch beeindruckender. Wir haben Ereignisse und Charaktere im Spiel, die tatsächlich stattgefunden haben bzw. existierten. Wir brauchen daher keine schwimmenden Skelette oder dergleichen, wie man sie von woanders kennt.
krone.at: Wie muss man sich die Recherchearbeit zu "Assassin's Creed IV: Black Flag" vorstellen?
Guesdon: Wir beginnen mit dem naheliegendsten: Wir lesen viel, sehen uns Filme an und schauen ganz allgemein, welches Material zu dieser Epoche existiert. Wir kontaktieren Historiker, die uns helfen, unser Wissen über diese Epoche zu bereichern. Einige Mitglieder unseres Teams sind auch in die Karibik geflogen, um ein Gefühl für die Umgebung zu bekommen, das Meer, die vielen Inseln und ihre Küsten. Der Sound war uns dabei auch sehr wichtig.
krone.at: Warum haben Sie sich zum ersten Mal in der Geschichte von "Assassin's Creed" dazu entschlossen, in der Zeit zurückzureisen, anstatt eine spätere Epoche zu wählen?
Guesdon: Zunächst, weil wir es können (lacht). Das ist eine einfache Antwort, aber die Animus-Technologie erlaubt es uns nun mal, in jede Epoche der Geschichte zu reisen. Wir haben immer gesagt, dass die Geschichte unser Spielplatz ist, und nie in Stein gemeißelt, dass der Spielverlauf einer Chronologie folgen muss. Als wir uns dazu entschlossen, ein Piraten-Game zu machen, stellten wir fest, dass diese Ära gerade einmal rund 60 Jahre vor den Ereignissen von "Assassin's Creed III" spielte - und damit pee.at: Die Entwicklung von Teil vier begann noch während der Arbeiten zu Teil drei. Gibt es eine vorgegebene Zeitlinie, der die Entwicklung aller Spiele folgt?
Guesdon: Wir planen die Zukunft der Marke immer zwei bis drei Jahre voraus, wir hatten also Pläne. Aber manchmal entwickeln sich Pläne auch. Als wir zum ersten Mal die Schiffsmissionen in "Assassin's Creed III" sahen, dachten wir uns sofort, dass darin großes Potenzial liegt und wir diese Richtung weiterverfolgen sollten.
krone.at: Sie haben die Verbindung zwischen "Black Flag" und seinem Vorgänger erwähnt. Edward ist der Großvater von Haythan, den Spieler aus Teil drei kennen. Edward wurde allerdings von Assassinen ausgebildet, während Haythan ein Templer ist - wie konnte das passieren?
Guesdon: Die Antwort auf diese Frage gibt es eigentlich schon in Oliver Bowdens Buch "Forsaken", das viel über die Jugend von Haythan verrät und in dem auch Edward bereits vorkommt. Mit "Assassin's Creed" haben wir ein umfassendes Universum erschaffen, das jedoch stets über alle Medien hinweg konsequent und in sich geschlossen bleibt. Wer manchmal bei einem Medium keine Antworten findet, braucht nur in die anderen zu schauen - sie könnten dort sein.
krone.at: "Assassins' Creed IV: Black Flag" wird auch für die frisch angekündigte PlayStation 4 erscheinen. Worin werden die Unterschiede zur aktuellen Konsolengeneration liegen - geht es nur um eine Verbesserung der Grafik oder wird es auch Besonderheiten in Bezug auf das Gameplay geben?
Guesdon: Es wird natürlich eine stark verbesserte und sehr beeindruckende Grafik geben, aber wir arbeiten auch an einigen neuen Funktionen, beispielsweise was die Vernetzung der Spieler untereinander anbelangt. Doch nähere Details dazu kann ich noch nicht nennen.
krone.at Inwiefern wird sich Steuerung von jener in "Assassin's Creed III" unterscheiden?
Guesdon: Das Ziel ist immer, ein paar frische Ideen und neue Gameplayelemente sowie Spieltiefe einzubringen. Aber "Black Flag" bedeutet auch keinen Neustart für die Serie, wir starten nicht von Grund auf neu und haben schließlich auch eine große Fan-Basis, die wir respektieren. Es ist ein typisches "Assassin's Creed" im "Assassin's Creed"-Universum, alles was bislang in den Spielen gesagt wurde und stattgefunden hat, hat auch weiterhin seine Richtigkeit. Trotzdem wird es mit seinen insgesamt 50 Inseln und der maritimen Umgebung eine gänzlich neue Erfahrung bieten, die wir - um wieder auf die Steuerung zurückzukommen - jedoch weitgehend unverändert lassen, um das Spiel so zugänglich wie möglich zu machen.
krone.at: Es war immer wieder von einer "nahtlosen und flüssigen Erfahrung" die Rede - fast so, als ob es gar keine Ladeunterbrechungen mehr gäbe?
Guesdon: Es wird freilich schon noch einige Ladezeiten geben, es wäre sehr überheblich, wenn wir behaupten würden, gar keine zu haben (lacht). Aber wir konzentrieren uns darauf, diese Unterbrechungen auf ein Minimum zu reduzieren und einen möglichst reibungslosen sowie flüssigen Ablauf zu ermöglichen. Und ich kann versprechen, dass Aktionen wie das Entern eines Schiffes oder das Von-Bord-Gehen, um eine Insel zu erkunden, keine Ladeunterbrechungen haben werden. Es ging uns nicht darum, fünfzig verschiedene Karten anzufertigen, zwischen denen Ladepausen eingelegt werden müssen, sondern eine einzige und zusammenhängende Spielwelt.
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