Inkognito im Luxus

Geheimer “Krone”-Test: Eine Nacht im Nobelhotel “Ritz”

Reisen & Urlaub
07.09.2012 14:48
Roomservice und kasachischer Charme: Conny Bischofberger testete inkognito für die "Krone" das neue Fünfstern-Hotel "The Ritz-Carlton" an der Wiener Ringstraße.

Der erste Eindruck: viel Marmor, viel Gold und viele Pferdebilder in Rot und Violett. Wie Lipizzaner sehen sie nicht aus, eher wie kasachische Steppenpferde. Der Besitzer des "Ritz-Carlton Vienna" ist nämlich der Geschäftsmann Timur Issatayev aus Kasachstan – ihm gehört auch das "Ritz" unweit des Roten Platzes in Moskau.

Stimmiges Lichtkonzept, auch die farbenprächtige Beleuchtung der Fassade sticht hervor. Trotz der teuren Materialien mutet das Flair der Lobby doch eher russisch, eher wie verfehlter Halbhistorizismus, an. Nicht zu vergleichen mit der elf Meter hohen kaiserlichen Halle des "Imperial".

Freundlichkeit am Front Desk
Am Front Desk mit den Holzlamellen heißt mich Philipp aus dem Ruhrgebiet willkommen, im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen spricht er deshalb auch perfekt Deutsch (aber egal ob das Personal Russisch, Englisch oder Deutsch spricht, alle sind rührend um ihre Gäste bemüht, in 24 Stunden habe ich nur Herzlichkeit erlebt). Ich habe ein Zimmer mit Blick auf einen Lichthof, was vielleicht daran liegt, dass es "nur" 415 Euro (ohne Frühstück) kostet.

60 Minuten W-Lan und Mormonen-Bibel
38 Quadratmeter purer Luxus. Ein Bett mit weißem Lederhaupt, Gänsedaunen, weiß schimmernde Baumwolle. Das Bad, ein Traum aus weißem und schwarzem Marmor, kann mit den legendären Bädern des "Plaza" am New Yorker Central Park locker mithalten. Nespresso-Maschine, iPod-Station. 36 Fernsehprogramme auf HD-Flatscreen, darunter auch Al-Jazeera, drei russische Nachrichtensender und natürlich Kazakh-TV.

In der Nachttischschublade liegt neben der Bibel auch die Heilige Schrift der Mormonen bereit, Leselampe inklusive. Soll wohl ein Zugeständnis an die Romney-Anhänger unter den amerikanischen Gästen sein. W-Lan für mein iPad ist nur die erste Stunde gratis, ab der 61. Minute fordert "Ibahn" die Nummer meiner Kreditkarte.

Aus vier Stadtpalais mach' ein Hotel
Um 140 Millionen Euro ist ein ganzer Häuserblock aus vier historischen Stadtpalais aus dem 19. Jahrhundert – alle stehen unter Denkmalschutz – zum neuen "Ritz" mit 202 Zimmern zusammengelegt worden. Am Schubertring 5 steht es zwischen "Marriott" und "Imperial". Weil die asiatische Hotelgruppe Shangri-La abgesprungen ist, war das Haus lange ein Geisterhotel.

Auf den insgesamt 19.800 Quadratmetern muss man deshalb oft über Stiegen in Zwischengeschoße wechseln, was das Wohlgefühl eindeutig mindert. Manchmal erhascht man dabei einen Blick auf die historischen Wandverkleidungen und Deckenfresken und ist versöhnt.

Bilder des Mystery-Tests findest du in der Infobox!

"Personalisierter Service" scheitert an der "Krone"
Das Haus wirbt mit "personalisiertem Service", in meinem Fall scheitert dies an der Kronen Zeitung, obwohl der "Ritz"-Concierge sonst auch Privatjets und sogar exotische Haustiere herbeizaubern soll. Obwohl am Vorabend bestellt, liegt die "Krone" am Morgen nicht vor meiner Tür. Erst nach einer Reklamation wird sie in Windeseile besorgt und geliefert. Dafür kommt ein Aufladekabel für mein Blackberry in zweieinhalb Minuten aufs Zimmer.

In der Rooftop-Bar "Atmosphere" sitzt der amerikanische Geschäftsmann neben indischen Familien und Liebespärchen, die den Blick auf Steffl und Karlskirche genießen. Es brennen riesige weiße Kerzen, obwohl die Sonne noch nicht untergegangen ist. Die High Heels russischer Schönheiten bleiben reihenweise zwischen den schmalen Brettern des Teakholzbodens stecken.

Einmal hinsetzen – um 400 Euro trinken
Die Open-Air-Terrasse ist ausgebucht, nur eine riesige, diskrete Couchlandschaft wäre noch frei. Darf ich mir's hier bequem machen? Der Ober sagt's nicht gern, aber "hier beträgt die Mindestkonsumation 400 Euro". Diese Ecke werde meist zu zehnt gebucht.

Na gut. Ich schlürfe einen Sunset Swizzler um zwölf Euro an der Bar (das billigste Getränk hier ist ein Gläschen Mineralwasser um 3,60 Euro) und schaue einem Ex-ÖVP-Politiker zu, der offenbar ordentlich was zu feiern hat. Man lässt Champagnerkorken knallen – die Flasche zu 95 Euro.

18 Meter Hotelpool mit Unterwassermusik
Um 21 Uhr ist hier Schluss, wegen der Anrainer. Deshalb tauche ich in den Hotelpool ab, mit 18 Metern der längste Wiens - und wohl auch der einzige mit Unterwassermusik. Die ist auch nicht so nervig wie die Electronic-Musik in der Lobby. Hier haben sechs elegante Suiten des ersten Guerlain-Spas in Österreich bis 23 Uhr geöffnet, der Fitnessraum sogar rund um die Uhr.

Nicht zu Gesicht bekommen habe ich während meines Aufenthaltes die Presidential Suite auf der ehemaligen Beletage: 190 Quadratmeter für 6.500 Euro pro Nacht, schusssichere Fenster für die Staatsgäste, Ankleidezimmer, Salon, Office (auf Wunsch mit Sekretär). Die Konkurrenz schläft schließlich nicht: 2013 eröffnet im Palais Hansen ein "Kempinski", 2014 ein "Park Hyatt" am Hof.

Frühstück um 32 Euro
Philipp aus dem Ruhrgebiet ist auch da, als ich am nächsten Morgen – nach einem Espresso aus meiner Kaffeemaschine – aus meinem Luxuszimmer auschecke. Das Frühstück im Restaurant hab' ich ausgelassen. Es hätte 32 Euro gekostet.

Alle Kosten, die im Zusammenhang mit den Recherchen zu diesem Test entstanden sind, trägt die Kronen Zeitung.

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