Eine neue einjährige Untersuchung durch das Mediennetzwerk European Investigative Collaborations (EIC) mit technischer Unterstützung des Security Lab von Amnesty International enthüllt Missstände im Handel mit Überwachungstechnologie. Die Recherche zeigt laut einer Aussendung von Amnesty International am Donnerstag, wie weit sich die Überwachungsindustrie ausgebreitet hat. EU-Regulierungen scheinen bei der Kontrolle bisher unwirksam.
Die Recherche mit dem Titel „Predator Files“ konzentriert sich auf die Firmengruppe Intellexa Alliance - einen komplexen Zusammenschluss von Softwareanbietern - und deren hochinvasive Spionagesoftware namens „Predator“. Diese Spähsoftware und ihre Varianten können laut der Untersuchung auf unkontrollierte Datenmengen auf Geräten zugreifen. Die Überwachungssoftware könne in ein Gerät eindringen, wenn der Nutzer auf einen manipulierten Link klickt. Die Software könne aber auch durch taktische Angriffe übertragen werden, die unbemerkt Geräte in der Nähe infizieren.
Auch nach Österreich verkauft
Die Produkte der Intellexa Alliance wurden in mindestens 25 Ländern in Europa, Asien, dem Nahen Osten und Afrika gefunden und wurden laut Amnesty International zur Aushöhlung der Menschenrechte, der Pressefreiheit und sozialer Bewegungen auf der ganzen Welt eingesetzt. Zu den Ländern, in die die Software verkauft wurde, gehören nach den Erkenntnissen des EIC-Mediennetzwerks auch Österreich ebenso wie die Schweiz und Deutschland.
Die Intellexa Group wurde 2018 von Tal Dilian, einem ehemaligen israelischen Armeeangehörigen, und mehreren seiner Kollegen gegründet und wird von der Holdinggesellschaft Thalestris mit Sitz in Irland kontrolliert. Das Unternehmen selbst gibt an, ein „in der EU ansässiges und Regulierungen unterworfenes Unternehmen“ zu sein.
Die ‘Predator Files‘-Untersuchung zeigt, was wir schon lange befürchtet haben: dass hochgradig invasive Überwachungsprodukte in nahezu industriellem Ausmaß gehandelt werden und ohne Aufsicht oder echte Rechenschaftspflicht im Verborgenen agieren.
Agnès Callamard, internationale Generalsekretärin von Amnesty International
EU-Regulierungen scheinen unwirksam
Die Dual-Use-Güterverordnung trat 2021 als EU-weite Lösung für die Kontrolle der Ausfuhr sogenannter Dual-Use-Güter in Kraft. Das sind Güter, die aufgrund ihrer technischen Spezifikation sowohl zivil als auch militärisch verwendet werden können, wie etwa Software und Technologie. Unternehmen, die Überwachungstechnologie vertreiben und ihren Sitz in der EU haben und somit von der EU reguliert werden sollten, müssten demnach den EU-Kontrollen im Rahmen der EU-Dual-Use-Verordnung unterliegen.
„Die ‘Predator Files‘-Untersuchung ist ebenso aufschlussreich und erschütternd wie das ‘Pegasus-Projekt‘, das ihr vorausging“, sagte Donncha Ó Cearbhaill, Leiter des Security Lab von Amnesty International. Überwachungsfirmen wie Intellexa Alliance vertrieben weiterhin ihre Waren und machten Millionengewinne auf Kosten der Menschenrechte, und das fast völlig straffrei. „Die Staaten der Europäischen Union müssen aufhören, sich ihrer Verantwortung zu entziehen und diese Unternehmen in die Schranken weisen“, so Ó Cearbhaill.
Ein umfassender Bericht über die Ergebnisse des Security Lab von Amnesty International, „The Predator Files: Caught in the Net“, wird am 9. Oktober veröffentlicht.
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