Belgien - Österreich

„Wir sind nur auf dem Papier Favorit“

Fußball National
17.06.2023 13:22

Vor der Jahrtausendwende holte Jan-Pieter Martens in der legendären Osim-Ära mit Sturm Graz drei Titel. Seit 2019 hat der Scout für Schalke 04 den Spielermarkt in seiner Heimat, der Niederlande und Frankreich im Blick. Ohne den Kontakt nach Österreich abreißen zu lassen. Der 48-Jährige weiß, was die Fußball-Länder unterscheidet. Und was die Chance der Rangnick-Truppe in Brüssel ist ...

Die „Krone“ berichtet aus Brüssel

„Ich denke, dass in Belgien Österreich etwas unterschätzt wird. Aber ihr habt auch 10, 15 Spieler in den Top-Ligen. Bis auf die Topspieler Courtois, De Bruyne und Lukaku ist der Unterschied nicht so groß“, traut Martens Alaba und Co. am Samstag im EM-Quali-Hit in Brüssel durchaus eine Überraschung zu. „Außerdem war die Saison für viele Top-Spieler sehr lange. Wir sind nur auf dem Papier Favorit.“ Auch ohne Kevin De Bruyne. „Natürlich ist er schwer zu ersetzen. Aber De Bruyne spielt im Team unterschiedliche Positionen. Tedesco hat auch nicht ein fixes System“ so Martens. „Er hat also Alternativen.“

Und zwar viele. Bemerkenswert, dass Belgien - obwohl mit 11,6 Millionen Einwohnern nur wenig größer (geografisch sogar kleiner) als Österreich - seit Jahren eine Fülle an internationalen Top-Fußballern herausbringt. Die belgische Jupiler Pro League sieht sich als reine Ausbildungsliga, daher wird auch mit internationalen Klubs (etwa AS Monaco, Brighton, Manchester City und Leicester City) kooperiert. Ein Modell, das funktioniert. Allein in der letzten Saison sind 15 Spieler aus Belgien in Europas Top-5-Ligen gewechselt. „Hier wimmelt es von Scouts“, lächelt Martens.

„Liga in Belgien deutlich höher einzuordnen“
Auch Jugendspieler wie damals Vertonghen, Hazard oder Alderweireld wechselten daher oft schon früh ins Ausland. „Aufgrund der Größe des Landes ist man ja schnell durch und kann man teilweise vier Spiele an einem Tag sehen. Dazu vertrauen die Vereine ihren Talenten, geben ihnen auch früh die Chance, zu spielen.“ Worunter das Niveau der Liga nicht leidet. In der letzten Runde „wechselte“ der Meisterteller im Titel-Dreikampf zwischen Union St. Gilloise, Genk und Antwerpen mehrmals den Besitzer. Erst in Minute 94 krönte sich dann Antwerpen zum Champion. Während Anderlecht, obwohl im Viertelfinale der Conference League, nur Elfter wurde. „Wir haben jetzt sieben, acht Spitzenteams“, so Martens. „Salzburg würde zwar in Belgien auch um den Titel mitspielen. Aber wenn man in Österreich Salzburg ausnimmt, ist die Liga in Belgien deutlich höher einzuordnen.“

Was auch die Spieler reizt? „Wenn man als junger Spieler zwischen Genk oder Sturm und LASK wählen kann, nimmt man Genk“ erklärt Martens. „Weil man auch die Chance hat, um einen Titel und somit um die Champions League mitzuspielen. Salzburg ist zwar ein Segen, weil sie fast im Alleingang für Österreichs UEFA-Koeffizienten sorgen, aber aufgrund ihrer Dominanz auch Gift für die Liga.“

Lob für Ex-Klub Sturm
Natürlich hat auch Bundesliga-Absteiger Schalke einen Scout für Österreich (und die Schweiz) - aber Martens relativiert: „Wir müssen realistisch bleiben. Von Salzburg können wir aktuell keinen mehr holen, von Sturm oder LASK nur schwer.“ Ansonsten ist man als Scout einer „besseren“ Liga den rot-weiß-roten Markt schnell durch. Wobei Martens Sturm, seinen Ex-Klub, explizit lobt: „Sie verfolgen jetzt mit Schicker und Ilzer eine klare Idee. Schon beim Höjlund-Transfer wurde sicher mit seinem Management abgesprochen, was der Plan für die nächsten Jahre ist. Man muss immer voraus denken, den Spielern einen Weg vorzeigen. Das passiert in Belgien bei fast jedem Klub.“ In Österreich nur bei Salzburg und mittlerweile in Graz.

Umso mehr wird in Belgien jetzt auch begrüßt, dass Teamchef Tedesco den jungen Wilden eine Chance gibt. Vorgänger Martinez habe „immer seinen Leuten vertraut. Auch jenen, die ihren Zenit schon längst überschritten hatten“, war auch für Martens der Umbruch bei den Roten Teufel überfällig. Die Qualität hat darunter nicht gelitten. Und dennoch traut er Österreich am Samstag in Brüssel gegen die Nummer vier der Weltrangliste mehr zu, als nur ein Sparringpartner zu sein ...

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