Wegen Beleidigung zeigte ein Polizist in Wien im Sommer 2021 nach einem Einsatz um häusliche Gewalt eine Frau an. Nun landete er selbst vor dem Richter. Und wurde verurteilt.
„Wenn Sie mit Ihrem Mann auch so reden, dann wundert mich nicht, dass er schreit.“ Oder: „Ich habe schon Frauen mit Kindern eingesperrt, weil sie nicht aufhörten zu reden“ - Sätze wie diese fielen im Juni 2021 bei einer Amtshandlung in einer Wohnung in Wien-Floridsdorf. Sie stammen aus dem Mund des Angeklagten, eines Polizisten.
Anzeige wegen Beleidigung
Doch sie sind nicht der Grund, warum der 26-Jährige in Wien vor dem Richter saß. Vielmehr lautet der Vorwurf Amtsmissbrauch. Denn der Beamte verpasste der Frau, zu der er die Sprüche sagte, eine Verwaltungsstrafanzeige wegen Beleidigung und Lärmbelästigung. Was er nicht wusste: Vom Einsatz gibt es Tonaufnahmen.
Ich hätte gedacht, Österreich ist ein gutes Land für Frauen und Kinder.
Das sagte die Frau auf der Tonbandaufnahme.
Die Ehefrau hatte große Angst vor ihrem Mann
Die Geschichte ist verzwickt. Kurz zusammengefasst: Der Mann des Opfers rief an jenem Abend die Polizei, weil ihm seine Frau den Schlüssel abgenommen hatte. Drei unerfahrene Beamte eilten herbei, befragten die Eheleute getrennt voneinander. Der Angeklagte übernahm das Gespräch mit der Frau, die beteuerte, dass sie Angst vor ihrem Mann habe.
Überfordernde Situation für junges Beamtentrio
„Es war sehr laut, verwirrend und hektisch“, erinnert sich der Beschuldigte daran, dass ihn die ständigen Unterbrechungen von Frau H. genervt hätten. Ihre Aufregung hatte einen Grund: „Ich war ein Gewaltopfer. Mein Mann hat ein Alkohol- und Drogenproblem“, erzählt die nun geschiedene Mutter als Zeugin. Das sei der Grund gewesen, warum sie ihn damals nicht mit den Kindern in derselben Wohnung haben wollte. Fünf Tage nach dem Einsatz schreibt der Polizist in seiner Anzeige, dass die Frau geschrien habe: „Ich hätte nicht gedacht, dass in Österreich so blöde und unkompetente Polizisten herumlaufen!“ - davon ist in der Handyaufnahme aber nichts zu hören!
Ich hätte nicht gedacht, dass in Österreich so blöde und unkompetente Polizisten herumlaufen!
Das glaubte der angeklagte Polizist, gehört zu haben.
Mildes Urteil, nicht rechtskräftig
Die im Gerichtssaal anwesenden Polizeischüler vernahmen auf dem vorgespielten Tonband vielmehr, wie die gebürtige Polin sagte: „Ich hätte gedacht, Österreich ist ein gutes Land für Frauen und Kinder.“ Mildes Urteil vom Schöffengericht unter Vorsitz von Stefan Faulhammer: 6 Monate bedingt, nicht rechtskräftig.
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