Wie Cordoba. Mit massiver Kritik waren die deutschen Fußballstars vor ihrem ersten WM-Spiel in Katar konfrontiert gewesen. Vollmundig hatte man zunächst angekündigt, man wolle gegen die Menschenrechtsverletzungen des Veranstalterlandes Katar ein Zeichen setzen, daher werde Kapitän Manuel Neuer mit der „One Love“-Schleife ins Spiel gehen. Doch nachdem die FIFA angekündigt hatte, die Schleifenträger mit Gelben Karten zu verwarnen, hatte Neuer & Co der Mut verlassen. Quittiert wurde dieses saft- und kraftlose Verhalten mit heftiger Kritik zu Hause in Deutschland - samt Aufforderung, das Team möge die WM boykottieren und die Heimreise antreten. Das Team blieb. Und es reichte gerade einmal zu einem stillen Protest vor dem Spiel - beim Mannschaftsfoto hielten sich die deutschen Spieler mit der Hand den Mund zu. „Mund zu statt Mund auf - das ist zu wenig“ kritisierte „Bild“ darauf online. Schwacher Auftritt vor dem Spiel - doch was dann auf dem Spielfeld folgte sollte noch schlimmer sein. „Mund zu - und trotzdem auf die Schnauze bekommen“ titeln wir heut. Denn gegen Fußballzwerg Japan schlitterten die deutschen Stars saft- und kraftlos in eine völlig unerwartete 1:2-Pleite. „Das fühlt sich an wie Cordoba“, jammerte der ARD-Reporter. Ja, eine historische Niederlage für die Deutschen wie vor 44 Jahren gegen Österreich bei der WM in Argentinien. Es soll gestern manche Österreicher gegeben haben, die sich ein wenig als Japaner fühlten… Und was sagte Kapitän Neuer nach der peinlichen Pleite? Es wäre mehr Selbstvertrauen notwendig gewesen. Wie wahr: Mehr Selbstvertrauen, mehr Mumm - das wäre auch schon beim „One Love“-Schleifchen notwendig gewesen!
1984? Realität 2022! Mächtig viel Gesprächsstoff liefert diese WM freilich anhaltend auch abseits des Spielfeldes. Mittlerweile scheint auch klar, dass Katar die Fußballfans ausspioniert. Wie das geht? Nicht nur über die Auswertung der 15.000 hochauflösenden Überwachungskameras in und um die acht WM-Stadien. Dazu kommen in einzelnen Vierteln der Hauptstadt Doha auf 25.000 Einwohner 10.000 Kameras. Vor allem aber macht die sogenannte Hayya-App die Besucher zu gläsernen Menschen. Denn nur mit dieser App gelangt man erst zum Turnier nach Katar und ins Stadion. Dafür muss man vorab seine Daten, die Standortbestimmung und Netzwerkverbindungen preisgeben. Datenexperten gehen davon aus, dass man, sobald man einmal diese App auf seinem Handy hat, auf ewig mit Katar „verbunden“ bleibt. Ja, was für ein beinahe harmloses Märchen ist doch George Orwells „1984“ gegen die Realität von 2022! Der totalitäre Überwachungsstaat - es gibt ihn. Wohl nicht nur in Katar.
Kommen Sie gut durch den Donnerstag!
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