Wer Grenzüberschreitungen und Übergriffe im kirchlichen Umfeld erlebt, sollte nicht aus Scham, Angst und Ohnmacht schweigen, sondern sich an die Ombudsstelle für Opfer von Gewalt und sexuellem Missbrauch in der Diözese Eisenstadt wenden. Betroffene erhalten dort therapeutische und finanzielle Hilfe.
Gewalt ist allgegenwärtig und ein tiefgreifendes und weit verbreitetes Problem. Sie kann uns in verschiedenen Gesichtern begegnen – etwa in Form von psychisch-emotionaler, körperlicher, sexueller oder struktureller Gewalt. Im privaten, häuslichen Bereich und im öffentlichen Raum wie Schule und Arbeitsplatz. Und sogar an Orten und in Kontexten, wo man sie nicht erwarten würde – zum Beispiel im Zusammenhang mit Glauben- und Religionsgemeinschaften.
Als die katholische Kirche in Österreich in den 1990er-Jahren mit ersten öffentlichen Vorwürfen sexuellen Missbrauchs konfrontiert wurde, richtete die Erzdiözese Wien als erste Diözese im Land eine Ombudsstelle für Betroffene ein. Weitere Diözesen folgten. Eine neue Phase intensiver Auseinandersetzung mit dem Thema begann im Jahr 2009, als weitere Fälle publik wurden. Dies führte zu einer spürbaren Erschütterung innerhalb der Kirche und Gesellschaft.
Vom Mut, die Wahrheit auszusprechen
Im Zuge dessen wurden wesentliche Reformen vorgenommen und Ordensgemeinschaften miteinbezogen. Und vor 15 Jahren in Eisenstadt die erste unabhängige Ombudsstelle ohne priesterliche Leitung gegründet. Geführt wird sie von der weisungsunabhängigen klinischen Psychologin Gabriele Kindshofer. „Ich wünsche mir, dass den Opfern geglaubt wird und dass sie die Chance erhalten, mit ihrer Geschichte so gut wie möglich abzuschließen. Jeder von ihnen verdient die Möglichkeit auf einen Neuanfang“, sagt die gebürtige Zurndorferin.
In ihren Anfängen fokussierte sich die Anlauf- und Meldestelle für Betroffene, insbesondere auf Misshandlungen gegenüber Kindern und Jugendlichen. Mittlerweile umfasst der Zuständigkeitsbereich auch psychische und spirituelle Gewalt sowie Übergriffe an schutzbedürftigen Erwachsenen. „Spirituelle Gewalt ist ein oft unterschätztes Phänomen. Sie umfasst etwa das Ausüben von religiösem Druck, das Manipulieren durch Angst vor göttlicher Strafe oder das Unterbinden freier Glaubensentscheidungen für Kinder und Jugendliche. Das kann sehr prägend sein und zu enormer psychischer Belastung führen“, erklärt Kindshofer, die Akuthilfe anbietet.
Finanzielle und therapeutische Hilfe
Gibt es Hinweise auf Verdachtsfälle, wird diesen konsequent nachgegangen. Sie werden in der Diözese direkt von der örtlichen Stabsstelle für Prävention von Missbrauch und Gewalt an die Ombudsstelle weitergeleitet. Der intensive Austausch zwischen diesen beiden Stellen ermöglicht es, vieles bereits im Vorfeld zu klären. Die vorgebrachten Anliegen werden von der Unabhängigen Opferschutzanwaltschaft (UOA) sorgfältig geprüft und eingeschätzt. Auf dieser Grundlage kann die Ombudsstelle dann finanzielle oder therapeutische Unterstützung gewähren. „Das angetane Leid soll und kann zwar nicht wiedergutgemacht werden, doch wird so ein Zeichen der Anerkennung und der Solidarität mit den Betroffenen gesetzt“, sagt Kindshofer.
Um ein gemeinsames Vorankommen zu ermöglichen, werden die Mitarbeiter in der Diözese, die einer Meldepflicht unterliegen, In Schulungen und Workshops auf die Themen Grenzverletzung, Übergriff und achtsames Miteinander sensibilisiert.
Betroffene finden hier ein offenes Ohr: 0676/880701024 oder opferschutz@martinus.at
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