Hat Vor- und Nachteile

Vegane Ernährung steht auf dem Prüfstand

Leben
28.09.2021 08:46

Der Heißhunger auf vegane Ernährung ist in Österreich ungebrochen. Doch am „grünen“ Buffet tobt eine immer heißere Schlacht, ob Ernährung mit oder ohne Fleisch gesünder ist. 

Es ist eine brandneue US-Studie, die jetzt Öl ins Feuer gießt. Denn Wissenschafter der University of Illinois in den USA kommen zum Schluss, dass tierische Lebensmittel noch klimaschädlicher sind als bisher angenommen. Global betrachtet, werden durch die Produktion von Lebensmitteln 17,3 Gigatonnen CO2-Äquivalente emittiert.

Somit trägt die Ernährung zu 35 Prozent der globalen Treibhausgase bei. Konkret belasten der Anbau von Futtermitteln und die Haltung von Tieren das Klima dabei wesentlich stärker als Getreide, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse für den menschlichen Verzehr. Tierische Lebensmittel verursachen demnach 57 Prozent der ernährungsbedingten Emissionen, pflanzliche Lebensmittel hingegen nur 29 Prozent. Der Rest entfällt auf agrarische Produkte mit anderer Nutzung.

Allerdings warnt Greenpeace-Europachef Alexander Egit, dass die heimische kleinstrukturierte Landwirtschaft bei diesen Berechnungen nicht mit den Mega-Agrarfabriken dieser Welt (grausame brasilianische Massenrinderhaltung oder Hühnerfabriken in Osteuropa) in einen Topf geworfen werden darf: „Gerade unsere Biobauern produzieren auf höchstem klimafreundlichen Niveau. Dort geht es auch den Tieren gut, denn die heimischen Landwirte übertreffen - auch in der Fleischproduktion - oft deutlich die Brüsseler Richtlinien und Standards.“

Für den Anbau von Soja sterben Regenwälder
Weiters mahnt der Greenpeace-Chef, dass gerade bei vegetarischer oder eben veganer Ernährung auf die Herkunft der Nahrung zu achten ist: „Wer zu Produkten aus Importsoja statt regionalen Bohnen greift, bewirkt das Gegenteil des Klimaschutzes. Denn in Südamerika werden für den Anbau dieser Pflanzen Zehntausende Hektar Regenwald brandgerodet. Ob das im Sinne eines umweltbewussten Lebens ist, bleibe dahingestellt.“ Prinzipiell befürwortet Egit aber eine Reduzierung des Fleischkonsums oder den gänzlichen Verzicht auf tierische Produkte - allein schon aus ethischen- und Tierschutzgründen.

Experten des offiziellen Gesundheitsportals Österreichs (gesundheit.gv.at) halten dezidiert fest: Wer vegan lebt, muss seine Ernährung sehr sorgfältig auswählen, um die Unterversorgung an bestimmten Nährstoffen zu vermeiden. Je einseitiger die Auswahl an Lebensmitteln sei, desto größer sei die Gefahr einer Unterversorgung bzw. eines Mangels an bestimmten Nährstoffen. „Auch eine Mischkost, welche grundsätzlich alle Lebensmittelgruppen einschließt, muss vielfältig zusammengestellt sein, um den Körper mit allen Nährstoffen gut zu versorgen“, so der Wiener Ernährungswissenschafter und Präsident der Gesellschaft für Ethik Markus Metka.

Geringeres Krebsrisiko bei Verzicht auf Fleisch
Was er und viele andere Ärzte aus der Praxis wissen: Veganer weisen meist einen niedrigeren Cholesterinspiegel, ein vermindertes Risiko für Herzkrankheiten und erhöhten Blutdruck sowie ein niedrigeres Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, auf. Außerdem haben Menschen, die sich rein pflanzlich ernähren - in Österreichs sind das laut jüngst verfügbaren Zahlen immerhin 190.000 -, einen niedrigeren Body-Mass-Index und eine geringere Rate an Krebserkrankungen. Dieser Umstand wird damit begründet, dass eine rein pflanzliche Ernährung weniger gesättigte Fette und Cholesterin enthält, dafür aber einen höheren Anteil an Ballaststoffen, Magnesium, Vitamin C, Folat und Carotinoiden. Hingegen haben Veganer eine geringere Aufnahme unter anderem von Vitamin B12, Kalzium, Vitamin D, Zink und langkettigen Omega-3-Fettsäuren. Umso sorgfältiger sollte der Speiseplan unserer Kinder gestaltet sein ...

„Für Kinder ist diese Form der Ernährung nicht zu empfehlen“
Während viele meinen, vegan ist automatisch gesund, erklärt Ernährungswissenschafterin Isabella Grabner-Wollek von Leistungssport Austria, warum junge Menschen besser nicht auf tierische Lebensmittel verzichten sollten.

„Krone“: Ist es gesund, wenn Eltern ihre Kinder vegan ernähren?
Isabella Grabner-Wollek: Das ist durchaus kritisch zu sehen. Weil man weiß, dass Nährstoffe, wie etwa B12, bei veganer Ernährung nicht ausreichend zugeführt werden.

Welche Mangelerscheinungen können auftreten?
B12 findet sich in tierischen Lebensmitteln wie Milch, Fisch, Eiern oder Fleisch und ist für die Blutbildung förderlich. Fehlt es, können Blutarmut und damit verbundene Müdigkeit und Konzentrationsdefizite auftreten. Auch Wachstumsverzögerungen kommen bei vegan ernährten Kindern vor.

Kann man gegensteuern?
B12 wird auch durch bakterielle Gärung gebildet, findet sich also etwa im Sauerkraut - allerdings nicht in ausreichender Menge, weshalb es bei veganer Ernährung nach Beratung mit einer Fachkraft ergänzt werden sollte.

Fakten

  •  Das Kindeswohl steht in Österreich im Verfassungsrang und setzt im Wesentlichen die UN-Kinderrechtskonvention von 1989 um. Es regelt Schutz-, Beteiligungs- und Versorgungsrechte. 
  • Die Ernährungskommission der österr. Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde spricht sich gegen vegane Ernährung vor allem in den ersten Lebensjahren aus: Das Risiko von Mangelernährung sei nämlich zu hoch. 
  • Bei nachgewiesener Mangelernährung kommt dann das Strafrecht zum Zug. Der Paragraf 92 spricht von „Quälen oder Vernachlässigung Unmündiger“. Dabei geht es nicht nur um Absicht, sondern auch um Fahrlässigkeit; Strafrahmen: bis zu drei Jahre Haft. 
  • Man erinnere sich an Gerichtsfälle wie etwa jenes Pflegekind, das Mitschülern Essen stahl aus lauter Hunger - es war unterentwickelt und viel zu leicht. Oder an die Mutter, die ihre Kinder per „Lichtnahrung“ aufziehen wollte - also nur Licht statt Brot - und ständig vor der alarmierten Jugendbehörde flüchtete ...

Gibt es auch Vorteile, wenn die Familie vegan isst?
Natürlich haben Getreide, Obst oder Gemüse auch viele Vorteile. Allerdings ist es ein Irrglaube zu denken, dass vegan automatisch gesund ist. Denn es gibt mittlerweile zahlreiche stark verarbeitete vegane Produkte, in denen viel Zucker, Salz und Fette stecken.

Sie raten also ab?
Eine vegane Ernährung wird auch von der deutschen Gesellschaft für Ernährung für Kinder und Jugendliche nicht empfohlen. Wenn sich Eltern für eine vegane Ernährung ihrer Kinder entscheiden, dann sollte die Versorgung mit kritischen Nährstoffen regelmäßig ärztlich überprüft werden.

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(Bild: kmm)



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