Pandemie 1918/19

Wie die Spanische Grippe auch in Tirol wütete

Tirol
04.03.2020 11:30
Die Spanische Grippe wurde 1918/19 zum Schrecken der Menschheit und forderte mehr Tote als der Erste Weltkrieg. Auch in Tirol traf es meist junge Menschen, in Summe fast 1500.

In der Endphase des Ersten Weltkrieges sah sich die heimische Sanitätsverwaltung plötzlich mit schwer zu klassifizierenden Grippe-Todesfällen konfrontiert. Erste Meldungen kamen aus dem Wipp- und Eisacktal.

Offenbar ging der Erreger von den USA aus und wurde mit Truppentransporten an die Westfront nach Frankreich „importiert“. Die Erkrankungen verliefen zunächst meist gutartig, doch dann häuften sich in mehreren Ländern die Todesfälle. Unter der Ärzteschaft hielt sich das Gerücht, es sei eine Art Lungenpest ausgebrochen. Spanische Grippe hieß es deshalb, weil im neutralen Spanien keine Pressezensur herrschte und über dortige Fälle zuerst berichtet wurde.

Gleichzeitig fanden Tiroler Sturmtruppen, die in italienische Schützengräben eingedrungen waren, leidende Soldaten vor, die man zunächst Kampfgas-Opfer hielt. Später zeigte sich: Es war die Spanische Grippe, die sich unter Soldatenmassen stark verbreitet hatte. Hochfiebrige Zustände mit Lungenentzündungen führten zum Tod, oft traf es vermeintlich robuste Menschen zwischen 20 und 40 Jahren.

Eine „Weltepidemie“
Von einer „Weltepidemie“ schrieb die Londoner Zeitung „Times“. Die Welt von damals stand dem Erreger hilflos gegenüber. Im Gegensatz zum heutigen Coronavirus wusste man wenig über den Erreger, die Inkubationszeit, die Art der Übertragung. Ein Gesundheitssystem wie heute existierte natürlich nicht.

Vorsorge für die Tiroler
Trotzdem muss man die Vorsorgemaßnahmen anerkennen: Via Zeitungen wurde vom Besuch von Versammlungen abgeraten, das Vorhalten von Taschentüchern wurde empfohlen, ebenso die gründliche Reinigung von Gebrauchsgegenständen. Der Rat an Bevölkerungsteile, die selbst zu „Schnaps-Kuren“ griffen: „Gewarnt werden muss ausdrücklich vor dem vielfach angepriesenen Gebrauchs großer Mengen Alkohols.“

Wie viele Opfer?
Die Krankenkassen Tirols meldeten zu Jahresende „nur“ rund 100 offizielle Todesfälle durch die Spanische Grippe. „Die Zahl belegt aber nur einen Ausschnitt, war doch zu diesem Zeitpunkt ein großer Teil der Bevölkerung nicht krankenversichert“, schreibt die Innsbrucker Wirtschafts- und Sozialhistorikerin Elisabeth Dietrich-Daum in einem Forschungsaufsatz. Die Sanitätsstatistik sprach für 1918 von 1464 Personen, die an „anderen Infektionskrankheiten“ starben. Gemeint sind damit zum größten Teil Opfer der Spanischen Grippe.

Insgesamt verstarben 1918 in Österreich rund 18.500 Bewohner an der heute fast „vergessenen“ Pandemie. Im Winter und Frühjahr 1919 waren es erneut 2400. Prominentester Opfer war der Maler Egon Schiele, er wurde nur 28 Jahre alt. Weltweit gesehen differieren die Zahlen enorm – von 25 bis hin zu 100 Millionen Todesopfern . . .

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