Tradition in Buchform

Da schau her! Dieses Stück ist handgemacht

Tirol
23.09.2019 09:00

Fabriksware hält heute die Welt zusammen. Genormt, massentauglich, austauschbar! Für ihr Buch „Handwerk in Tirol“ hat sich Autorin Susanne Gurschler auf die Suche nach den Hütern der Einzigartigkeit gemacht.

Vorne soll der Tabak brennen, hinten der Rauch rauskommen, und du sollst dir nicht die Finger verbrennen. Der Rest ist Geschmackssache.“ Diese treffende Beschreibung stammt von Ludwig Lorenz aus Neu-Götzens. Lorenz ist der einzige Pfeifenmacher Tirols. Vielleicht der letzte. Von seinem Vater hat er das Handwerk gelernt. Und der von seinem Vater.

Eine Chronologie, die sich im eben erschienenen Buch „Handwerk in Tirol“ von Susanne Gurschler (Tyrolia-Verlag) nicht nur einmal findet. 20 Betriebe stellt die Autorin darin vor. Die Leidenschaft fürs Handwerk ist den meisten Protagonisten in die Wiege gelegt worden.

So auch Lodenerzeuger David Kreutner und seinen Schwestern Rosmarie und Walpurga, die den Familienbetrieb in Hart im Zillertal bereits in der vierten Generation führen. Die Geschwister verarbeiten regionale Identität, indem sie Wolle der ältesten Schafrasse Tirols, dem Steinschaf, verwenden. Und sie schaffen regionale Identität, wenn ihr Loden etwa zum „Tuxer Janker“ wird. Diesen faszinierenden Kreislauf beschreibt die Autorin anhand der 20 Beispiele.

„Kein verklärter Blick“
Handwerk – jeder liebt es, aber nur wenige können oder wollen sich ein handgemachtes Stück leisten. „Mein Buch wirft keinen nostalgisch verklärten Blick in die Vergangenheit, sondern einen beherzten in die Gegenwart traditioneller Produktionstechniken“, beschreibt Gurschler das Konzept ihrer Betrachtung. „Mit jedem Handwerksberuf, der stirbt, stirbt auch großes Fachwissen – eine museale Konservierung kann aber nicht die Antwort sein.“

„Ruf nicht stets, es eilt“
Aber was ist die Antwort? Gurschler lässt jene zu Wort kommen, die sie in ihren Werkstätten besucht. So wie Rodelbauer Bernhard Lederwasch, der mit seiner Frau Helga für die Qualität der „Gallzeiner Rodeln“ steht. „Eine Gallzeiner ist wie ein maßgeschneiderter Schuh: Sie passt perfekt“, macht Lederwasch das Wesen des Handwerks deutlich. Perfekte Passform statt Einheitsgröße von der Stange. Doch das braucht etwas, was heute Mangelware ist: Zeit! Jeder Kunde, der den Betrieb der Familie Lederwasch in Buch betritt, wird mit einem Spruch daran erinnert: „Hier läuft die Ware nicht vom Band, hier schafft man noch mit Herz und Hand. Darum hab Muß’ und Zeit und ruf nicht stets, es eilt, es eilt.“

Bedeutung schrumpft
Gurschler legt den Fokus bewusst auf jene Handwerker, denen es nicht um reine Liebhaberei geht. Sie stellt Menschen vor, die von ihrer Arbeit leben wollen. Menschen, die bereit sind, sich der übermächtigen Konkurrenz aus der Industrie zu stellen. Menschen, die Traditionen mit viel Kreativität und Geschick in die Zukunft führen. Die eindrucksvollen Fotos dazu stammen von Kary Wilhelm. Das Buch erinnert in Wort und Bild auch daran, dass Handwerk nicht nur in der Werkstatt erhalten wird. Gurschler: „Es braucht Menschen, die es pflegen. Es braucht jene, die die Erzeugnisse schätzen und kaufen.“

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