Beschlussmarathon

Neue Verbote, Zuckerl für Pensionisten und Helfer

Österreich
02.07.2019 18:44

Es war der erste Teil eines wahren Beschlussmarathons vor der Sommerpause im Nationalrat: Mit variierenden Mehrheiten sind am Dienstag neben Rauch- und Glyphosatverbot noch viele weitere Beschlüsse gefasst worden. Bis Mittwochabend werden es ganze 30 sein. Das häufig zitierte freie Spiel der Kräfte ist voll im Gange. krone.at liefert einen Überblick.

Etwas überraschend war für Polit-Beobachter die zustande gekommene Mehrheit für ein Totalverbot des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat. Während die ÖVP den Einsatz des Mittels nur in der Nähe besonders sensibler Einrichtungen wie Kindergärten oder Spitälern verbieten wollte, schoben Sozialdemokraten und Freiheitliche dem Einsatz generell einen Riegel vor. Der Ball liegt nun bei der EU-Kommission, die innerhalb der nächsten drei Monate Einspruch gegen das Totalverbot legen kann.

Rauchverbot in der Gastronomie
Lange und emotional war in den vergangenen Jahren über das Rauchverbot in der Gastronomie debattiert worden, ein entsprechender Beschluss sogar unter Türkis-Blau zurückgenommen worden. Dafür ging es am Dienstag bei der endgültigen Fixierung sehr gesittet zu. Ab November ist das Rauchen in geschlossenen, gastronomisch genützten Räumen untersagt. Das gilt auch für Vereinsfeste - ausgenommen sind nur Schanigärten und Ähnliches. Verboten werden auch Shishas und E-Zigaretten.

Mehr Geld für Pensionisten mit vielen Beitragsjahren
Grund zur Freude gibt es für Pensionisten mit vielen Beitragsjahren. Konkret wurde festgelegt, dass man mit 40 Versicherungsjahren einen Bezug von 1.315 Euro brutto erhält, für Ehepaare sind 1.782 Euro vorgesehen. Bei 30 Erwerbsjahren sollen zumindest 1080 Euro ausgeschüttet werden. Angerechnet werden zwölf Monate Präsenz- bzw. Zivildienst sowie bis zu fünf Jahre Kindererziehungszeiten.

Volle Anrechnung von Karenzzeiten
Eine Beschlussfassung gab es auch bei der Anrechnung von Karenzzeiten. Für die Bemessung von Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Kündigungsfristen werden derzeit maximal zehn Karenzmonate angerechnet. Künftig wird für alle Ansprüche, die sich nach der Dauer der Beschäftigung richten - also auch Gehaltsvorrückungen - die gesamte Karenzzeit in vollem Umfang berücksichtigt.

Apropos Karenz: Väter haben künftig Rechtsanspruch auf den Papamonat, das wurde mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und JETZT beschlossen. Der Wunsch nach einem Papamonat ist dem Arbeitgeber drei Monate im Voraus mitzuteilen. Innerhalb des Zeitrahmens zwischen Geburt des Kindes und dem Ende des Beschäftigungsverbotes der Mutter (acht Wochen nach der Geburt) kann der Vater den Antrittszeitpunkt der Freistellung frei wählen.

Verbesserung für freiwillige Einsatzkräfte
Verbesserungen gibt es auch für freiwillige Helfer wie etwa Feuerwehrmänner oder Mitglieder des Roten Kreuzes. Vorgesehen ist eine Rückvergütung für Unternehmer, die Helfer freistellen, sowie ein Rechtsanspruch auf Entgeltfortzahlung für die Helfer. Der Gesetzesentwurf wurde einstimmig angenommen. Pro Tag und Mitarbeiter stehen 200 Euro, konkret acht Stunden zu je 25 Euro, zur Verfügung. Ausgezahlt werden soll diese Ersatzprämie vom Katastrophenfonds und der Bund soll den Ländern diese Prämie abgelten.

Plastiksackerlverbot ab 2021
Spätestens ab 2021 soll das Plastiksackerl der Vergangenheit angehören. An sich gilt das Verbot schon ab kommendem Jahr, allerdings dürfen entsprechende Tragetaschen noch bis Ende 2020 abverkauft werden. Ausgenommen sind Sackerl, die biologisch vollständig abbaubar sind und aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden. Ebenfalls weiter im Handel bleiben ultradünne Knotenbeutel, die vor allem in Obst- und Gemüse-Abteilungen anzutreffen sind. Diese müssen allerdings aus überwiegend nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden und grundsätzlich für eine Eigenkompostierung geeignet sein.

Schutz des Trinkwassers vor Privatisierung
Der Schutz des Trinkwassers vor Privatisierung wurde in den Verfassungsrang gehoben. Konkret heißt es künftig im Bundesverfassungsgesetz, dass sich die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) dazu bekenne, die „Verfügungsgewalt darüber im Interesse von Wohl und Gesundheit der Bevölkerung in öffentlicher Hand zu erhalten.“

Neue Haftungsregeln nach „Kuh-Urteil“
Festgelegt wurden vom Nationalrat am Dienstag auch die neuen Haftungsregelungen auf Almen. Dabei geht es im Wesentlichen geht es darum, dass die Bauern auf anerkannte Standards der Tierhaltung zurückgreifen müssen, aber es wird auch ausdrücklich auf die vorauszusetzende Eigenverantwortung der Wanderer hingewiesen. Letztlich handelt es sich um eine Anlassgesetzgebung in Folge eines Urteils, das einem Tiroler Bauern hohe Geldsummen auferlegt hatte, nachdem eine Wanderin von einer Kuh getötet worden war. SPÖ, NEOS und JETZT halten die jetzige Lösung für misslungen. SP-Justizsprecher Hannes Jarolim hätte etwa eine Versicherungslösung bevorzugt.

Lücke bei Homo-Ehe geschlossen
Bei der Homo-Ehe wird eine Lücke geschlossen. Einer entsprechenden Initiative der NEOS stimmten Dienstagabend im Nationalrat alle Fraktionen außer der FPÖ zu. Damit wird es nun auch möglich Partner zu ehelichen, in deren Heimatland es keine Homo-Ehe gibt, etwa Ungarn oder Bosnien. Bisher konnten solche Paare nur eine eingetragene Partnerschaft eingehen. Einstimmig angenommen wurde am Dienstag zudem ein von der SPÖ vorangetriebener (unverbindlicher) Entschließungsantrag an die Regierung bezüglich eines Gesetzes, mit dem die Ausübung von Konversions- und „reparativen Therapieformen“ zur sexuellen Umorientierung an Minderjährigen verboten wird.

Valorisierung des Pflegegelds durch
Das Pflegegeld wird ab kommendem Jahr valorisiert, und das in allen sieben Stufen. Einen entsprechenden Beschluss fällte der Nationalrat Dienstagabend einstimmig - ausgelöst von einer Initiative von JETZT. Die Anhebung soll sich am Pensionsanpassungsfaktor, der im wesentlichen die Inflation abdeckt, orientieren.

Thomas Zeitelberger
Thomas Zeitelberger
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