Diskussion zu Kampagne

Babyfotos gehören ins Album, nicht ins Internet!

Leben
08.04.2019 11:00

Immer mehr Eltern stellen peinliche Bilder vom Nachwuchs online Rufmord, Mobbing und Kinderpornografie als drohende Gefahren. Warum Erinnerungen ins Album und nicht auf Facebook gehören.

Das erste Mal am Töpfchen oder das verschmierte Mündchen beim Breiessen – stolz über die Entwicklungsschritte ihrer Sprösslinge posten Mama und Papa auf Facebook, Instagram und Co. Bilder von ihrem Nachwuchs. Dazu kommen noch jede Menge Bussis und Umarmungen usw. Während sich die Eltern in den sozialen Netzwerken von ihrer besten Seite zeigen, werden vom Nachwuchs Fotos in Posen verschickt, die ein Erwachsener wohl nie von sich selbst versenden würde.

Wie lächerlich die Aufnahmen der Kleinsten bei den ganz Großen aussehen würden, zeigt Wilson Gonzalez Ochsenknecht. Der junge Schauspieler sitzt dabei sogar selbst am Topf und hat ein Lätzchen um den Hals. Bloggerin Toyah Diebel holte sich Ochsenknecht für ihre Kampagne „Dein Kind auch nicht“. Damit will sie auf das Thema aufmerksam machen.

Was liegt, das pickt: Facebook vergisst nie
Der Berlinerin, die ja selbst sehr aktiv im Netzunterwegs ist, ist aufgefallen, dass auf diversen Plattformen viele verstörende Schnappschüsse von Mädchen und Buben kursieren. Der Frau, die sich regelmäßig mit Müttern und Vätern im Netz anlegt, liegt der Kinderschutz am Herzen.

Zwar lautet das Argument der Eltern häufig, es handle sich doch eh um geschlossene Facebook-Gruppen. Doch niemand garantiert, dass dies wirklich unter Kontrolle bleibt. Skandale rund um die Freigabe von Facebook-Daten sorgen ständig für Wirbel. Und was passiert, wenn der Account nicht mehr genutzt wird? Denn dann können die Bilder wieder irgendwo auftauchen und sogar für Mobbing-Zwecke im Netz missbraucht werden. Denn eines ist sicher: Das Internet vergisst nie.

„Danke an jeden Einzelnen, der dieses Projekt durch Diskussionen unterstützt! Auch an meine Freunde, die diese Idee in die Realität gebracht haben, obwohl ich sie nur mit Sushi oder Luft bezahlen konnte. Mein größter Respekt geht aber an die Menschen, die die Privatsphäre von Kindern respektieren“, freut sich die Bloggerin über die von ihr entfachte Diskussion zur Kampagne. Auch Wilson Ochsenknecht bedankte sich nach der Aktion für die vielen Nachrichten, die er bekommen hat und dass offenbar so viele User hinter ihm stehen.

Verräterische Daten und Missbrauch im Internet
Experten raten immer, zuerst nachzudenken und dann zu posten. Will jemand Fotos seiner Sprösslinge ins Netz stellen, dann bitte bekleidet und nicht in peinlichen Situationen. Denn gerade Nacktfotos ziehen Perverse an. Fälle, in denen kleine Nackedeis im Darknet aufgetaucht sind, gibt es leider genug. Und rasch können sich auch Bilder von Jugendlichen auf dubiosen Webseiten wiederfinden.

Tipp: Wer es nicht lassen kann, von seinen Kindern Schnappschüsse ins Netz zu stellen, sollte keine personenbezogenen Daten wie Namen veröffentlichen.

„Jugendliche legen Wert auf ihren Ruf“
Hans Zeger, Obmann von ARGE Daten, warnt davor, leichtfertig mit den Daten von Kindern im Netz umzugehen.

Ist es generell gefährlich, Fotos von seinen Kindern in sozialen Netzwerken zu posten, und wenn ja - warum genau?
Es ist blöd. Ich halte Leute, die das machen, für dumm. Kinder sind Menschen und haben Persönlichkeitsrechte. Kinder entwickeln sich. Gerade Jugendliche sind auf ihren Ruf und ihren Status äußerst bedacht. Wenn dann plötzlich alte Babyfotos mit nacktem Hintern am Strand auftauchen, empfinden sie das als peinlich.

Was macht den Unterschied zu peinlichen Fotos auf dem Papier aus?
Wenn man so ein Foto macht und es ins Familienalbum klebt, ist es unter Kontrolle. Es kann ja sein, dass man später einmal darüber lacht.

Wie sieht es rechtlich mit Kinderfotos aus?
Eltern haben die Verantwortung, auch in Hinblick auf eine längere Perspektive. Rechtlich ist es verboten, diese Fotos zu veröffentlichen. Es geht dabei um das Kindswohl.

Was ist noch wichtig zu beachten?
Auf keinen Fall sollten Eltern ihr eigenes Kind oder auch fremde Kinder fotografieren, wenn diese es nicht wollen.

Daten und Fakten

  • Die Übermittlung von Nachrichten und Fotos auf dem Wege der elektronischen Kommunikation (zum Beispiel über den Handy-Dienst WhatsApp) ist aufgrund der fehlenden Kontrolle über einmal versendete Inhalte prinzipiell kritisch zu sehen, weshalb im Interesse der Kinder davon abgeraten wird.
  • Die Preisgabe von persönlichen Daten in jungen Jahren kann sich zu einem späteren Zeitpunkt (z. B. im Rahmen einer Bewerbung) als schwerer Fehler herausstellen.
  • Im Extremfall haben Kinder die Möglichkeit ihre Eltern wegen Verletzung des „Rechts am eigenen Bild“ oder des Datenschutzgesetzes vor Gericht zu bringen. Das „Recht am eigenen Bild“ ist im Urheberrechtsgesetz verankert und besagt, dass Aufnahmen, die „berechtigte Interessen“ verletzen, nicht veröffentlicht werden dürfen.

Martina Münzer, Kronen Zeitung

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(Bild: kmm)



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