WM-Analyse

Löw: „Das war mein größter Fehler, fast arrogant“

Fußball International
29.08.2018 12:14

Joachim Löw hat seine Aufarbeitung der Fußball-WM mit Nachspielzeit absolviert - ganze 110 Minuten ist die öffentliche Analyse der WM-Blamage der deutschen Nationalmannschaft vonstattengegangen! Der Teamchef übte wie Teammanager Oliver Bierhoff Selbstkritik in vielen Bereichen. „Mein allergrößter Fehler war, dass ich geglaubt habe, dass wir mit unserem dominanten Stil durch die Vorrunde kommen. Es war fast schon arrogant. Wenn wir dieses Spiel spielen, müssen alle Rahmenbedingungen stimmen, damit wir dieses hohe Risiko auch tolerieren können. Diese Rahmenbedingungen haben in diesen Spielen bei uns nicht gepasst“, sagte der Bundestrainer. Was Löw zur Causa Özil zu sagen hat, lesen Sie HIER!

Letztlich habe sich herausgestellt: „Es war meine Fehleinschätzung, zu glauben, das Spiel dahingehend perfektionieren zu müssen.“ Stattdessen zeige das Beispiel Real Madrid, dass der sture Fokus auf Ballbesitz womöglich nicht mehr ganz zeitgemäß sei. Teams wie Barcelona, Bayern München oder Manchester City hätten mit dem Fokus auf Ballbesitz zwar die nationalen Meisterschaften dominiert - „die Champions League hat aber dreimal in Folge Real Madrid gewonnen“, so Löw. Ebenfalls übel: die fehlende Intensität in der Laufarbeit, Probleme bei der Chancenverwertung und, was ihm, Löw, besonders wichtig sei: die fehlende Leidenschaft. „Dieses Feuer hatten wir 2010 und 2014. Heuer hat es an gewissen Stellen gefehlt.“ 2010 und 2018 habe sein Team "in jeder Hinsicht die goldene Mitte gefunden, das ergeben alle Daten, die wir ausgewertet haben. 2018 gab es in den angesprochenen Punkten diverse Ausreißer.

Die sportliche Leitung habe vor und während der WM das Thema Mesut Özil „absolut unterschätzt“, räumte Löw ein. „Wir dachten, dass wir das Thema aus der Welt schaffen mit dem Treffen beim Bundespräsidenten. Mein einziger wichtiger Gedanke war, uns richtig auf die WM vorzubereiten“, sagte der Badener zu den Fotos von Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Özils Rassismus-Vorwürfe gegenüber dem DFB wies der Teamchef zurück. „Mit seinem Vorwurf über Rassismus hat Mesut ganz einfach auch überzogen. Es gab nie in der Mannschaft auch nur einen Ansatz von Rassismus, keinen Ansatz von rassistischen Äußerungen“, sagte Löw. Er bemängelte zudem die Art und Weise, wie der Nationalspieler seinen Rücktritt erklärt hatte. Özil habe ihn nicht persönlich über seinen Abschied aus der DFB-Elf informiert, bisher habe er vergeblich mit ihm das Gespräch gesucht. „Es ist mir nicht gelungen, ihn ans Telefon zu bekommen“, meinte Löw.

Eine Nichtberücksichtigung von Gündogan sei für den Teamchef kein Thema gewesen. „Ich sehe in ihm einen Spieler, der den Durchbruch bei uns schafft. Sportlich war es für mich keine Frage, ihn einzuladen“, sagte Löw. Er appellierte an die Fans, den Profi nicht mehr auszupfeifen. „Ich hoffe auf das Verständnis von allen Fans. Er hat unter der Situation sehr gelitten“, sagte Löw und fügte hinzu: „Ilkay hat sich nochmals bekannt zu den deutschen Werten, zur Mannschaft.“ Konsequenzen gab es für andere Teammitglieder. Der bisherige Assistent Schneider soll zukünftig die Scouting-Abteilung des DFB leiten. Miroslav Klose verließ den DFB zudem bereits in Richtung Bayern München. Dass Khedira nicht mehr dabei ist, hatte sich bereits angedeutet. Löw sagte zu seiner Entscheidung gegen Khedira: „Ich habe ihm gesagt, dass ich jetzt Raum und Platz schaffen möchte auf dieser Position. Wir sprechen zu gegebener Zeit weiter.“

Auch der Betreuerstab wird künftig verkleinert. Im Vergleich zum WM-Aufgebot werden demnach elf, im Vergleich zu normalen Länderspielen sieben Personen weniger im Einsatz sein, erklärte Bierhoff. Mit einer “guten Mischung aus jungen und erfahrenen Spielern„ wolle Löw künftig ein Team “mit einer ganz anderen Freude" aufs Feld schicken. Es würden schließlich große Herausforderungen auf die Nationalmannschaft warten. Die deutsche Nationalmannschaft spielt am 6. September in der Nations League gegen Frankreich und drei Tage später in einem Testspiel gegen Peru.

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(Bild: KMM)



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