Tod im Urlaub

Radsport trauert um belgischen Profi Vandenbroucke

Sport
13.10.2009 16:11
Der Profi-Radsport trauert um Frank Vandenbroucke. Das einstige Supertalent, das seit Jahren nur noch durch Doping- und Alkoholaffären sowie private Probleme für Schlagzeilen gesorgt hatte, ist am Montagabend in einem Hotelzimmer im Badeort Saly im Senegal tot aufgefunden worden. Der Belgier soll an einer Lungenembolie gestorben sein. Der 34-Jährige hinterlässt zwei Töchter.

Fünfeinhalb Jahre nach dem frühen Tod von Italo-Star Marco Pantani, der an einer Überdosis Kokain starb, hat die internationale Radszene erneut einen tief gestürzten Helden verloren. "Eine Tragödie à la Pantani", schrieb die italienische Zeitung "Gazzetta dello Sport" nach Bekanntwerden der Nachricht. "Das Enfant terrible ist nicht mehr", titelte die belgische Tageszeitung "Le Soir" über den "James Dean seiner Generation" und Belgiens besten Radfahrer seit Eddy Merckx. 

Vandenbroucke hatte im Senegal seit Sonntag Urlaub gemacht. Seine Mutter Chantal hatte noch nach seiner Ankunft mit ihm gesprochen. "Er war ganz fröhlich. Er logierte im schönsten Hotel des Senegal. Ich schwebte wie auf Wolken, dass wir nach zehn harten Jahren unseren Sohn zurückgewonnen hatten. Und nun kommt das. Ich bin erschüttert", sagte sie der Zeitung "Het Nieuwsblad" nach der Todesnachricht, die sie bereits am Montagabend erhalten hatte. Eine Obduktion werde nun durchgeführt, kündigte sie an.

Angestellter: "Er war betrunken"
Laut Informationen eines Angestellten gegenüber der französischen Nachrichtenagentur AFP hat sich Vandenbroucke im Hotel in Begleitung einer Frau befunden. Der Belgier sei gegen zwei Uhr in der Nacht auf Montag im Hotel eingetroffen. "Als er gekommen ist, war er betrunken. Er kam mit einer Senegalesin", erklärte der Angestellte. "Gegen vier Uhr ist seine Begleitung erschienen, um ein Scheuertuch zu verlangen, denn er hatte sich übergeben."

Vandenbroucke ist laut dem Angestellten bis 13 Uhr des Folgetages nicht aus seinem Zimmer herausgekommen. Gegen 20 Uhr habe dann der Besitzer des Hotels angerufen und gesagt, dass der Kunde gestorben sei. 

1996 Sieg bei der Österreich-Rundfahrt
Der in Belgien als "VDB" bekannte Radprofi siegte 1996 als aufstrebender Jungstar bei der Österreich-Tour, gewann 1998 die Fernfahrt Paris-Nizza und feierte ein Jahr später als größten Erfolg den Sieg beim Klassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich. Im Spätsommer folgten zwei Etappensiege bei der Spanien-Rundfahrt. An diese Triumphe konnte er nie wieder anknüpfen. Noch 1999 suspendierte ihn das Cofidis-Team im Zuge der Doping-Affäre um den "Dr. Mabuse" genannten Arzt Bernard Sainz. 2002 durchsuchte die belgische Polizei sein Haus nach verbotenen Mitteln und fand EPO, Morphium und das muskelbildende Präparat Clenbuterol. 2007 sprach ihn ein Gericht in zweiter Instanz aber frei.

Vandenbroucke litt unter Depressionen und hatte vor zwei Jahren versucht, sich mit einer Überdosis Medikamenten das Leben zu nehmen, da sich seine Frau von ihm trennen wollte. "Nach seinem Selbstmordversuch haben die Leute gesagt: 'Er wird wie Pantani enden.' Aber in letzter Zeit schien es ihm besser zu gehen", meinte Alain Deloeil, sein ehemaliger Sportdirektor bei Cofidis, am Dienstag. Nachdem mehrere Comeback-Versuche gescheitert waren, war Vandenbroucke seit diesem Sommer ohne Vertrag, wollte aber für 2010 eine neue Mannschaft suchen.

"Ein harter Brocken mit enormem Talent"
In Belgien wurde Vandenbrouckes Tod mit großer Bestürzung aufgenommen. "Ich kann es noch immer nicht glauben. Ich habe kürzlich mit ihm gesprochen, da sagte er, er sei frisch und munter", erklärte der einstige Radprofi Lucien van Impe, der Vandenbroucke zwischenzeitlich als Sportlicher Leiter betreut hatte. "Er war ein sehr harter Brocken, aber mit einem enormen Talent. Ich kann jetzt keinen Fahrer mehr nennen, der dieselben Qualitäten wie VDB hat. Er hätte viel mehr Siege feiern müssen, so viel ist sicher" erklärte van Impe.

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(Bild: KMM)
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