"Aus freien Stücken"

ÖVP-Politiker im “Nazikeller”: Auch Parteiaustritt

Österreich
19.09.2014 12:13
Seit Donnerstagabend herrscht innerhalb der ÖVP Aufregung: Zwei Männer, die in Ulrich Seidls neuem Film "Im Keller" in einem Haus im Burgenland unter Hitler-Bildern und Hakenkreuzfahnen feiern, sind Gemeinderäte - bzw. waren das zumindest bis Freitag früh. Die beiden Betroffenen kündigten in einer Aussendung der Ortspartei an, "mit sofortiger Wirkung von unserem Gemeinderatsmandat zurückzutreten". Wenig später folgte dann auch noch das freiwillige Ausscheiden aus der Partei. Und die Angelegenheit könnte noch ein gerichtliches Nachspiel haben.

"Aus tiefster Überzeugung distanzieren wir uns hiermit inhaltlich von jeglichem NS-Gedankengut und Gräueltaten. Um weiteren Schaden für die Gemeinde und die Partei zu verhindern, haben wir uns aus freien Stücken entschlossen, mit sofortiger Wirkung von unserem Gemeinderatsmandat zurückzutreten. Es war ein Fehler, an so einem Dreh teilzunehmen", so die beiden betroffenen Gemeinderäte unisono. "Zum Zeitpunkt der Filmaufnahmen im Jahr 2009 waren wir nicht Mitglieder des Gemeinderates", erklärten sie. Hier finden Sie den offiziellen Trailer zum Film mit der pikanten Szene.

"Verzerrte Darstellung in diesem Dreh"
"Wir brauchen keine Zurufer von außen. Wir haben selbst erkannt, dass die Darstellung im Dreh verheerende Schlüsse zulässt und dass die Verantwortung für dieses Fehlverhalten übernommen werden muss. Wer die beiden Gemeinderäte und auch die übrigen Beteiligten kennt, weiß um die verzerrte Darstellung in diesem Dreh. Die Musiker haben sich bedauerlicherweise für eine Filmszene, die vor dem Hintergrund von NS-Devotionalien spielt, zur Verfügung gestellt", so der ÖVP-Bürgermeister der Gemeinde Marz (Bezirk Mattersburg), Gerald Hüller, in der Pressemitteilung.

"Angelegenheit für ÖVP Burgenland damit beendet"
Für Landesparteiobmann Franz Steindl haben die beiden damit "ausdrücklich Konsequenzen gezogen. Damit ist für die ÖVP Burgenland die Angelegenheit beendet", so Steindl. Nachdem Steindl am Freitagvormittag auch noch "weitere Schritte" überlegte, wurde schließlich kurz darauf der freiwillige Austritt aus der Partei und somit auch aus sämtlichen Teilorganisationen bekannt gegeben.

Ermittlungen wegen Wiederbetätigung eingeleitet
Die Affäre ist somit zwar innerhalb der Partei vom Tisch, allerdings läuft bereits ein "umfassendes Ermittlungsverfahren" - und zwar gegen alle fünf im Ulrich-Seidl-Film "Im Keller" agierenden Personen bei der Staatsanwaltschaft Eisenstadt. Ermittelt werde wegen des Verdachts der Wiederbetätigung, teilte Sprecherin Magdalena Wehofer mit. Bereits vor etwa eineinhalb Wochen wurde Anzeige erstattet. Nach Prüfung dieser Anzeige sei nun das Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Nähere Details könne man nicht nennen, so Wehofer.

"Es ist wirklich bedenklich"
Am Donnerstagabend hatte nach Bekanntwerden der Causa ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel - wie berichtet -, den Rücktritt der beiden gefordert. Auch Landesparteiobmann Franz Steindl verlangte in einem Interview mit dem ORF Burgenland Konsequenzen.

Kritik gab es auch von anderen Parteien. Die Sozialistische Jugend Burgenland forderte ebenfalls den sofortigen Rücktritt und rief "Steindl, Hüller & Co" zum Handeln auf. "Es ist wirklich bedenklich, wenn PolitikerInnen Männerrunden in Kellern voll mit Devotionalien aus der Zeit des Nationalismus als 'feuchtfröhliche Musikerprobe' abtun", meinte der Bezirksvorsitzende Martin Giefing.

Die grüne Landessprecherin Regina Petrik kritisierte in einer Aussendung u.a. auch Steindl, weil dieser im Interview erklärte: "Wenn es sich um nationalsozialistische Wiederbetätigung handelt, dann müssen Konsequenzen gezogen werden." Für Petrik sei das "zu wenig". "Das finde ich als Abgrenzung erschreckend bedürftig und es überrascht mich sehr unangenehm."

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