Wegen WLAN-Sniffing

Zwangsstopp für Google Street View in Österreich

Web
27.05.2010 10:08
Die österreichische Datenschutzkommission hat dem Internetkonzern Google per Mandatsbescheid vorläufig die Datensammlung für seinen Kartendienst "Street View" verboten. Google darf seine Autos, die mit Spezialkameras ganze Straßenzüge abfotografieren, ab sofort nicht mehr in Betrieb nehmen und die bisher aufgezeichneten Daten nicht verwenden. Grund für das Verbot sind jüngste Enthüllungen, dass Google bei seinen Street-View-Fahrten auch private Computerdaten aufgezeichnet hat.

Google hat vergangene Woche zugegeben, dass der Konzern bzw. beauftragte Drittunternehmen seit dem Jahr 2007 in insgesamt 34 Ländern bei Street View (im Bild: eine Kreuzung in London) auch Daten über private WLAN-Netzwerke gesammelt haben. Dabei wären "unbeabsichtigt Fragmente von anderen Daten" gespeichert worden, etwa Internetadressen und E-Mails. Wie Google versicherte, wurden die Daten vollständig gelöscht.

Ob diese Daten personenbezogen waren und in einem relevanten Kontext verwendbar gewesen wären, blieb unklar. Laut dem Datenschutzverein ARGE Daten sind aber schon die WLAN-Daten wie Kennung oder Standort personenbezogene Informationen, zu deren Aufzeichnung Google keinerlei Genehmigung gehabt habe. Die DSK zog nun mit dem Mandatsbescheid die Notbremse.

Kein Wort über "WLAN-Sniffing" im Antrag
Formaler Grund für die Sistierung sind unvollständige Angaben Googles in den Registrierungsunterlagen für Street View. ARGE Daten hat die Dokumente am Donnerstag online gestellt (siehe Infobox). Aus ihnen geht hervor, dass Google zwar das Abfotografieren praktisch aller österreichischer Straßen bei der DSK beantragte und erläuterte, dass Personen und Kennzeichen unkenntlich gemacht werden, vom sogenannten "WLAN-Sniffing" war jedoch keine Rede.

Bis 7. Juni habe Google nun Zeit, "eine genaue technische Beschreibung der Datenermittlungsvorgänge vorzulegen, sowie einen ausführlichen Fragebogen zu beantworten, dessen Inhalt im Wege der Art. 29 Gruppe auch mit den anderen unabhängigen Datenschutz-Kontrollstellen der EU-Mitgliedstaaten koordiniert wurde", so die DSK. Bis dahin dürfen Daten, die in Österreich im Rahmen des Street-View-Dienstes gesammelt wurden, weder verarbeitet werden, noch dürfen neue Daten erhoben werden.

"Sobald die von Google eingeforderten Auskünfte eingelangt und geprüft wurden und insbesondere mehr Klarheit darüber besteht, ob tatsächlich personenbezogene Daten ermittelt wurden, die in der Meldung an das Datenverarbeitungsregister nicht enthalten sind, wird die Datenschutzkommission über weitere Schritte befinden."

Die Datenschutzkommission ist jene heimische Behörde, die für die Einhaltung der Bestimmungen des Datenschutzgesetzes zuständig ist. Nicht zu verwechseln ist sie mit dem Datenschutzrat, der im Bundeskanzleramt angesetzt, mit Parteivertretern, Experten und Vertretern der Sozialpartner besetzt ist, und lediglich eine Beratungsfunktion für Bundesregierung und die Länder hat.

"Prüfen, ob das rechtmäßig ist"
Wie Waltraut Kotschy, geschäftführendes Mitglied der DSK, am Donnerstag gegenüber krone.at erklärte, geht es in dem Prüfungsverfahren nicht nur um die Formalfehler Googles bei der Registrierung, die sich mit einem Ergänzungsantrag und einer etwaigen Strafzahlung (das Gesetz sieht hier maximal 10.000 Euro vor) regeln lassen würden. "Es wird jetzt geprüft, ob das, was Google sonst noch gemacht hat, rechtmäßig sein kann", so Kotschy.

Die Datenschutzkommission will in dem laufenden Verfahren, das wahrscheinlich bis zu zwei Monate dauern wird, in den nächsten zwei Wochen eine Stellungnahme abgeben können. Bei einem negativen Bescheid, der sich auf das WLAN-Sniffing, unter Umständen aber auch auf Street View an sich beziehen könnte, müsste sich Google an den VwGh wenden. Street View als alleinige Fotosammlung wurde allerdings bereits für rechtmäßig erklärt.

Die "ARGE Daten" hat indes gegen Google Street View Anzeige erstattet. Sie bezweifelt die Erklärung, dass WLAN-Daten unabsichtlich angezapft wurden - schließlich sei das in 34 Ländern geschehen und seit dem Jahr 2007 nicht aufgefallen.

Deutschland erhält Zugang zu Street-View-Autos
Auch in Deutschland hat sich der Ton gegenüber dem Suchmaschinengiganten verschärft. Nach einer entsprechenden Forderung des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar kündigte Google Deutschland am Donnerstag an, eines seiner umstrittenen Street-View-Autos von Datenschützern überprüfen zu lassen. "Seitdem wir vor zwei Wochen bekannt gegeben haben, dass wir fälschlicherweise WLAN-Nutzdaten aufgezeichnet haben, setzten wir uns weltweit sehr intensiv mit den damit verbundenen Bedenken der Datenschutzbehörden auseinander", hieß es seitens Google.

Auch den ebenfalls von Caspar verlangten Zugriff auf eine Original-Festplatte aus einem Google-Auto mit darauf enthaltenen Nutzdaten wolle man grundsätzlich gewähren. "Da die Ermöglichung des Zugriffs auf Nutzdaten in Deutschland jedoch rechtliche Fragen aufwirft", die zunächst zu prüfen seien, müsse hierzu noch ein adäquater Weg gefunden werden. "Wir hoffen, dass sich für diese schwierige Situation bald eine Lösung findet", erklärte der Internetkonzern.

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