Am 9. August ist der Schriftsteller Bodo Hell im Dachstein-Gebiet von Wanderern zum letzten Mal gesehen worden, seitdem ist er verschollen. Sein Schicksal bewegt auch „Krone“-Kolumnist Robert Schneider.
Er stand stets im Schatten der „Wiener Gruppe“ um H. C. Artmann oder Gerhard Rühm. Über Friederike Mayröcker, mit der er befreundet war, drehte er ein viel beachtetes TV-Feature. Er begriff sich als multimedialer Künstler, schrieb Hörspiele, schuf Gemeinschaftsprojekte mit bildenden Künstlern und Fotografen. Die Synthese von Text, Vortrag und durchdachter Dramaturgie war ein wichtiger Bestandteil seiner öffentlichen Auftritte. Wer diesen kargen, sprachverspielten und manchmal etwas chaotischen Schriftsteller jemals lesen gesehen hat, dem ist er wohl in starker Erinnerung geblieben. Seine Darbietungen hat er oft mit seiner Maultrommel begleitet.
Leben konnte er von seinen Publikationen kaum, hielt sich mit Stipendien über Wasser, leitete an der „Schule für Dichtung“ in Wien etliche Kurse über intermediale Kooperation. Beim Ingeborg-Bachmann-Preis im Juni 2006 sah es so aus, als schaffte er endgültig den Durchbruch. Sein Text „Stadt Land Berg“ belegte den zweiten Platz, wobei nicht klar ist, ob die Jury mehr sein virtuoses Maultrommelspiel honorierte oder seine „Sprachmontagen“.
Jeden Sommer – und das seit 45 Jahren – arbeitete er als Rinderhirte auf der Grafenbergalm im steirischen Dachsteingebirge. Von dort ist er nicht mehr zurückgekehrt.
Seit einem Jahr gilt der 82-jährige Schriftsteller Bodo Hell als verschwunden. Am 9. September 2024 wurde er von seinem Verlag (Droschl) offiziell für verschollen erklärt. Seitdem wurde von Hell kein Lebenszeichen mehr entdeckt.
Eine bizarre, fast literarische Art, sich aus dem Leben zu verabschieden. Aber sie passt vortrefflich zu diesem schriftstellerischen Geist, der sich nie in eine Schublade stecken ließ, mit dessen Werk eigentlich niemand etwas anzufangen wusste. Bodo Hell hat sich, ohne Spuren zu hinterlassen, einfach in Luft aufgelöst.
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