Die „Vorarlberger Nachrichten“ haben die 100 einflussreichsten Menschen in Vorarlberg gekürt. Ein Projekt, das bei „Krone“-Kolumnist Robert Schneider vor allem eines ausgelöst hat: großes Befremden.
Alle Jahre wieder zur Saure-Gurkenzeit bricht die Rankingwut los. Wer ist der Reichste, der Gescheiteste, der Schönste, der Unverzichtbarste, der Einflussreichste? Eine Jury aus natürlich nicht unverzichtbaren Geistern dieses Landes wird eingesetzt, herauszufinden, wer, vom Pfänder bis Gaschurn, Bedeutung haben könnte. „Wir haben diskutiert, verglichen, gewichtet“, heißt es in den Direktiven der neuen Ranking-Liste Vorarlbergs. „Und wer ist sichtbar, ohne wirklich etwas zu bewegen?“
Diesen Satz musste ich zweimal lesen, weil er unfreiwillig komisch ist. Also doch nur eine Liste völlig aufgeblasener Individuen, die immer in der Zeitung sind, zu allem befragt werden und stets eine Expertise haben? Die Jury nimmt sich selbstverständlich in aller Bescheidenheit aus dem Ranking heraus, was ihr sicher nicht leichtgefallen ist. Schließlich ist man doch wer, sonst würde man ja nicht beurteilen. Sind das etwa die Aufgeblasenen, die Unbedeutenden, die jetzt wochenlang nach Bedeutung im Ländle geforscht haben?
Die Ranking-Manie ist eine zutiefst verachtungswürdige Attitüde, anderen Menschen zu zeigen, was sie wert sind und was nicht. Sie kultiviert und prolongiert ein darwinistisches Menschheitsbild, das folgerichtig in den Faschismus münden musste. Es ist darum bedrückend, dass sich ausgerechnet Historiker und Psychologen an dem Vorarlberg-Ranking beteiligt haben. Ich kann das nur mit übersteigertem Darstellungswunsch erklären.
Ökonomische, gesellschaftliche und kulturelle Bedeutung sagen nichts über den Wert eines Menschen aus. Dieser Wert bleibt unantastbar und kann nicht gemessen werden. Keiner ist weiter, ob nun Elektriker oder Bundespräsident. Keiner ist wichtig, und niemand ist unbedeutend. Der Wert eines Menschen bleibt unverfügbar. Wer anfängt, Menschen zu messen, bereitet den Boden für das Unmenschliche.
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