„Ein Missverständnis“

Pensionist soll Versicherung abgezockt haben

Vorarlberg
31.12.2025 06:00

Wegen schweren Betrugs musste sich ein 60-jähriger Pensionist aus Vorarlberg am Landesgericht Feldkirch verantworten. Der gebürtige Türke soll durch falsch ausgefüllte Anträge zehn Jahre zu Unrecht Ausgleichszahlungen der Pensionsversicherungsanstalt bezogen haben.

Im großen Sitzungssaal wird die Verhandlung eröffnet. Seit 45 Jahren lebt der Angeklagte mit seiner Ehefrau in Vorarlberg, ein Mann, der von sich selbst sagt: „Ich kann gut lesen, aber schlecht schreiben.“ Der Staatsanwalt hält dagegen und eröffnet mit: „Gerade im vorliegenden Fall zeigt sich ein anderes Bild.“

Der Vorwurf: schwerer gewerbsmäßiger Betrug. Der Angeklagte, seit elf Jahren Frühpensionist, habe laut Anklage über Jahre hinweg unrechtmäßig Gelder von der Pensionsversicherungsanstalt bezogen. Er habe in Anträgen zusätzliche Pensionseinkünfte aus der Türkei in Höhe von monatlich 380 Euro verschwiegen. Der entstandene Schaden: rund 42.000 Euro.

Rentner bekennt sich „nicht schuldig“
Vor dem Landesgericht Feldkirch bekennt sich der bislang unbescholtene Rentner jedoch „nicht schuldig“. Es sei, so seine Worte, „ein Missverständnis“. Ruhig schildert er seine Lebensumstände. Als er den Antrag gestellt habe, habe er selbst noch keine Pension bezogen. Später sei seine Frau an Multipler Sklerose erkrankt und pflegebedürftig geworden. „Meine Frau kann weder lesen noch schreiben. Ich habe alles für sie erledigt“, erklärt er.

Vor zehn Jahren habe er erstmals im Beisein eines Dolmetschers den Fragebogen für Ausgleichszahlungen ausgefüllt. Jeder weitere Antrag sei dann lediglich eine Kopie gewesen – eine Blaupause. Der Richter hakt nach: „Haben Sie immer alles verstanden, was Sie unterschrieben haben?“ Die Antwort ist leise, aber klar: „Nein, nicht alles.“ Aus finanziellen Gründen habe er später auf einen Dolmetscher verzichtet.

Reumütig ergänzt er: „Hätte ich gewusst, dass sich aufgrund meiner türkischen Pension die Ausgleichszahlung für meine Frau verringert, hätte ich das gemeldet.“ Der Sachbearbeiter der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) erstattete schließlich Anzeige. Doch auch das Gesamtbild wird beleuchtet: Trotz knapper Rente hat das Ehepaar bereits mit der Rückzahlung des Schadensbetrages in monatlichen Raten begonnen, jeden Auslandsaufenthalt gemeldet und sich über Jahre hinweg korrekt verhalten.

Am Ende verkündet Martin Mitteregger das Urteil: Freispruch im Zweifel. Begründung: „Ihr bisheriges Verhalten zeigt, dass Sie kein unguter Mensch sind. Das Problem war, dass das Formular nicht auf Türkisch angefertigt wurde.“

Porträt von Chantal Dorn
Chantal Dorn
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