Nicht schuldig bekennt sich jener 39-jährige Iraker, der am 30. November im Rahmen einer Fahrzeugkontrolle nach einem Unfall aufgeflogen ist. Er soll seine Frau und deren zwei Kinder entführt haben. Das Mädchen auf der Rückbank reagierte beeindruckend, zeigte den Beamten das SOS-Handzeichen. Im Strafprozess fällt der Angeklagte durch sein Verhalten auf. Am Ende wird er freigesprochen.
„Ich bin zweimal nach islamischen Recht mit meiner Frau verheiratet“, eröffnet der Mann Richterin Magdalena Klestil-Krausam in Saal 304 im Wiener Landl. Und startet gleich mit Angriffen auf die Mutter seiner sechs Monate alten Tochter, die bereits ein sechsjähriges Kind aus einer früheren Beziehung hat.
Er habe eigentlich auch zwei Kinder, eines hätte sie umgebracht, gibt er gleich zu Verhandlungsstart wirre Anschuldigungen von sich. Mit der Richterin will er lieber verhandeln und Bedingungen stellen, anstatt ihre Fragen zu beantworten. Auch behauptet er, dass er nach seinem Einzug in der Wohnung bei seiner Gattin ein halbes Kilo Kokain gefunden hätte. Die Richterin warnt ihn jetzt ausdrücklich davor, jemanden zu verleumden.
Mein Mandant gibt an, dass seine Frau versucht, ihm eine Falle zu stellen. Und, dass er selbst Polizei und Rettung geholt hätte nach dem Unfall.

Anwalt Sebastian Lesigang
Bild: Andi Schiel
„Fuhr wie ein Wilder durch Wien“
Die Staatsanwältin berichtet noch einmal, was am 30. November passiert sei. Demnach habe er die Frau abgepasst und zum Einsteigen in sein Auto genötigt: „Dann ist er wie ein Wilder durch Wien gefahren und hatte, nachdem er keine Lenkerberechtigung hat, wenig überraschend, einen Verkehrsunfall“, so die Anklägerin. Weil er sich seltsam verhalten hätte, schauten die Beamten genauer hin. Dann sahen sie das Mädchen, wie es mit der Hand das SOS-Notzeichen zeigte.
Schon im Supermarkt eine Woche zuvor SOS gezeigt
Er sei an jenem Tag bei ihr gewesen und sie seien gemeinsam zum Auto gegangen und zur Lugner City gefahren, sagt der 39-Jährige, der keinen Führerschein hat. Bei der U-Bahn-Station Burggasse sei es zu einem Unfall gekommen. „Ich bin ausgestiegen und habe geschaut, ob es den Kindern und ihr gut geht. Als die Polizei kam, habe ich bemerkt, dass das Kind dieses Zeichen macht. Eine Woche davor hat sie das auch im Supermarkt gemacht. Da habe ich mich auch sehr gewundert, dass sie das gemacht hat.“ Auch im Supermarkt habe ihn ein Passant angesprochen, warum das Kind dieses Zeichen mache. Er habe daraufhin von deren Mutter erfahren, dass ihr das Jugendamt das beigebracht hätte.
Auf die Frage der Richterin, warum das Mädchen im Auto das Notzeichen gemacht hätte, antwortet er: „Ich glaube, dass der Ex meiner Frau sie beeinflusst hat, dieses Handzeichen zu machen.“
Vier Messer im Auto
Jetzt fragt Frau Rat, ob er Messer im Auto dabei hatte: „Ja, es gab immer ein Messer bei mir im Auto. Und meine Frau hat immer ein Messer im Kinderwagen dabei.“ – „Aber sie haben ein Waffenverbot.“ – „Das ist keine Waffe, das ist nur für Sandwiches gedacht.“ Insgesamt fanden die Polizisten am 30. November vier Messer in dem Auto. Außerdem hatte es gegen den Mann wegen früherer Auseinandersetzungen mit der Frau bereits ein Annäherungs- und Betretungsverbot gegeben.
Im Prozess will er davon nichts wissen: „Wir führten eine sehr romantische Beziehung. Nur vor anderen und vor den Behörden gab es Streit.“ Jetzt zeigt der Angeklagte Fotos von sich, der Frau und den Kindern, etwa vom 29. November. „Es ist grundsätzlich nicht die Aufgabe des Gerichts, hier das Ermittlungsverfahren zu führen. Aber gut, jetzt sind wir nunmal in der Situation“, merkt die Richterin an. Tatsächlich wurde ungewöhnlich rasch nach dem Vorfall Anklage erhoben.
Frau entschlägt sich
Die 34-jährige Mutter kommt mit beiden Kindern und begleitet von mehreren Sozialarbeiterinnen ins Landl. Sie entschlägt sich der Aussage, womit auch alle früheren Aussagen der Frau vom Gericht nicht mehr verwertet werden dürfen. Auch das sechsjährige Kind, das per Videoschaltung befragt wird, möchte keine Fragen beantworten. Daher setzt es einen rechtskräftigen Freispruch.
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