Juliette Larat ist einer der aufgehenden Sterne des Sprechtheaters. Ab Donnerstag ist die Schauspielerin im Theater in der Josefstadt als Hermia im „Sommernachtstraum“ zu sehen. Ein Gespräch über ihren Weg auf die Bühne, die Sprache des Körpers und die Tonarten von Stücken.
Die Bühne hat sie schon immer magisch angezogen, schon in jungen Jahren wollte Juliette Larat „möglichst tief eintauchen in diesen Mechanismus Theater“. Dramaturgie, Musiktheater, Regie, Bühnenbild – Schauspiel war anfangs nicht in der engeren Wahl, war „so ein nettes Plus, das Spaß macht.“
Dass sie heute Schauspielerin ist, seit 2023 Ensemblemitglied im Theater in der Josefstadt, das verdankt sie eher dem Zufall. Ab heute steht sie dort als Hermia in Shakespeares „Sommernachtstraum“ in der Regie von Josef E. Köpplinger auf der Bühne. Im Gespräch am Rande der Proben schwärmt sie von ihrem aktuellen Bühnen-Charakter: „Hermia ist eine Frau, die genau weiß, was sie will. Sie will Demetrius nicht heiraten, sondern Lysander. Damit stellt sie sich ganz klar gegen dieses patriarchale System.“
Als Kind schon „Mozart-Nerd“
Eine Frau, die weiß, was sie will – das ist auch Juliette Larat. Schon als Kind war die heute 24-Jährige ein regelrechter „Mozart-Nerd“, wie sie es nennt: „Wir hatten einen Fernseher mit Videorecorder – und nur zwei Kassetten. Eine davon war Mozarts ,Zauberflöte‘. Die habe ich rituell nach dem Kindergarten geschaut. Ich kannte die ganze Oper auswendig!“
Während ihrer Jugend sammelt Larat erste Erfahrungen in der experimentellen Schauspiel-Gruppe Troupe Avenir in Straßburg, spielt Fassbinder auf Französisch: „Das war ein Abenteuer!“
Mich fasziniert der Unterschied bei Menschen, wenn sie aus einer Aufführung wieder herauskommen. Wie sehr stumm und still dazusitzen, einen so verändern kann!
Juliette Larat
Der VHS-Recorder ist dann recht bald dem Internet gewichen, wo die Schauspielerin sich mit Opern- und Konzertaufnahmen eindeckt. Ein künstlerischer Ort hat es ihr dabei besonders angetan: Salzburg. „Diese Stadt hat mich so in ihren Bann gezogen. Diese Stimmung, diese Festspiele, diese Atmosphäre, das Welttheater! Ich dachte, da muss ich hin! Meine Großmutter, die Geigerin war, hat mich da sehr bestärkt: Wenn du wirklich das Beste vom Besten sehen willst, dann musst du nach Salzburg.“
Eintauchen in das Universum Bühne
Als 18-Jährige in der Mozartstadt angekommen, folgt die Ernüchterung – vor allem über die Kartenpreise. Doch Larat will sich diesen Kosmos unbedingt erschließen und heuert bei den Festspielen an: „Da habe ich alle Facetten von Theater kennengelernt, habe als Portier gearbeitet, als Ankleiderin, im Wohnungsbüro, im Besetzungsbüro – sogar in einem Lokal neben dem Festspielhaus.“
Was sie aus dieser Zeit mitgenommen hat für die Bühne? „Als Billeteurin habe ich es vor allem genossen, zu beobachten: diese vielen zwischenmenschlichen Dynamiken, wie Pärchen miteinander sprechen, wie Eltern mit ihren Kindern reden im Konzert. Und mich fasziniert der Unterschied bei Menschen, wenn sie aus einer Aufführung wieder herauskommen. Wie sehr stumm und still dazusitzen, einen so verändern kann!“
Salzburg-Sehnsucht und ein Wink des Schicksals
Zurück im „anonymen Berlin“ zum Philosophie-Studium packt sie nach dem Sommer „so eine Salzburg-Sehnsucht“: „Ich wusste damals noch nicht, dass Salzburg unter dem Jahr ganz anders aussieht als im Sommer“ schaut sie lachend zurück. Als sie Ende Oktober nach Salzburg kommt, ist das einzige Studium, in das man zum Sommersemester einsteigen kann, Schauspiel: „Als ich da genommen wurde, hat sich das ein bisschen nach Schicksal angefühlt.“
Wien ist eine eigene Welt. Es ist unvergleichlich. Vom Taxifahrer bis zur Rechtsanwältin – alle wissen, was gerade am Theater läuft.
Juliette Larat
Nach dem Studium wird sie ins Ensemble im Theater in der Josefstadt engagiert und entdeckt hier einen ganz neuen Kosmos: „Wien ist eine eigene Welt. Ich dachte nach drei Jahren in Salzburg, dass ich Österreich verstanden habe. Dann kam ich nach Wien.“ Vor allem die Wertschätzung für Theater fasziniert sie an dieser Stadt: „Es ist unvergleichlich. Vom Taxifahrer bis zur Rechtsanwältin – alle wissen, was gerade am Theater läuft.“
Die Melodie der Sprache
Zum Schauspiel hat Juliette Larat eine sehr musikalische Beziehung, legt sich zu Stücken eine Playlist mit passender Musik zurecht, spricht davon, dass auch Theater-Produktionen Tonarten haben: „Schauspiel hat sehr viel mit Musik zu tun. Es ist beides eine Sprache, bei beidem ist Rhythmus sehr wichtig. Sprache hat auch eine Melodie – und kann wie Musik direkt ins Herz eindringen.“
Im Theater in der Josefstadt endet ihr fixes Engagement mit Ende dieser Spielzeit. Nach dem „Sommernachtstraum“ verabschiedet sie sich mit Peter Turrinis „Was für ein schönes Ende“ an der Seite des scheidenden Josefstadt-Direktors Herbert Föttinger vom Haus. Für die Zeit danach schmiedet sie gerade Pläne, freut sich auf neue Projekte und ganz bescheiden darüber, dass sie von dieser wunderbaren Kunst leben kann.
Ihr Instrumentarium für ein Leben auf der Bühne entdeckt die rotgelockte junge Frau gerade, beschäftigt sich intensiv mit Sprache und Körper: „Es gibt so einen schönen Satz von Antoine Artaud. ,L‘acteur c‘est l‘athlete du coeur‘ – der Schauspieler ist der Athlet des Herzens. Ich denke ähnlich, aber eher an Musik und nicht an Sport: Ich habe kein Instrument, ich muss alles mit meinem eigenen Körper ausdrücken. Und der Körper erzählt viel.“
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