„Schütze Familie“

Klagen gegen Pensionisten: Jetzt spricht Strache

Gericht
29.10.2025 14:00

Vier Pensionistinnen weinten vor Gericht, wussten nicht, wie sie die tausenden Euro für Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache zusammenkratzen sollen. Dabei setzte sich der ehemalige FPÖ-Chef immer besonders für den „kleinen Mann“ ein. Mit der „Krone“ spricht er über die Flut an Medienklagen und die dutzenden Zahlungsaufforderungen. Gleichzeitig erhebt die Staatsanwaltschaft Wien nicht rechtswirksam Anklage wegen Untreue gegen den früheren Vizekanzler. Es geht um die Prämie einer Lebensversicherung.

In diversen Gerichtsakten und Urteilssprüchen geht er als Sieger hervor – am Papier zumindest. Denn in seinem Medienklagsmarathon ist Heinz-Christian Strache konstant erfolgreich. Besonders das oe24-Netzwerk schuldet dem Ex-Vizekanzler mittlerweile teils rechtskräftig eine schöne Summe Geld wegen „Übler Nachrede“ und „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs“ wegen falscher Behauptungen rund um seine Scheidung.

Auch kommentarloses Teilen strafbar
Wo das Verständnis der breiten Öffentlichkeit und natürlich politischer Gegner jedoch aufhört: Strache bittet auch jene zur Kasse, die die inkriminierten Artikel auf ihrem Facebook-Profil teilten. Rechtlich ist das bereits vom Oberlandesgericht ausjudiziert. Jeder, der etwas auf seinem Account veröffentlicht, ist Medieninhaber und es gilt das Mediengesetz. Da reicht schon das kommentarlose Teilen eines Beitrags.

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Wenn es um meine Familie und besonders um meine Kinder geht, ist eine rote Linie überschritten.

Ex-Vize-Kanzler Heinz-Christian Strache

Ob das den vier Pensionistinnen, die im Burgenland und der Steiermark im Landesgericht als Angeklagte saßen, bewusst war, sei dahingestellt. Sie mussten Tausende Euro berappen. Doch Unwissenheit schützt bekanntlich vor Strafe nicht. Was zwar Heinz-Christian Straches gutes Recht ist, wirft moralische Fragezeichen auf. Jener FPÖ-Politiker, der von sich selbst immer sagte, sich für den kleinen Mann, die kleine Frau einzusetzen, klagt nun finanziell Schwache um ihr Hab und Gut.

„Wenn es um meine Familie und besonders um meine Kinder geht, ist eine rote Linie überschritten“, sagt der Floridsdorfer Bezirksrat zur „Krone“. Er trifft einen Vergleich: „Wenn der kleine Mann zum Beispiel einen Diebstahl begeht, soll ich dann weiter für ihn kämpfen?“ Dass es nun eben – unter anderem – Mindestpensionisten getroffen hatte, die ihm nun Schadenersatz zahlen müssen, sei keinesfalls Absicht gewesen.

Briefe mit Angeboten ignoriert
Er hätte zusammen mit seinem Medienanwalt Maximilian Donner-Reichstädter Briefe an rund 40 Personen geschickt – mit einem Angebot. „Wir haben allen Postern die Chance gegeben, einem außergerichtlichen Vergleich zuzustimmen“, so Strache. Das wären geringerer Betrag als bei einer Klage und die Löschung des Beitrags gewesen. „Das sind Anwaltskosten und eine kleine Entschädigung für mich“, erklärt der frühere Vizekanzler. Jene, die schließlich auf der Anklagebank Platz nehmen mussten, hätten dieses Schreiben ignoriert. Einkommenverhältnisse oder Vermögen seien vor einem Prozess gar nicht bekannt und da ist es für einen Rückzieher zu spät.

Veronika F. (68) musste vor Gericht. Die „Krone“-Familie hat geholfen.
Veronika F. (68) musste vor Gericht. Die „Krone“-Familie hat geholfen.(Bild: gofundme.com / Privat / KroneKreativ)

Nur zwei Beispiele, über die die „Krone“ bereits berichtete: Eine 45-jährige Invaliditätspensionistin schluchzte vor Gericht in Graz verzweifelt: „Ich kann das nicht bezahlen.“ Sie muss 3800 Euro blechen; übernommen wurde das von SPÖ-Landeschef Max Lercher. Eine 68-jährige Burgenländerin ist sogar auf ein Spendenkonto angewiesen, damit sie ihre 6000-Euro-Schuld begleichen kann. „Es geht mir um Gerechtigkeit und nicht ums Geld“, quittiert der ehemalige FPÖ-Chef Bereicherungsvorwürfe vehement. 

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Meine Kinder und auch Enkelkinder werden das lesen und ich kann zumindest sagen, dass ich gegen diese Personen rechtlich vorgegangen bin.

HC Strache zur „Krone“

Zeit in der Öffentlichkeit sowieso vorbei?
Dass das gar kein gutes Bild bei Herr und Frau Österreicher hinterlasse, wisse er aber sehr wohl. Das sei dem 56-Jährigen aber nicht mehr so wichtig: „Meine politische Karriere in der Öffentlichkeit ist für mich Vergangenheit.“ Er wolle vor allem seine Familie schützen, die unter der unwahren Berichterstattung sehr gelitten hätte: „Meine Kinder und auch Enkelkinder werden das lesen und ich kann zumindest sagen, dass ich gegen diese Personen rechtlich vorgegangen bin.“ Die sich jedoch – laut eigenen Angaben – mit existenzbedrohenden Zahlungen konfrontiert sahen ...

Dazu kann Heinz-Christian Strache nur sagen: „Ich übe hier mein Recht aus.“ Sein Vorschlag: Das Medium, das für die ursprüngliche und später geteilte Berichterstattung verantwortlich ist, solle doch die Schadensersatzzahlungen ihrer Leser übernehmen – „Sie wurden nämlich durch die Veröffentlichungen mutwillig getäuscht.“

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Ich übe hier mein Recht aus. Es geht mir um Gerechtigkeit und nicht ums Geld.

Strache über Abmahnungsschreiben und Klagen

Auch am Dienstag gewann Strache wieder einen Medienprozess gegen das oe24-Netzwerk. Dieses Mal ging es um die fälschliche Berichterstattung rund um das Begräbnis seiner Mutter. Der Richter begründet: „Ohne, dass weiter recherchiert wurde, wurden Behauptungen übernommen, von einem zur Festnahme ausgeschriebenen Betrüger. Das ist keine sonderlich verlässliche Quelle.“ Das Medium muss ihm nicht rechtskräftig 11.500 Euro zahlen. Fast eine Lappalie gegenüber den teils rechtskräftigen 140.000 Euro, zu denen das Netzwerk für zig Veröffentlichungen zur Strache-Scheidung verurteilt wurde.

Und jene Leser, die vielleicht den jetzt inkriminierten Artikel geteilt haben? Müssen sie nun eine Medienklage fürchten? „Das ist nicht geplant“, sagt der Bezirkspolitiker zur „Krone“. Dieses Mal seien seine Kinder nämlich nicht betroffen.

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