In nur einem Monat

Supermarkt-Trickserei: Wien meldet 200 Anzeigen!

Wien
15.10.2025 07:26

Wiener Supermärkte geraten zunehmend unter Druck. Allein im September erstattete das Marktamt 200 Anzeigen wegen falscher Grundpreise, unrichtiger Mengenangaben oder fehlender Rabattkennzeichnungen. Besonders im Visier: Die vier größten Supermarktketten. Trotz steigender Preise konnten sie ihre Gewinne im Vorjahr um 60 Prozent steigern.

Viele Konsumenten müssen wegen hoher Lebensmittelpreise den Gürtel enger schnallen. Um die Kosten in den Griff zu bekommen, hat das Sozial- und Wirtschaftsministerium die großen Supermarktketten ins Visier genommen. Seit einem Monat wird dort besonders streng kontrolliert: Im Fokus stehen Rabattaktionen und die korrekte Preisauszeichnung.

Die erste Zwischenbilanz fällt ernüchternd aus: Allein in Wien wurden innerhalb eines Monats 200 Anzeigen erstattet. Kontrollen fanden zwar in ganz Österreich statt, belastbare Zahlen liegen jedoch bislang nur für die Bundeshauptstadt vor. Bei Spar, Rewe, Hofer und Lidl wurden 270 Kontrollen durchgeführt, berichtet Alexander Hengl, Sprecher des Wiener Marktamts, im „Ö1-Morgenjournal“ und schlussfolgert: „Es ist tatsächlich so, dass die Preisauszeichnung bei den großen Supermarktketten bei Weitem nicht eingehalten wird.“

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Es ist tatsächlich so, dass die Preisauszeichnung bei den großen Playern im Supermarktbereich bei Weitem nicht eingehalten wird.

Alexander Hengel, Sprecher des Wiener Marktamts, im „Ö1-Morgenjournal“

Supermarkt-Tricks und Schummeleien: Das Wiener Marktamt stellte bei den vier größten Ketten ...
Supermarkt-Tricks und Schummeleien: Das Wiener Marktamt stellte bei den vier größten Ketten zahlreiche Verstöße fest.(Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)

Handelsverband: „Toxische Debatte“
Rainer Will, Geschäftsführer des Österreichischen Handelsverbands, hält die hohe Zahl an Anzeigen für fehlerhaft: „Die Zahlen wurden vorab an die Medien weitergegeben, nicht aber an die Betroffenen, daher können wir dazu noch nicht viel sagen.“ Er spricht von einer „toxischen Debatte“ und betont, dass bei der ersten Erhebung tatsächlich weniger als zehn Fälle bei den großen Ketten Rewe, Spar, Hofer und Lidl festgestellt wurden. Will kritisiert, dass das Sozialministerium die Zahlen wochenlang über die Medien verbreitet und so den Ruf der Unternehmen geschädigt habe.

Zur hohen Zahl der Anzeigen meint er: „Absichtlich passieren mal gar keine Fehler.“ Er verweist auf die Dimension: Bei 9400 Geschäften in Österreich, davon 2000 in Wien, und mehr als 20.000 Produkten pro Händler sei die Umsetzung der strengen Preis- und Rabattvorschriften sehr komplex, da Österreich ohnehin die „strengsten regulatorischen Vorschriften“ weltweit habe. Will betont, dass die Konzerne sowie der Handelsverband bemüht seien, die Bevölkerung täglich zu versorgen, und kritisiert das Vorgehen der Regierung als „negatives Sittenbild“ gegenüber dieser kritischen Infrastruktur. Er spricht von einer „Scheindiskussion“ und einer „politischen Hetzjagd“: Es werde erneut an den Regalen nach der Wirkung, nicht aber nach der Ursache der Teuerung gesucht.

Lebensmittelpreise und Gewinne der Konzerne steigen
Das Wiener Marktamt führte seit Jahresbeginn ganze 1215 Kontrollen durch und stellte dabei insgesamt 502 Strafanträge. „Je schlechter ein Betrieb bei der Kontrolle abschneidet, umso häufiger führt das Marktamt Kontrollen durch“, betonte Marktamtsdirektor Andreas Kutheil. Das Sozialministerium rechnete in einer Aussendung vor: Laut dem Österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) steigen die Preise für Lebensmittel, Alkohol und Tabak heuer um 3,8 Prozent, für 2026 wird ein Anstieg um 3,2 Prozent erwartet. Gleichzeitig konnten die großen Lebensmittelketten ihre Gewinne im Vorjahr um rund 60 Prozent steigern.

Preisschild und Ware nicht ident
Das Marktamt führt beispielhaft einige Vergehen der bekannten Handelsketten an: Es wurden Von-Bis-Preise ohne Zuordnung angegeben, die Mengenangaben auf den Preisschildern stimmten nicht mit den Produkten überein. Ein Beispiel: Packungsgrößen werden kleiner, der Preis bleibt aber gleich. „Dann gaukelt der Supermarkt den Konsumentinnen und Konsumenten vor, dass das Packerl noch 200 Gramm enthält. Das verstößt gegen das Preisauszeichnungsgesetz“, erklärt Hengl.

Bei Aktionsware im Non-Food-Bereich fehlten häufig die verpflichtenden Angaben zum günstigsten Preis der vergangenen 30 Tage. Oder es wurde Ware mit auffälliger Rabattierung beworben, ohne dass die gesetzlich vorgeschriebenen Grundpreise angegeben waren.

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Preisauszeichnung ist kein Wunschkonzert, sondern gesetzlich geregelt. Wenn sich der Inhalt ändert oder ein Rabatt beworben wird, muss das klar und nachvollziehbar im Regal stehen. Alles andere ist Täuschung.

Marktamtsdirektor Andreas Kutheil

Dazu stellte Kutheil klar: „Preisauszeichnung ist kein Wunschkonzert, sondern gesetzlich geregelt. Wenn sich der Inhalt ändert oder ein Rabatt beworben wird, muss das klar und nachvollziehbar im Regal stehen. Alles andere ist Täuschung.“

Supermarktpreise im Visier der Politik
Die starken Preisanstiege in den Supermärkten treiben auch die Politik um. Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) kündigte vor über einem Monat ein Gesetz gegen versteckte Preiserhöhungen an. Ein Gesetzesvorschlag soll in diesem Jahr erarbeitet werden. Vor wenigen Tagen hat dann die SPÖ mit Markteingriffen gedroht, nachdem bereits Anfang August Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) und ein Monat später auch SPÖ-Chef Andreas Babler gesetzliche Maßnahmen zur Senkung der Lebensmittelpreise in den Raum gestellt hatten.

Koalitionspartner ÖVP und NEOS hingegen gaben sich zurückhaltend, eine klare Ablehnung zu Markteingriffen in die Preise kommt von der Lebensmittelindustrie und den Bauern. In der Regierungsklausur Anfang September wurde im Kampf gegen die Teuerung bei den Lebensmittelpreisen vor allem auf die EU und die Beseitigung des „Österreich-Aufschlags“ verwiesen.

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