Die russische Regierung hat ihren Finanzplan für das Jahr 2026 präsentiert. Auf den ersten Blick werden die Verteidigungsausgaben gesenkt, doch bei genauerer Betrachtung wird klar: Jetzt müssen die Russen zahlen ...
Erstmals seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine ist im Haushalt von Wladimir Putin eine offizielle Kürzung der reinen Verteidigungsausgaben vorgesehen. Dabei gibt es jedoch einen Haken. Um die enormen Kosten zu decken und die enormen Löcher im Staatshaushalt zu verkleinern, plant die Regierung eine Reihe von Steuererhöhungen.
Geld wird nur verschoben
Laut dem vorliegenden Planungsdokument soll der offizielle Verteidigungsetat im Jahr 2026 spürbar reduziert werden. Konkret ist eine Senkung von den derzeit veranschlagten 13,5 Billionen Rubel auf 12,6 Billionen Rubel vorgesehen. Dies würde einem rechnerischen Rückgang von 6,7 Prozent entsprechen. Allerdings findet parallel eine deutliche Aufstockung in einem verwandten Budgetposten statt.
Der Bereich „Nationale Sicherheit und Exekutive“, der unter anderem die Polizei und andere innere Sicherheitskräfte umfasst, soll um rund 500 Milliarden Rubel aufgestockt werden. Diese Umschichtung von Geldern innerhalb des Sicherheitsapparats stellt die angekündigte Einsparung bei der Verteidigung in ein anderes Licht.
Die russische Wirtschaft tritt in eine Ära des Niedrigwachstums ein:
Experten sehen kaum Entlastung
Rechnet man die Ausgaben für die klassische Verteidigung und die für die nationale Sicherheit zusammen, zeigt sich ein kaum verändertes Bild. Wirtschaftsexperten weisen darauf hin, dass die tatsächliche finanzielle Entlastung für den Staatshaushalt minimal ausfällt.
Die russische Ökonomin Alexandra Prokopenko vom Carnegie Russia Eurasia Center analysierte die Zahlen und kommt zu dem Schluss, dass der kombinierte Effekt aller Verschiebungen nur eine Reduktion von lediglich 0,6 Prozent ergibt. Insgesamt bleiben die Ausgaben für den gesamten Sicherheits- und Militärkomplex auf einem extrem hohen Niveau. Die wahren Kosten würden durch geheime Budgetposten und Schattenfinanzierung ohnehin unklar bleiben. Putin plane weiterhin mit einem langfristigen Konflikt.
Putin bittet Bürger zur Kasse
Um die weiterhin hohen Staatsausgaben zu finanzieren und die Einnahmen zu steigern, sieht der Haushaltsentwurf spürbare Steuererhöhungen vor, die jeden Bürger im Alltag treffen werden. Im Mittelpunkt steht dabei die Anhebung der Mehrwertsteuer.
Dieser Steuersatz, der auf die meisten Produkte und Dienstleistungen beim Kauf aufgeschlagen wird, soll von derzeit 20 Prozent auf 22 Prozent steigen. Eine solche Erhöhung führt in der Regel dazu, dass Unternehmen die gestiegenen Kosten direkt an die Konsumenten weitergeben. Für die russische Bevölkerung bedeutet dies konkret, dass Einkaufen teurer wird und die Lebenshaltungskosten weiter ansteigen.
Zudem wird die Umsatzgrenze für Kleinbetriebe, ab der die volle Mehrwertsteuer fällig wird, von 60 auf 10 Millionen Rubel (etwa 10.600 Euro) pro Jahr gesenkt. Das trifft de facto alle Kleinstunternehmen vom Greißler bis zur IT-Firma. Einem Bericht der Zeitung „Moscow Times“ zufolge drohen nun 450.000 Klein- und Kleinstunternehmen gravierende Mehrkosten. So werden die Rüstungsausgaben direkt aus den Taschen der Bürger bezahlt – und sind für Putin günstiger als Kredite oder „Kriegsanleihen“.
Die russische Wirtschaft stößt dem Carnegie Russia Eurasia Center zufolge an strukturelle Grenzen: Arbeitskräfte sind knapp, Produktionskapazitäten voll ausgelastet. Der Staat investiert in Güter, die auf dem Schlachtfeld zerstört werden. Das schafft zwar Jobs, aber keinen Wohlstand.
Eine riskante Wette
Das Regime stabilisiert die Finanzen nicht durch Wachstum, sondern durch Abgaben. Russland wandelt sich zu einer Wirtschaft mit niedrigem Wachstum, hohen Zinsen und Steuern, finanziert durch sinkenden Lebensstandard und Stagnation. Der Kreml wettet dabei offenbar darauf, dass westliche Sanktionen in der Ära von US-Präsident Donald Trump nicht verschärft werden.
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