Ein schwelender Konflikt im Profitennis kommt jeden Herbst wieder in die Schlagzeilen. Die Spieler beklagen die viel zu lange Saison, den dichten Terminkalender, und es kommt neben Absagen auch zu Verletzungen. Gleichzeitig akzeptieren gerade jene Spieler, die am lautesten darüber klagen, Einladungen zu hoch dotierten Schauturnieren. Der Terminstress ist zumindest teilweise hausgemacht.
Zuletzt sagte etwa der Weltranglisten-Erste Carlos Alcaraz nach seinen Titeln bei den US Open und in Tokio für das Masters-1000-Turnier in Shanghai ab. Grund: physische Probleme. „Der Kalender ist einfach zu eng. Ich rufe die Verantwortlichen dazu auf, etwas zu unternehmen“, so Alcaraz. Die Nummer zwei, Jannik Sinner, gab in der dritten Runde von Shanghai wegen Krämpfen im Oberschenkel auf. Und der Weltranglisten-Dritte, Alexander Zverev, klagt, dass er seit den Australian Open im Jänner nie mehr ein Turnier schmerzfrei gespielt habe. „Unser Zeitplan, unser Terminkalender ist einfach zu voll. Das ist ein großes Problem“, sagt der Olympiasieger von 2021.
Tennis-Legende Novak Djokovic, der nach 24 Major-Titeln mit 38 Jahren immer noch Nummer 5 der Welt ist, bestätigt das. „Ich habe schon vor fünfzehn Jahren gesagt, dass wir den Kalender reorganisieren müssen.“ Verletzt war zuletzt US-Star Ben Shelton (ATP-6.). Nach einer Schulterverletzung in der dritten US-Open-Runde musste er einen Monat pausieren.
Saison von Dezember bis November
Die ATP Tour ist ein Lazarett, und bei den Frauen sieht es nicht besser aus. Beim WTA-1000-Turnier in Peking mussten nicht weniger als fünf Spielerinnen ihre Partien abbrechen. Andere, wie die Weltranglisten-Erste Aryna Sabalenka, traten gar nicht erst an. Die Ansprüche an die gut bezahlten Stars sind hoch. Beispiel Coco Gauff: Die French-Open-Siegerin gewann am 9. November 2024 das Endspiel der WTA Finals und stand Ende Dezember beim United Cup in Australien bereits wieder auf dem Platz.
Die Verbände und Turnierorganisatoren wollen natürlich, dass ihre Besten so oft und so lange wie möglich spielen – kaum eine Sportart hat eine derart lange Saison. Doch Gauff kontert: „Mehr ist einfach nicht mehr möglich.“ Sie verstehe auch die kommerzielle Seite. „Aber ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass man eine Lösung findet, um die Saison zu verkürzen.“
Verlängerte 1000er-Turniere Zusatzbelastung
Die WTA verlangt, dass ihre Spielerinnen die vier Grand-Slam-Events, alle zehn 1000er- und sechs 500er-Turniere spielen. Bei den Männern sind die Anforderungen ähnlich. Erschwerend kommt hinzu, dass mittlerweile sieben der zehn Veranstaltungen der Kategorie 1000 auf zehn bis zwölf Tage verlängert wurden, was bei den Profis auf wenig Gegenliebe stößt. Damit sind rund 31 Wochen des Jahres bereits verplant, für Trainings und Erholung bleibt kaum noch Raum.
Wimbledonsiegerin Iga Swiatek (WTA-Nr. 2) hatte zuletzt drohend angekündigt, dass sie nicht mehr alle obligatorischen Turniere bestreiten werde. „Es gibt zu viele Verletzungen“, sagt die Polin. „Ich denke, das liegt an der zu langen und zu intensiven Saison.“
„Six Kings“ Slam lockt mit 13,5 Millionen
Und wo liegt nun der Widerspruch? Ausgerechnet diejenigen, die am meisten über den tatsächlich sehr vollen Kalender klagen, der ihnen ja auch viel Geld beschert, spielen zusätzlich lukrative Show-Turniere, die keine Weltranglistenpunkte einbringen. Alcaraz und Zverev haben in der Woche nach den US Open in San Francisco am Laver Cup teilgenommen. Alcaraz, Zverev, Sinner und Djokovic sind in der Woche nach dem Turnier in Shanghai für den „Six Kings Slam“ in Saudi-Arabien gemeldet. Ein Einladungsevent, an dem sich sechs Spieler die sagenhafte Gewinnsumme von 13,5 Millionen Dollar teilen.
Eine Absage eines 1000er-Turniers kann die Ausschüttung des ATP-Bonuspools am Ende des Jahres reduzieren: Dieser Verlust wird durch den Verdienst in Saudi-Arabien locker wettgemacht. Da fällt es schwer, die Klagen der Stars ernst zu nehmen. Ein weiterer, nicht unwesentlicher Punkt für die Misere: Die teilweise zu langsamen Plätze. Wesentlich längere Ballwechsel auf früher schnelleren Belägen erhöhen den Verschleiß.
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