Tatort Körper

Die stille Macht der Rechtsmedizin

Gesund
03.10.2025 06:00

Ob bei der Aufklärung brutaler Verbrechen, dem Schutz hilfloser Gewaltopfer oder inmitten chaotischer Krisensituationen – mit scharfem Blick und modernster Technik sichert die Gerichtsmedizin Spuren, die für das bloße Auge unsichtbar sind, rekonstruiert Abläufe, deckt Zusammenhänge auf und gibt den Toten eine Stimme. Hier wird Gerechtigkeit vorbereitet.

Die Gerichtsmedizin arbeitet meist im Verborgenen, doch ohne sie bleiben juristische und kriminalistische Rätsel ungelöst. Als interdisziplinäre Schnittstelle zwischen Medizin, Recht und Wissenschaft bringt sie Licht ins Dunkel – und stärkt das Vertrauen in den Rechtsstaat.

Einsatz in der Krise, so auch beim Amoklauf in Graz
Die Aufgaben von Gerichtsmedizinern reichen weit über die klassische Obduktion hinaus. Sie besichtigen Fundorte, rekonstruieren Tatabläufe, analysieren Blutspuren, dokumentieren Verletzungen und treten als unabhängige Sachverständige vor Gericht auf. Auch chemisch-toxikologische Untersuchungen, Gutachten zu Behandlungsfehlern oder Abstammungsanalysen gehören zum Spektrum.

Besonders in Krisen zeigt sich die Relevanz der Gerichtsmedizin: Beim Amoklauf in Graz wurden alle Todesopfer obduziert, Verletzungen präzise dokumentiert und die notwendigen Gutachten erstellt – eine unverzichtbare Grundlage für die Ermittlungsbehörden.

In Gewaltambulanzen werden Verletzungen nicht nur medizinisch versorgt, sondern auch ...
In Gewaltambulanzen werden Verletzungen nicht nur medizinisch versorgt, sondern auch professionell dokumentiert.(Bild: © Helmut Lunghammer)

Mit der Eröffnung der ersten Gewaltambulanz im Jahr 2008 schrieb die Med-Uni Graz österreichische Rechtsmedizin-Geschichte – und machte Hilfe für Gewaltopfer erstmals niederschwellig und forensisch fundiert zugänglich. Gewaltambulanzen gibt es mittlerweile auch in Wien und Innsbruck, ergänzt durch mobile Teams, die Betroffene in Niederösterreich, Kärnten und dem Burgenland unterstützen.

„Wir sind ein wesentliches Puzzleteil in einer vielfältigen Unterstützungslandschaft. Durch unsere Tätigkeit schaffen wir eine Übersetzungsleistung zwischen dem Strafrechtssystem, der medizinischen Versorgung und der forensischen Spurensicherung“, erklärt Dr. Sarah Heinze, Leiterin des Diagnostik- & Forschungsinstituts für Gerichtliche Medizin der MedUni Graz. „Für eine von Gewalt betroffene Person wird es möglich, vor Gericht zu sagen: ,Das ist passiert. Ich kann es beweisen‘.“

Engpass bei jungen Fachkräften 
Trotz ihrer Relevanz kämpft die Gerichtsmedizin mit Nachwuchsmangel. Dabei bietet der Beruf eine außergewöhnliche Kombination aus medizinischer Expertise und kriminalistischer Neugier. Gearbeitet wird im Sektionssaal, an Tatorten, in Gerichtssälen und mit Gewaltopfern. Das Fach eröffnet zudem spannende Forschungsfelder.

Zitat Icon

Ohne forensische Medizin gäbe es deutlich weniger Rechtssicherheit für Opfer, Angehörige und die Gesellschaft insgesamt. 

Dr. Sarah Heinze, Leiterin des Diagnostik- & Forschungsinstituts für Gerichtliche Medizin der MedUni Graz

Die Gerichtsmedizin hat eine lange, faszinierende Geschichte: Schon im alten China wurden Leichen untersucht, um Todesursachen zu klären – ein Vorläufer der heutigen forensischen Methoden. Im Europa des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Rechtsmedizin zur eigenständigen Wissenschaft, als Ärzte begannen, systematisch Obduktionen durchzuführen und ihre Erkenntnisse vor Gericht zu präsentieren.

Mit der Entdeckung der Blutgruppen, der Einführung der DNA-Analyse in den 1980er Jahren und der Digitalisierung forensischer Daten hat sich das Fach rasant weiterentwickelt. Heute ist die Gerichtsmedizin ein Hightech-Bereich, der Toten Gehör verschafft und Lebenden Gerechtigkeit bringt.

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