Nur jede 14. Anzeige einer Vergewaltigung mündet in Österreich in einen Schuldspruch. Für Richter ist die Beweiswürdigung in Sexualstrafprozessen schwierig, die Politik sucht Lösungen.
Die zehn Freisprüche im Fall Anna (12), die nun von der Staatsanwaltschaft Wien bekämpft werden, brachten einen Ruck in die Debatte um eine Verschärfung des Sexualstrafrechts. Ministerin Anna Sporrer (SPÖ) will das „Nur Ja heißt Ja“-Prinzip umsetzen. Laut Regierungsprogramm sollen bei der Verschärfung auch bestehende Lücken geschlossen werden.
Dass es Handlungsbedarf gibt, zeigt ein Blick auf die Statistik zu Vergewaltigungen aus dem Justizministerium (siehe Grafik unten).
Demnach sind die Anzeigen in den vergangenen fünf Jahren rasant gestiegen – von 1228 im Jahr 2020 auf 1748 im Jahr 2024. Das entspricht einer Steigerung von mehr als 40 Prozent. Die Zahl der Verurteilungen ist indes im gleichen Zeitraum kaum gestiegen. Somit mündet in Österreich nur jede 14. Anzeige einer Vergewaltigung in eine Verurteilung.
Hohe Opfer-Dunkelziffer, aber auch Verleumdungen
Den Grund für die vermehrte Anzeigenlegung sieht Rechtsanwalt Christian Werner auch in der Schaffung besserer Einrichtungen, die Opfer unterstützen. Auch aus dem Justizministerium heißt es: „Uns ist bewusst, dass es eine Diskrepanz zwischen Anklagen und Verurteilungen gibt.“ Deshalb sei mit der Konzeption und Umsetzung von Gewaltambulanzen begonnen worden, wo sich Betroffene von Gewalt kostenfrei untersuchen lassen können, Spuren gesichert und Verletzungen dokumentiert werden.
Für Richter ist das Sexualstrafrecht einer der schwierigsten Bereiche.
Rechstanwalt Christian Werner
Bild: „Krone“, Krone KREATIV
Denn, und darauf zielt auch Werner ab: „Für Richter ist das Sexualstrafrecht einer der schwierigsten Bereiche, zumal es in der Regel zwei völlig widersprüchliche Aussagen gibt. Die Beweiswürdigung ist oft schwierig, am Ende kommt der Grundsatz ,Im Zweifel für den Beschuldigten‘ zum Tragen.“
Immer wieder münden Anzeigen auch in Verleumdungsverfahren. Auf der anderen Seite sprechen Frauenorganisationen von einer sehr hohen Dunkelziffer an Opfern, zumal es immer noch viele Betroffene gibt, die gar keine Anzeige erstatten.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.