Die Szenen wiederholen sich: Mann schlägt Frau, sie alarmiert die Polizei, welche ein Betretungs- und Annäherungsverbot ausspricht – doch ihn kümmert das nicht. Er erscheint kurz darauf erneut an ihrer Wohnadresse, bedroht die Frau. Dem will die Justizministerin einen Riegel vorschieben. Ein Armband ähnlich einer Fußfessel soll Opfer vor Gefährdern schützen.
Fast täglich vermeldet die Polizei, dass Frauen trotz Wegweisung und Annäherungsverbot erneut von ihren Ex-Partnern oder anderen Gewalttätern bedroht werden. Spanien preschte hier vor. Dort werden Opfer und Täter bei Annäherungsverboten mit einem GPS-Armband ausgestattet. So wird sichtbar, ob der Abstand eingehalten wird. Justizministerin Anna Sporrer lässt dieses Modell gerade prüfen.
Gewaltambulanzen dokumentieren Verletzungen
„Meine Frau bekommt leicht blaue Flecken, sie ist die Treppe hinuntergefallen“ – das ist leider einer der vielen Standardsätze, mit denen sich Täter abputzen. Nach Graz und Innsbruck bekommen Opfer von Misshandlungen seit Jänner in der Bundeshauptstadt in einer Gewaltambulanz Hilfe.
In der Untersuchungsstelle für Gewaltbetroffene (UGB) der MedUni Wien am Zimmermannplatz nahe dem AKH werden Verletzungen im Zusammenhang mit häuslicher und sexualisierter Gewalt mit viel Empathie dokumentiert, Blut- und Harnproben etwa bei Verdacht auf K.-o.-Tropfen analysiert – all das in einem geschützten Umfeld. Die Befunde können später in einem Prozess entscheidend sein und helfen, die oft als ungerecht empfundene Diskrepanz zwischen Anzeigen und Gerichtsurteilen zu minimieren.
Hunderte Fälle analysiert
„Damit verbessern wir die Ausgangslage für spätere Verfahren und stärken zugleich die Sensibilisierung für die Anliegen von Gewaltopfern innerhalb der Medizin“, erklärt Markus Müller, Rektor der MedUni Wien. Die Zahlen zeigen, wie groß der Bedarf ist: In den ersten acht Monaten seit der Eröffnung gab es 400 Fälle, wobei in 293 Fällen klinisch-forensische Untersuchungen durchgeführt wurde.
Gewaltopfer sind weiblich
„Rund 84 Prozent der Betroffenen, die zu uns kommen, sind weiblich“, erklärt Katharina Stolz, Gerichtsmedizinerin und Leiterin der Untersuchungsstelle. Laut der Ärztin waren die betroffenen Personen ein bis 92 Jahre alt. Bei 17 Prozent der untersuchten Fälle hat es sich um Minderjährige gehandelt. Die Beweismittel werden für mindestens zehn Jahre aufbewahrt.
Die Untersuchungen haben zu 51 Prozent der Fälle in der UGB und zu 49 Prozent in Krankenanstalten stattgefunden. Es geht auch um leichte Verletzungen wie Hämatome und Abschürfungen, die im Klinikalltag untergehen.
Katharina Stolz, Gerichtsmedizinerin
Bild: APA/HELMUT FOHRINGER
Auch weiter im Süden ist der Bedarf hoch. In den ersten zwölf Monaten der Laufzeit des Pilotprojekts der Med Uni Graz fanden 237 klinisch-forensische Untersuchungen statt. Rund die Hälfte davon – insbesondere nach sexualisierter Gewalt und wenn Kinder betroffen waren – gemeinsam mit Gynäkologen oder Kinderärzten.
Die Finanzierung der Gewaltambulanzen ist durch vier Ministerien langfristig gesichert. Gespräche für Ambulanzen in Oberösterreich und Salzburg laufen. Sozialministerin Korinna Schuhmann verweist darauf, dass es auch im Berufsalltag Frauen sind, die von psychischer Gewalt und sexuellen Übergriffen betroffen sind. „Ein wichtiger Schritt ist dabei das Bewusstsein schaffen, dass Gewalt kein Berufsrisiko ist, das man einfach so hinnehmen soll“, so die Ministerin.
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