Nach Jahren erbitterter Auseinandersetzungen stoppen die ÖBB das umstrittene Verbindungsbahn-Projekt im Westen Wiens – vorerst. Während die Bundesbahnen die Verzögerungen als schwere Belastung für den Ausbau der S-Bahn wertet, jubeln die Gegner.
Es war eines der größten Nahverkehrsprojekte für Wien: Die Modernisierung der Verbindungsbahn zwischen Hütteldorf und Meidling, inklusive neuer Stationen und eines dichteren Takts im 15-Minuten-Rhythmus. Nun steht fest: Die ÖBB müssen das Milliardenprojekt vorerst zurückstellen. Grund ist eine fehlende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, die für den geplanten Baustart im September notwendig gewesen wäre.
30-Millionen-Euro-Ausschreibung
Wie die ÖBB mitteilen, habe das Gericht nicht rechtzeitig die aufschiebende Wirkung der Beschwerden aufgehoben. Damit könne der Bau nicht wie vorgesehen starten. Ein bereits vorbereitetes Ausschreibungspaket von rund 30 Millionen Euro müsse storniert werden. Die Bahn warnt vor weitreichenden Folgen: „Die Tatsache, dass der Bauzeitplan nicht eingehalten werden kann, bringt Konsequenzen mit sich, die nicht nur die Verbindungsbahn betreffen“, heißt es vonseiten der ÖBB. Denn die Attraktivierung der Strecke wäre eine wichtige technische Voraussetzung für andere Projekte gewesen. Nun müsse der gesamte Zeitplan neu evaluiert werden. Im ungünstigsten Fall drohe eine Verschiebung um mehrere Jahre. Ob und wann das Projekt umgesetzt werden kann, sei derzeit nicht absehbar. Zudem stünden Reinvestitionen von bis zu 100 Millionen Euro an, um die Strecke in ihrer jetzigen Form weiterhin betreiben zu können.
ÖVP fordert Neuplanung
„Die Vernunft hat gesiegt – die Hochlage der Verbindungsbahn wurde von der ÖBB abgesagt“, heißt es in einer Stellungnahme aus dem Lager der ÖVP. Als Volkspartei habe man sich immer gegen das Projekt in dieser Form ausgesprochen. Gemeinderat Michael Gorlitzer betont: „Eine bis zu acht Meter hohe Mauer würde den Bezirk Hietzing trennen, Verbindungen zu einzelnen Bezirksteilen deutlich erschwert werden und über 1000 Bäume gefällt werden.“ Stattdessen fordert die Initiative nun einen Neustart der Planungen sowie eine Tieflage der Strecke. Auch Gemeinderat Hannes Taborsky kritisiert die bisherigen Pläne scharf: „Wir treten für die Anliegen der Bevölkerung ein und nicht für die Interessen der ÖBB – hier sind städtebaulich vernünftige und nachhaltige Lösungen notwendig.“
Wackelt der gesamte S-Bahn-Ausbau?
Die Bahn wiederum verweist darauf, dass mit der Modernisierung nicht nur neue Haltestellen in Hietzing entstanden wären, sondern auch die Grundlage für einen zweiten S-Bahn-Ring gelegt worden wäre. Nun bleibt offen, wann und ob das Vorhaben realisiert werden kann. Der Verfahrensabschluss vor dem Bundesverwaltungsgericht wird im Herbst 2025 erwartet.
Mobilitätsstadträtin geschockt und attackiert Gericht
Geschockt zeigt sich Mobilitätsstadträtin Ulli Sima (SPÖ): „Die Folgen für die Wiener sind massiv. Wir brauchen diese Verbindung, um die stark frequentierte U4 zu entlasten. Mir fehlt ehrlicherweise das Verständnis dafür, warum die Entscheidung des Gerichts so lange auf sich warten lässt.“
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