Lange Haftstrafe

„War vor Home Invasion vier Tage wach wegen Koks“

Oberösterreich
02.06.2025 12:23

Weil er mit einem Komplizen seinen Bekannten und Party-Kumpanen in dessen eigenem Haus brutal ausgeraubt und schlimm zugerichtet haben soll, musste sich ein Russlanddeutscher am Montag in Wels verantworten. Schwere Drogensucht, durchfeierte Nächte, Dealer und ein „Saunaclub“ in Salzburg spielten dabei wichtige Rollen. 

Der Mann, der am Montag im großen Schwurgerichtssaal am Landesgericht Wels sitzt, hat breite Schultern, wirkt aber eher schmal. Seine Haare sind zurückgegelt, sein Blick ist leer und traurig. Zusammengefallen sitzt er am Anklagestuhl und lauscht den Ausführungen des Staatsanwalts. Er wurde nämlich beschuldigt, gemeinsam mit einem immer noch unbekannten Komplizen am 25. November des Vorjahres einen Bad Ischler Unternehmer in dessen Haus mitten in der Nacht brutal ausgeraubt und schwer verletzt zu haben – eine Home Invasion.

Sechs Vorstrafen
Der 32-Jährige, der als kleines Kind mit seinem Vater und seiner Großmutter aus Russland nach Deutschland gekommen war, ist zwar bei uns nicht vorbestraft, in der Bundesrepublik aber gleich sechsmal – drei der Verurteilungen sind einschlägig. Im Sommer hatte er noch als Poolbauer gearbeitet, doch aufgrund seiner schweren Kokainabhängigkeit war er danach arbeitslos.

Schwere Drogensucht
Gemeinsam mit dem Komplizen, laut ihm ein Münchner Koks-Dealer namens „Mo“, habe er in jener Nacht zuerst in seinem Heimatort Rosenheim konsumiert. „Wenn ich weniger als fünf Gramm hatte, habe ich mich sofort um Nachschub gekümmert“, so der Angeklagte. Weil es bereits spät war, habe der Dealer in München keine Quelle mehr erreicht, weswegen das Duo, gefahren von der Freundin des Dealers, nach Salzburg aufgebrochen sei.

Letzte Chance Bad Ischl
Warum nach Salzburg, und nicht nach München, wo die Drogenszene wohl deutlich größer sei, bohrte der Privatbeteiligtenvertreter ungläubig nach. „Weil dort jemand zugesagt hat“, so der 32-Jährige. Weil aber auch der dann nicht mehr antwortete, sei man schließlich nach Bad Ischl aufgebrochen. Denn dort kannte der Russlanddeutsche von Besuchen in einem Salzburger Saunaclub einen Unternehmer, der seine Leidenschaft für die Droge teilte und immer etwas daheim hatte.

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(Spitzname des Opfers) Raub: Maske, Chloroform, Sexkugeln, Handschellen, schwarzer Sack, Handschuhe, Kleidung

Notiz am Handy des Verurteilten

„Sexkugeln, Handschellen, Chloroform“
Beweise lassen diese Geschichte aber eher unplausibel erscheinen. Bereits drei Wochen vor der Tat hatte nämlich der Angeklagte auf seinem Handy eine pikante Notiz verfasst, quasi eine Stricherlliste: „(Spitzname des Opfers) Raub: Maske, Chloroform, Sexkugeln, Handschellen, schwarzer Sack, Handschuhe, Kleidung“, stand da geschrieben. Da sei er sauer und auf Drogen gewesen, verteidigte sich der Deutsche.

Mehrmals geklingelt
In Bad Ischl angekommen, habe das Trio nur mehr rund drei Gramm Drogen gehabt, weil durchgehend konsumiert wurde. „Wir wollten sichergehen, dass er nicht zu Hause ist. Darum haben wir mehrmals laut geklopft und Sturm geläutet, aber niemand hat reagiert, es blieb finster“, so der in Russland geborene Deutsche. Schließlich stieg das Duo durch eine offene Kellertür ins Haus ein.

„Habe das ignoriert“
„Ich habe es klopfen und klingeln gehört, dachte aber, das ist ein Freund, der heimgeführt werden will. Weil ich aber einen Gipsfuß hatte und am nächsten Tag viel arbeiten musste, habe ich alles ignoriert“, so das Opfer. Dann aber habe er Schritte und Bewegungen im Keller des Hauses gehört: „Ich habe gerufen ,Hallo hallo, wer ist da?‘ und da standen schon zwei vermummte Männer vor mir im Finstern. Das Klebeband hatten sie gleich dabei und klebten mir die Augen zu.“ 

Schlag auf Schlag
Die Eindringlinge forderten Geld, welches der Unternehmer auch herausgab. Als jedoch einer der Täter auf den Wandsafe im Schlafzimmer stieß, weigerte er sich, die Kombination herauszugeben. Dann ging alles Schlag auf Schlag: Mit schweren Faustschlägen und Tritten malträtierte das Duo ihr Opfer, bis dieses schwer verletzt war. Dann sperrten sie den 45-Jährigen im Heizkeller ein und verbarrikadierten die Tür, bevor sie im einsetzenden Morgengrauen die Flucht ergriffen.

Hätte tödlich enden können
„Das große Glück war einerseits, dass der Schwerverletzte sich schon nach einer Viertelstunde seiner Fesseln und Knebel entledigen konnte. Andererseits, dass im Raum eine Leiter war“, führte der Staatsanwalt aus. Mit dieser habe er in den Kesselraum und von dort durch ein kleines Fenster aus dem Haus klettern können. Und das, obwohl er mehrere Rippen- und Wirbelbrüche sowie einen Pneumothorax erlitten hatte – Luft sammelte sich in seinem Brustkorb und sorgte für schnell steigende Atemnot. „Das kann auch ganz leicht tödlich enden“, so der Ankläger.

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Kokain war schon seit zehn Jahren mein Begleiter, aber von da an ist es völlig eskaliert. Ich habe meist nur eine Nacht pro Woche geschlafen, und da fühlte ich mich bewusstlos. Nach 15 Stunden Schlaf war ich komplett benebelt und extrem müde, da habe ich gleich wieder Koks gezogen

Der Verurteilte (32)

Eine Nacht pro Woche geschlafen
Als Motiv gab der ehemalige Poolbauer aus Rosenheim an, er sei seit dem Tod seiner Großmutter zwei Jahre in ein tiefes Loch gefallen. „Kokain war schon seit zehn Jahren mein Begleiter, aber von da an ist es völlig eskaliert. Ich habe meist nur eine Nacht pro Woche geschlafen, und da fühlte ich mich bewusstlos. Nach 15 Stunden Schlaf war ich komplett benebelt und extrem müde, da habe ich gleich wieder Koks gezogen“, gab der 32-Jährige Auskunft.

Auch Crack, eine rauchbare Art von Kokain, habe er regelmäßig konsumiert. Ob er von dem Konsum bereits körperliche Schäden spüre, wollte die Richterin wissen. „Ich habe keine Nasenscheidewand mehr, da drin ist alles hohl. Auch Magenbeschwerden habe ich, aber zum Doktor zu gehen, habe ich mich nie getraut. Wer weiß, was der alles findet“, so der Angeklagte.

„Todesangst, aber keine Folter“
Zur Tat selbst meinte er, er habe nur dem gefolgt, was der Komplize getan und ihm angeschafft habe. „Geschlagen habe ich das Opfer sicher nicht, das war Mo“, so der Angeklagte. Von dem will er nur diesen, wohl falschen Vornamen kennen – „was aber im Suchtgiftmilieu üblich ist“, so seine Verteidigerin. Der Unternehmer war sich aber sicher, dass beide zugeschlagen hätten. Dennoch: „Ich hatte zwar Todesangst, besonders als mich einer in den Schwitzkasten nahm, bis mir schwarz vor Augen wurde. Aber den Eindruck, dass sie mich unnötig quälen wollten, hatte ich nicht – die wollten nur Geld.“ Nach Kokain hingegen hätten sie ihn seiner Darstellung nach überhaupt nicht erst gefragt.

Lange Haftstrafe
Obwohl sich der 32-Jährige geständig zeigen wollte, erkannte der Staatsanwalt keine Reue, sondern ein „reines Muss-Geständnis“ – auch weil er die Gewalt von sich wies. Schlussendlich einigten sich Richter und Schöffen auf ein Urteil: zehn Jahre Haft, dazu 10.000 Euro Teilschmerzensgeld für den 45-jährigen Unternehmer. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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