Rassige Italienerin

Rendezvous mit einer Inselgöttin: Urlaub auf Sizilien

Reisen & Urlaub
25.05.2013 17:00
Nüchtern betrachtet ist sie mit 25.426 Quadratkilometern und einer Küstenlänge von 1.152 Kilometern die größte Insel im Mittelmeer. Doch wenn man ein Rendezvous mit einer Göttin hat, kann man getrost den Kopf verlieren. Denn Sizilien ist ein Vollblutweib, das auf dem Vulkan tanzt. Süß wie Erdbeerhonig. Feurig wie "Etna Rosso". Verführerisch wie Mandelcreme. Und Heerscharen von Eroberern kamen, sahen, siegten - und blieben.

Phönizier, Griechen, Karthager, Römer, Vandalen, Araber, Normannen, Spanier, Österreicher: Sie alle haben ihre "erbaulichen" Spuren hinterlassen und ihre Namen in schwarzen Lava- und weißen Kalkstein geschnitten. Grandiose Prachtbauten zeugen ebenso davon wie eine üppige Vegetation, deren Vielfalt in vielen Ecken der Welt wurzelt und auf Sizilien reiche Früchte trägt: Weinreben, Oliven, Hartweizen, Zitrusfrüchte, Mandeln, Tomaten, Paprika, Melanzani – schmackhafte Beispiele für gelungene kulinarische Integration.

Der Vulkan Ätna als "großer Vater"
Was dem Auge blüht, wenn es die kontrastreiche Schöne erkundet, ist mit einem Wort gesagt: atemberaubend! Doch beginnen wir unsere einwöchige Bus-Rundreise in Catania: UNESCO-Weltkulturerbe und spätbarockes Juwel am Fuße des "Großen Vaters", wie viele Einheimische den 3.350 Meter hohen Ätna wegen seiner fruchtbaren Böden nennen.

Dass der aktivste Vulkan Europas viel Rauch um nichts macht, stellt er täglich unter Beweis. Dass der "Mongibello – Der schöne Berg" der Araber ein Heißsporn ist, der 2001 fast das Dörfchen Zafferano verschlungen hätte, passt zu den Legenden, die um ihn wachsen.

Fantasiebegabte setzen nun den Röntgenblick auf und finden hinter schwarzroten Flanken und einer mondverwandten Kraterlandschaft Tifeo: den rebellischen Riesen, der von Zeus unter dem Ätna eingesperrt wurde. Dort grollt er vor sich hin und hat heuer schon 17-mal Asche und Lava gespuckt.

Verschmähte Liebe am Fuß des Vulkans
Den im Mai mit 25 Grad noch wohltemperierten Augenschmaus serviert ein Altstadt-Spaziergang, den der Domplatz mit seinem schwarzen Elefanten und die majestätische Kathedrale Sant'Agata krönen. Und man glaubt dem spritzig-witzigen Reiseführer Dario aufs Wort, dass die Heilige Agatha (225–250) hier erschienen ist, ihr Gewand auf den Boden gelegt und so die Lava zum Erstarren gebracht hat, die 1669 mit Feuerzungen über Catania leckte. Kein Wunder, dass das Volksfest im Namen der Märtyrerin auf Grillspezialitäten setzt.

Und dass Agathas Brüste, die Statthalter Quintianus aus verschmähter Liebe abschneiden ließ, als zarte Versuchung in jeder Konditorei liegen, bestätigt: Rache ist süß! Wer nach einer Bleibe sucht, die (noch) ein echter Geheimtipp ist, kehrt im Palazzo Asmundo aus dem 17. Jahrhundert ein. Frei nach dem Motto: Opulent-edler Einrichtungsstil trifft auf gepflegt-modernes Lebensgefühl.

"Größte und schönste aller griechischen Städte"
Entlang der Ostküste fahren wir weiter nach Syrakus: kulturelles Zentrum der Antike und für Cicero "die größte und schönste aller griechischen Städte". Alleine im archäologischen Park könnte man Stunden verbringen: Teatro Greco, im 6. Jahrhundert v. Chr. für 15.000 (!) Besucher erbaut. Römisches Amphitheater, mit Wasser befüllbar. Der Opferaltar König Hierons II. (306–215 v. Chr.), der an einem (!) Festtag das Blut von 450 Stieren empfing und vieles mehr.

Dann Ortigia, pittoreske Insel, die den Altstadtkern trägt und die Verbindung mit dem Festland über drei Brücken hält. Und natürlich der berühmte Dom auf dem herrlichen "weißen Platz": über dem Tempel der Athene errichtet. Gefasst von vorchristlichen Säulen, die wie archaische Wächter aus dem Mauerwerk treten und die überbordende Pracht des sizilianischen Barocks brechen.

Schmale Gassen voller Leben
Wir brechen auf und halten in Taormina. Hier baumelt die Seele mit Panoramagarantie 200 Meter über dem lichtgefluteten Meeresspiegel auf dem Monte Tauro, dem der Badeort Giardini Naxos zu Füßen liegt. Kunterbunte Keramik und quirliges Leben prägen das Stadtbild mit seinen schmalen Gassen.

Den großen Überblick hat man vom Griechischen Theater, das mit seinen visuellen Reizen samt Ätna und Bucht von Naxos nicht geizt. Wer Luxus liebt, ist im San Domenico Palace Hotel an einer der besten Adressen: Könige und Clowns, Dichter und Denker, Reiche und Mächtige, sie alle waren hier.

Zu Besuch in der Kornkammer Italiens
Wir sind wieder weg und bei der Fahrt durch die Kornkammer Italiens in Piazza Armerina angekommen, wo sich die Villa Romana del Casale befindet: Repräsentationsbau aus römischer Kaiserzeit, der mit seinen 3.500 Quadratkilometern Mosaikfußböden mit zum Eindrucksvollsten gehört, was Italien zu bieten hat.

Entsprechend begeistert taucht man ein in virtuose Sittenbilder und grandiose Bildergeschichten. Die berühmten "Bikini-Mädchen" sind hier ebenso zu Hause wie illustre Jagd- und Festgesellschaften oder Amor und Psyche, die das privateste der Schlafgemächer in zarte Erotik tauchen.

Das monumentale Kontrastprogramm dazu liefert Agrigent mit seinem Tal der Tempel, die Castor und Pollux, Juno, Concordia und Zeus geweiht sind.

Palermo verbindet Orient und Okzident
Dann sind wir in Palermo: einst großes arabisches Zentrum und politische Hauptstadt der Normannen. Heute janusköpfige Hauptstadt zwischen Pracht und Verfall, die noch am ehesten das Vorurteil vom chaotischen Süden bedient: Ampelsignale sind Empfehlungen, Verkehrsschilder Accessoires, und wer nicht schnell ist, kommt unter die Räder.

Für sich spricht die Architektur. Und die Verbindung von arabischen und normannischen Elementen gerinnt im Domkomplex von Monreale zum größten Mosaikzyklus der Welt (auf Goldgrund). Und verdichtet sich im Normannenpalast für Roger II. "zum Schönsten, was menschlicher Geist ersinnen kann".

Wen so viel Glanz blendet, muss dem Tod ins Auge schauen. In den Kapuzinerkatakomben von Monte Pellegrino ist er allgegenwärtig. In den Gesichtern der Mumien. Seit 400 Jahren tragen sie die vage Ahnung von dem zur Schau, was und wer sie waren. Als entseelte Standbilder, die Unbehagen nähren. Bis man vor Rosalia Lombardo steht: ein schlafender Engel – die schönste Mumie der Welt. Mit ihr hat Einbalsamierer Solafia vor 93 Jahren dem Tod den Stachel genommen.

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