Die heimischen Behörden werden vorerst jedoch nicht tätig, da laut Landespolizeidirektion Oberösterreich kein Rechtshilfeersuchen der britischen Behörden vorliegt. Das heißt, dass es derzeit keinen internationalen bzw. EU-Haftbefehl gegen den in Italien geborenen Dänen Gullino gibt.
Allerdings, so die Zeitung "The Telegraph" in einem Online-Beitrag, könnte die Londoner Polizei Scotland Yard die Ermittlungen gegen Gullino nach dessen Lokalisierung nun wieder aufnehmen wollen. Die Akte sei jedenfalls noch nicht geschlossen, man arbeite weiterhin mit internationalen Behörden zusammen, wurde eine Scotland-Yard-Mitarbeiterin zitiert.
Mit Rizin präparierter Regenschirm als Todeswaffe
Gullino wird seit Jahren als Verdächtiger im Zusammenhang mit dem "Regenschirm-Attentat" gehandelt. Dabei wurde dem Regimekritiker und Schriftsteller Markow im September 1978 auf der Waterloo Bridge in London mit einem mit dem Gift Rizin präparierten Regenschirm ins Bein gestochen. Durch das Gift starb der BBC-Mitarbeiter nach drei Tagen mit Fieber und Hypotonie an Herzversagen. Der Täter wurde nie gefasst. Hinter dem Mord wird das damalige kommunistische Regime von Todor Schiwkow in Bulgarien vermutet, das Markow als Journalist beim bulgarischen Dienst der britischen BBC jahrelang angeprangert hatte.
Am 30. Todestag Markows, dem 11. September 2008, hatte der bulgarische Journalist Hristo Hristow (Bild re.) den mutmaßlichen Geheimdienstmitarbeiter und Attentäter Gullino in Spiel gebracht. In seinem Buch "Das Doppelleben des Agenten 'Piccadilly'" schrieb Hristow, dass Gullino - Deckname "Picadilly" - in Bulgarien für das Attentat ausgebildet und großzügig belohnt worden war und zeigte die engen Verbindungen des bulgarischen Geheimdienstes sowie des früheren sowjetischen Geheimdienstes KGB zu dem Mordfall auf.
Nach dem Attentat und nachdem seine Identität als bulgarischer Geheimagent aufgedeckt worden war, hielt sich Gullino in Dänemark auf, wo er bereits zuvor gelebt hatte. In den Jahren danach wohnte er nach Angaben der britischen Zeitung "Daily Mail" einige Jahre in Tschechien, wo er unter anderem als Antiquitätenhändler tätig war. Dem Bericht zufolge soll der ehemalige Spion nun für eine Welser Antiquitätenfirma arbeiten bzw. gearbeitet haben.
Von deutschem Regisseur in Österreich aufgespürt
In Österreich aufgespürt wurde Gullino von dem deutschen Regisseur Klaus Dexel, der im vergangenen Jahr eine Doku über das "Regenschirm-Attentat" drehte. In "Silenced: Georgi Markov and the Umbrella Murder" bestritt Gullino jedoch, überhaupt in das Attentat an Markow verwickelt gewesen zu sein.
Der ebenfalls als Antiquitätenhändler in Wels tätige Erwin Marchgraber bestätigte am Samstag gegenüber der Austria Presse Agentur, Gullino öfter in der oberösterreichischen Stadt gesehen zu haben. Kennengelernt habe er ihn bereits "vor 20 bis 25 Jahren". Allerdings habe er erst durch Journalisten von "Daily Mail" erfahren, dass es sich bei seinem Bekannten um einen Ex-Geheimagenten und möglichen Mörder handeln könnte. "Er ist ein freundlicher Mann und spricht ein paar Sprachen, deshalb hat er für den Antiquitätenhändler gearbeitet" sagte Marchgraber. "Wir rennen uns manchmal am Flohmarkt in Wels über den Weg, dann grüßen wir uns" - eine engere Freundschaft habe aber nie bestanden, so der Unternehmer.
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