Verstörende Aussagen

Gequälter Bub bekam Decke nur, wenn er „brav war“

Gericht
26.02.2024 10:28

Am Montagvormittag startete im Landesgericht Krems (NÖ) der Prozess gegen jene Mutter, die ihren zwölfjährigen Sohn mehrfach in eine Hundebox gesperrt hat. Davor übergoss sie den Buben mit eiskaltem Wasser. An der Folter wäre der Schüler beinahe gestorben. Neben der Niederösterreicherin sitzt auch ihre einst beste Freundin vor den Geschworenen. Sie soll die Anweisungen für die Schreckenstaten gegeben haben. Die „Krone“ berichtet live vom Prozess.

Die beiden Angeklagten schauen gezeichnet aus, als sie den Großen Schwurgerichtssaal in Krems betreten. Sie tragen beide längere Haare, die Erstangeklagte braune, ihre frühere Freundin dunkelblonde - beide haben offenbar schon vor Prozessbeginn geweint.

Viel wurde schon berichtet über die Horror-Mütter. Ihr Anblick ist dann aber überraschend: Denn die Frauen sehen völlig unauffällig aus, wenn nicht sogar auf den ersten Blick freundlich. Der Eindruck täuscht! Unvorstellbar, was sie Gerhard (Name geändert) - dem Sohn der Erstangeklagten - angetan haben sollen.

Staatsanwältin: „Unfassbares Martyrium“
„Es ist einer dieser wenigen Akte, die mich auch zu Hause beschäftigt haben“, eröffnet die Staatsanwältin ihr Plädoyer. Es sei ein unfassbares Martyrium, dass Gerhard durchmachen musste. 2022 folterte sie den zwölfjährigen Buben beinahe zu Tode.

Die Horror-Mutter sperrte ihren Sohn, mit dessen Erziehung sie laut Verteidigerin Astrid Wagner „von Beginn an überfordert war“, über Monate hinweg stundenlang in eine Hundebox. Zuvor übergoss sie das Kind mit eiskaltem Wasser und öffnete das Fenster: „Dieses nasse, schreiende und weinende Kind sitzt in der Hundebox und die Mutter steht daneben und schaut zu“, bricht auch der Staatsanwältin die Stimme. Mehr noch: Die Angeklagten hätten sich am immensen Leid des Kindes sogar noch erfreut, wie zahlreiche Chatnachrichten beweisen sollen.

Körpertemperatur sank auf 26,8 Grad
Mehrere Stunden musste der Bub in der Hundebox ausharren. Zudem soll die Mutter das Kind hungern lassen haben. Laut Staatsanwältin, um es zu brechen: „Innerhalb weniger Monate hat der Bub 20 Kilogramm abgenommen.“ Er sei 1,65 m groß gewesen und wog nur noch 40 Kilogramm. Am 22. November lag Gerhards Körpertemperatur nur mehr bei 26,8 Grad, er fiel in ein dadurch bedingtes Koma. „Wäre er nicht in letzter Minute ins Spital eingeliefert worden, wäre der Bub gestorben.“ 

Die Anklage lautet daher auf versuchten Mord. Mitangeklagt ist die beste Freundin der 33-Jährigen. Die 40-jährige vierfache Mutter soll die Anweisungen zur Folter gegeben haben. „Es war eine sehr innige Freundschaft“, sagt die Erstangeklagte über ihr Verhältnis zur Zweitangeklagten. Die beiden Familien wohnten während Covid zusammen und hatten sogar geplant, zusammen in ein Haus zu ziehen.

„I wollt, dass er ma folgt“
Die Angeklagte spricht leise und mit niederösterreichischem Dialekt: „Es wor imma schwierig zwischen dem Gerhard und mir. Ich waß a ned warum. I hob glaubt er hasst mi. Sein Verhalten war ned normal. Er war von klein auf in Therapie.“

Im Juli 2022 habe ihr die Zweitangeklagte erzählt, dass Gerhard ins Bett mache. Sie hätte dies via Videoüberwachung seines Zimmers beobachtet (obwohl dort offenbar gar keine Kamera installiert war). Daraufhin musste Gerhard in Hundebetten schlafen. Der Gerichtsmitarbeiter bringt zwei kleine Hundebetten in den Saal. „Wie kamen Sie als Mutter auf die Idee, dass Ihr zwölfjähriger Sohn im Hundebett schlafen muss, weil er ins Bett genässt hat?“, fragt Frau Rat.

Bekam Decke nur, wenn er „brav war“
„Weil ich wollte, dass er mia folgt. I hob docht, er mocht's absichtlich.“ - „Durfte er dann je wieder im Bett schlafen ab Juli?“ - „Nein“ - „Bekam er einen Polster?“ - „Nein“ - „Eine Decke?“ - „Nur wenn er brav war.“ Rausgegangen ist die Frau nur noch mit Erlaubnis der Zweitangeklagten. Der Bub sei dann gar nicht mehr draußen gewesen: „Da hat es in der Wohnung gestunken. Deshalb musste ich ja dann die Fenster aufmachen“, meint sie. Die Antwort auf etliche „Warum“-Fragen lautet: „Weil sie des so zu mir gsogt hat ...“ - Mit „sie“ ist die Zweitangeklagte gemeint.

Von ihr soll auch die Idee mit dem kalten Wasser gekommen sein. Etwa, wenn Gerhard nicht aufstehen wollte. „Wohin haben Sie das Wasser geschüttet?“ - „Übern Kopf.“ Als Bilder auf der Videowall gezeigt werden, stockt es nicht nur den Geschworenen den Atem. Die Bestürzung im Saal ist riesig. Die Zweitangeklagte nimmt die Aufnahmen indes emotionslos zur Kenntnis - für sie sind die verstörenden Bilder nicht neu. Hatte die Erstangeklagte die Fotos und Videos doch nur angefertigt, um sie ihrer einst besten Freundin zu schicken.

Polizei brachte getürmtes Kind zurück zu seiner Peinigerin
Weil das Kind einmal vom Balkon getürmt war, ihn die Polizei zurückbrachte (!), hatte angeblich die Zweitangeklagte die Idee mit der Hundebox: „Als Strafe, damit er des nimma macht.“ Immer wieder über Stunden habe er laut der angeklagten Mutter in dem kleinen Behältnis ausharren müssen. Richterin: „Was haben Sie gemacht, als er eingesperrt war?“ - „Da hob i Hausarbeiten gmocht.“ Die Box steht jetzt im Saal mit geöffneter Türe gegenüber von den Geschworenen. 

Zweimal habe sie damals Besuch vom Jugendamt bekommen. Am 28. Oktober und am 19. November 2022 - vier Tage bevor Gerhard ins Koma fiel. Es wurde beanstandet, dass er kein Bett hat (es lag nur eine Matratze im Zimmer), dass dem Kind kalt sei und es in der Wohnung nach Urin stinke. In Sicherheit gebracht wurde das junge Opfer aber nicht.

Urteile fallen am Donnerstag
„Ich war in einem Wahn“, sagt die Erstangeklagte. Die Zweitangeklagte will widerum nur wenig mitbekommen haben: „Das Ausmaß, dass das angenommen hat, war mir nicht bewusst. Ich hab mich da voll mit reinziehen lassen von der Mutter“, behauptet sie. 503 Seiten sadistische Chats zeichnen ein völlig anderes Bild. Darin wurde sie von der Mutter zu jedem kleinsten Schritt gefragt und wartete daraufhin auf Anweisungen der Zweitangeklagten.

Auch die beiden Verteidiger schieben der jeweils anderen Frau die Schuld zu. Der unscheinbaren Mutter droht lebenslange Haft. Bei ihrer früheren Freundin, vertreten von Sascha Flatz, beträgt der Strafrahmen bis zu 15 Jahre Haft. Gerichtspsychiater Peter Hofmann attestiert den Frauen Zurechnungsfähigkeit, beantragt aber neben einer strafrechtlichen Verurteilung wegen Gefährlichkeit auch die Unterbringung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum. Die Urteile sollen am Donnerstag fallen.

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