Wien ist anders! Warum Toni Pfeffer Austrias Trikot um die Ohren flog, Andi Ogris zur Schere griff, Helge Payers Pizza Rapid erlöste und was Herbert Feurer löschte. „Die Fluktuation ist mittlerweile so hoch, die Spieler verstehen den Kult um das Derby gar nicht. Wir sind eine Ausbildungsliga“, so Pfeffer über die heutige Zeit.
„Also, ich kann mich an keine Derby-Niederlage von uns erinnern.“ So wie Rapids Goalie-Legende Herbert Feurer kann man mit unbequemen Erinnerungen natürlich auch umgehen. Einfach löschen. „Der Arme tut mir leid, er hat sein Gedächtnis verloren“, scherzt Austria-Urgestein Andi Ogris prompt zurück. Mit Schmäh - so lief das früher …
Vor dem Sonntags-Knaller werden die aktuellen Protagonisten aber mit ihren „Wortspenden“ vorsichtiger sein. Vor allem in Hütteldorf. Seit dem Einzug ins Allianz-Stadion 2016 konnte Rapid daheim in allen elf Anläufen gegen die Austria nicht gewinnen, seit zwölf (!) Derbys ist Grün-Weiß sieglos.
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01.10.2023 A 0:0
* Cup-Achtelfinale
Spielt das am Sonntag im 341. Stadtduell im Kampf um die Top 6 eine Rolle, kann man das ausblenden?
„Die Serie ist im Kopf“
Die „Krone“ fragte beim violetten Toni Pfeffer und dem grünen Helge Payer, zwei Klub-Legenden, die sogar noch längere, historisch schlechte Derby-Negativläufe erlebt haben, nach:
„Fünf Jahre ohne Sieg ist zach, das kannst du nicht ausblenden - nach einer Niederlage brauchst dich in Wien nicht blicken zu lassen“, erinnert sich Toni Pfeffer an Austrias Fluch von 1996 bis 2000. 17 Derbys in Folge ohne Sieg. „Einmal wollten wir uns bei den Fans entschuldigen, haben die Trikots in den Sektor geworfen. Das war ein Schwachsinn, die Dressen sind uns zurück um die Ohren geflogen.“
Dabei hatte Pfeffers Derby-Karriere mit fünf Siegen (1987-89) souverän begonnen: „Wenn du einen Andi Ogris in der Mannschaft hast, ist das kein normales Spiel. Wenn jemand etwas Grünes anhatte, hat er mit einer Schere Löcher reingeschnitten. Alle waren brennheiß auf das Spiel.“
Für Ogris selbstverständlich: „Ich war vom Nachwuchs an infiziert, das geht ins Blut über. Ich habe auch den Legionären erklärt, was das Derby bedeutet, da macht man keine Gefangenen.“ Heutzutage schwierig - Pfeffer: „Die Fluktuation ist mittlerweile so hoch, die Spieler verstehen den Kult um das Derby gar nicht. Wir sind eine Ausbildungsliga.“
Durch die harte Derby-Schule ging auch Rapids Helge Payer. Nicht die fünf Heimsiege von 2006 bis 2010 blieben dem Ex-Goalie in Erinnerung, sondern die 17 sieglosen Derbys von 2001 bis 2005. „Die Unserie nagt, das bleibt hängen, das kannst du nicht ausblenden.“ Dann folgte ein 3:1 in Hütteldorf. Was Rapid „erlöste“? „Vor dem Spiel sind Steffen Hofmann und ich mit unseren Frauen Pizza essen gegangen. Ein No-Go, heute undenkbar“, erzählt Payer. „Aber dann hatten wir einen Lauf, sind ein Jahr lang vor jedem Heimspiel auf eine Pizza gegangen.“
Die Legenden-Tipps für Sonntag? „Ein Remis hilft keinem. Die Negativserie ist im Kopf drinnen“, ist sich Ogris sicher. „Beide Wiener kommen nicht ins Meister-Play-off“, fürchtet Pfeffer. Feurer sieht’s entspannt: „Wir gewinnen 2:0.“ Was ihm schmunzelnd wichtiger ist: „Prohaska hat das Derby gelebt, aber gegen mich hat der Herr Jahrhundert-Fußballer kein Tor gemacht.“ 14 (von 32) Wiener Derbys hat aber selbst Funki mit Rapid seinerzeit verloren.
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