"San S' verärgert"

Böhmdorfer wettert im U-Ausschuss gegen Moser

Österreich
21.05.2012 18:25
Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer hat die Umsiedlung der Gerichte aus der Wiener Riemergasse in das heutige Justizzentrum Wien Mitte - damals Projekt "CityTower" - und die Provision an den Makler Ernst Karl Plech verteidigt. Gleich zu Beginn seiner Befragung pochte Böhmdorfer am Montag im U-Ausschuss darauf, dass die vorübergehende Vorsitzende Gabriele Tamandl Filmen und Fotografieren unterbinden solle, wie es in der Verfahrensordnung vorgesehen sei. Im Anschluss schoss Böhmdorfer dann scharf gegen die Ausschussvorsitzende Gabriela Moser.

Er warf der Abgeordneten vor, dass sie ihn in einem Zeitungsinterview nahe der Untreue bezichtigt habe. "Ich kämpfe hier um meine Reputation." Moser hätte den "gesetzlich entstandenen" Provisionsanspruch des Maklers Plech nicht verstanden, er habe den Anspruch halbiert, sagte Böhmdorfer.

Böhmdorfer mit "reinem Gewissen"
In seinem Eingangsstatement meinte Böhmdorfer, dass er "ein reines Gewissen" habe. "Ich bin interessiert daran, den Vernaderungen Fakten gegenüberzustellen." Nach seinem Amtsantritt wollte Böhmdorfer "Erledigungen statt Diskussionen" voranbringen. Das damals favorisierte Projekt Rennweg für die Umsiedlung der Gerichte aus der Riemergasse kam für Böhmdorfer nicht infrage, "weil zu wenig repräsentativ und keine ausreichende Infrastruktur" vorhanden gewesen sei.

"Karten waren neu gemischt"
Das Projekt "CityTower" wurde 1999 vom Justizministerium unter Minister Nikolaus Michalek verworfen, weil eine Flächenwidmung und Baubewilligung gefehlt hatten. Als Deadline für die Lösung des Problems Riemergasse war Anfang 2003 geplant, sagte Böhmdorfer am Montag aus. Ende 2000 waren die Riemergasse 4 und 7 ins Eigentum der Bundesimmobiliengesellschaft übergegangen, die Justiz wurde plötzlich Mieter des Gebäudes. "Damit waren die Karten neu gemischt, durch Kündigung konnte das Gebäude verlassen werden", so Böhmdorfer, der das Projekt "CityTower" nach eigenen Angaben erst durch Plech kennengelernt hatte. "Dieser Standort hat überhaupt keine Vergleichsmöglichkeit - weltweit", so Böhmdorfer.

Auf die Vorwürfe der Grünen-Abgeordneten Moser, dass die Provision ungerechtfertigt gewesen sei, erwiderte Böhmdorfer, dass Plech durch die Information über das Projekt einen gesetzlichen Provisionsanspruch von drei Monatsmieten erworben hätte. Er selber habe die Provision auf 1,5 Monatsmieten herunterverhandelt, so Böhmdorfer. "Ich kann Gesetze nicht aus der Welt schaffen, vor allem nicht als Justizminister", so Böhmdorfer. "Plech hätte klagen können und wir hätten verloren."

Die Provision sei nicht zu umgehen gewesen. Ob sie bestand, sei keine Meinungsfrage, wetterte Böhmdorfer in Richtung Moser und fügte hinzu, dass es eine Schande wäre, "wenn ein Justizminister die Judikatur nicht kennt". Auch die Miete für den "CityTower" sei nicht überhöht gewesen, so Böhmdorfer. Sie wäre in etwa in der Mitte zwischen der Miete für die Riemergasse 4 und 7 gelegen, bei 12,60 Euro pro Quadratmeter.

Böhmdorfer zu Moser: "Jetzt san S' a bisserl verärgert"
Nach der Vorlage eines Dokuments Mosers regte sich Bömdorfer wieder über die Grünen-Abgeordnete auf. "Was wollen Sie aus dieser Urkunde? Sagen Sie mir wenigstens den Absatz, den Sie meinen", verlangte Böhmdorfer. Er habe unter anderem auch ein Vorkaufsrecht für das Justizzentrum herausverhandelt, schilderte der Ex-Justizminister und meinte zu Moser: "Jetzt san S' a bisserl verärgert."

Der ehemalige Sektionsleiter Hermann Germ habe damals die Finanzierung des Projekts geprüft. "Es hat dazu keine bessere Alternative gegeben", verteidigte Böhmdorfer eindringlich seine "geborene Idee". Auf die Frage des ÖVP-Abgeordneten Erwin Hornek nach der Leistung von Walter Meischberger erklärte Böhmdorfer, dass er keine Kontakte mit Meischberger hatte. Er könne zu dessen Leistung nichts sagen. Das letzte Mal habe er vor mehreren Jahren Kontakt gehabt.

Plech kassierte doppelte Provision
Ernst Karl Plech kassierte beim "CityTower" gleich zweimal Provision: Vom Mieter, dem Justizministerium, flossen über 700.000 Euro, und vom Vermieter, dem Baukonzern Porr, erhielt er 520.000 Euro - netto. Insgesamt erhielt Plech also rund 1,2 Millionen Euro Provision, von der er an Walter Meischberger über 500.000 Euro weitergab. Warum Meischberger fast die Hälfte der Plech-Provision erhielt, darüber konnte Böhmdorfer keine Auskunft geben.

Auch von der Doppelmaklerschaft Plechs habe er damals nichts gewusst, sondern erst später erfahren. Im Wirtschaftsleben und gerade bei Maklern sei dies zwar nicht der Regelfall, komme aber immer wieder vor, meinte Böhmdorfer. Für das Entstehen eines Provisionsanspruchs sei die Doppelvertretung, also die Vertretung sowohl des Mieters als auch des Vermieters durch denselben Makler, ohnehin rechtlich egal.

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