Kompakt und modular

„DACling“: TU-Wien-Gerät filtert CO2 aus der Luft

Elektronik
09.12.2022 08:31

Zu viel CO2 in der Luft verursacht Erderwärmung. Forschende der TU Wien haben nun ein Kühlschrank-großes Gerät entwickelt, mit dem der Klimakiller aus der Luft gefiltert und gespeichert werden kann. Die dafür nötige Forschung wurde und wird vom US-Investor Peter Relan finanziert, der auf umfangreiche Anwendungen hofft. Uni-Professor Hermann Hofbauer verweist darauf, dass das von seinem Team gebaute Gerät von ganz klein bis ganz groß skalierbar ist.

„Wir bauen den PC für die CO2-Abscheidung“, sagt Relan unter Verweis darauf, dass es bisher nur Großanlagen im industriellen Maßstab gibt. Das von der TU als Prototyp gebaute Gerät könne man hingegen auf einen Anhänger stellen und überall hin transportieren oder auch in die Klimaanlage eines Betriebs integrieren. Durch die modulare Bauweise können aber auch beliebig viele Geräte kombiniert und so eine Großanlage aufgebaut werden. Die Kosten werden, wenn das Produkt in etwa zwei Jahren marktreif ist, vergleichbar mit bisherigen Technologien sein.

CO2 fressendes Entenküken
Das TU-Gerät holt CO2 aus der Umgebungsluft, wo es relativ wenig konzentriert ist. Auf Englisch heißt die Technologie „Direct Air Capture“ (DAC). Davon abgeleitet sollen die TU-Geräte „DACling“ heißen. Die klangliche Anspielung auf „Duckling“, also Entenküken, ist gewünscht, Relan will sein Gerät so präsent machen wie ein iPhone oder zumindest ein Solarpaneel.

Während üblicherweise jahrelang geforscht wird, bevor die Umsetzung erfolgt, wurde in diesem Projekt der erste Prototyp innerhalb eines Jahres gebaut. Nun folgen erst Feldforschung unter unterschiedlichsten Bedingungen und die Optimierung der Abläufe, so Hofbauer. Möglich sei das nur gewesen, weil sein Team gemischt sei aus Studenten, die im Labor die Prozesse entwickeln, aus Technikern, die das Gerät bauen können, und aus Software-Experten, die digitale Simulationen entwickeln. Auch sehr persönliche Umstände hätten geholfen: Der Vater eines Team-Mitglieds hat eine Werkstatt und so konnte das Gerät ohne übliche Wartezeiten rasch umgesetzt werden.

Endprodukt mit Reinheit von über 98 Prozent
Schon jetzt werde praktisch das gesamte CO2 aus der Umgebungsluft abgeschieden und das Endprodukt habe eine Reinheit von über 98 Prozent. Aber im Prozess, bei dem das CO2 bei Zimmertemperatur gebunden und bei 50 Grad für eine Speicherung wieder abgegeben wird, gibt es noch Verbesserungsmöglichkeiten. Außerdem müsse man erst testen, wie sich die Technologie „in Singapur, in der Sahara oder bei Kälte“ bewährt, so Relan.

Relan will zwar den „Kern“ der neuen Technologie mit Patenten schützen und kommerziell nutzen, zugleich sollen aber auch andere Institute die Gelegenheit bekommen, daran zu forschen. Relan will zudem in die Herstellung der „DAClings“ einsteigen - auch in Österreich könnte es eine Produktion geben. Erste Vorgespräche starten gerade.

In Bezug auf die derzeit noch zu hohen Kosten verweist Relan auf Solarstrom: Vor 20 Jahren schien er noch unfinanzierbar teuer, inzwischen sind die Preise auf ein Zehntel gefallen und konkurrenzfähig mit fossilen Energiequellen. Eine ähnliche Entwicklung erhofft er auch für die CO2-Abscheidung. Bis diese Art CO2 zu gewinnen wirtschaftlich konkurrenzfähig - im Vergleich zur CO2-Gewinnung aus fossilen Grundstoffen - ist, wird es aber wohl noch 20 Jahre dauern.

Relan unterstützt Forschung bis 2024
Bisher habe er „einige Millionen“ in das Projekt investiert, sagt Relan. Bis 2024 will er die Forschung jedenfalls weiter unterstützen und seinen finanziellen Einsatz bis dahin verdoppeln. „Über 2024 hinaus habe ich noch nicht geplant“, so Relan. „Wir werden sehen.“ Zwei bis vier Geräte könnten an der TU Wien gebaut und für die Forschung verwendet werden. Die kommerziellen Rechte liegen jedenfalls bei Relan und seinem „YouWeb IV Impact“ Inkubator.

Offen ist in diesem Konzept, was mit dem vielen CO2 geschehen soll, das künftig aus der Luft abgesondert wird. Für Relan ist es ein technisch einfacher zu lösendes Problem, CO2 könne etwa in alten Ölfeldern oder in porösem Gestein gelagert werden. In Österreich geht das derzeit aber nicht, da die CO2-Einlagerung verboten ist, sagt Hofbauer.

Hofbauer hat mit seinem Team bereits im Biomassekraftwerk Simmering die CO2-Reinigung entworfen. Dort ging es aber einerseits um eine industrielle Dimension, andererseits um das Absondern von CO2 an der Quelle, also am Schornstein, wo die Konzentration viel höher ist. Dazu wird es Patente geben, die weitere Umsetzung hat die Firma Shell übernommen.

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