Bruder ging K.o.

„Habe drei Wochen genau diesen Augenblick gesehen“

Sport-Mix
17.09.2022 07:02

Am heutigen Samstag (KroneTV und krone.at übertragen LIVE) findet im Hotel InterContinental die mittlerweile neunte Bounce Fight Night statt. Die österreichischen Boxfans dürfen sich dabei auf ein wahres Spektakel freuen, feiert Aushängeschild Marcos Nader nach nur fünf Monaten sein Comeback im Ring. Den Hauptkampf wird jedoch Stefan Nikolic bestreiten - bei ihm geht’s um den WBC-Gürtel. Sportkrone.at nahm dies zum Anlass und plauderte mit Trainer und Veranstalter Daniel Nader …

Sportkrone.at: Daniel, bevor wir über die anstehende Bounce Fight Night reden, lass uns noch einmal auf die vergangene zurückblicken. Dein Bruder Marcos ging schwer K.o. Kannst du uns einen Einblick in deine damalige Gefühlswelt geben?
Daniel Nader: In dem Moment realisiert man erst, dass man nicht nur Trainer, sondern auch Bruder ist. Natürlich zittert man da noch mehr. Gott sei Dank haben wir ein sehr gutes Team. Auch an dem Abend wurde gleich ein MR in der Privatklinik Döbling durchgeführt und wir haben eine Stunde nach dem Kampf gewusst, dass alles in Ordnung ist.

Marcos hätte ein zweites Mal den EU-Titel holen können, damit Österreichische Sportgeschichte schreiben können. Mit der Niederlage ist allerdings auch sein IBF-Titel futsch …
Sportlich ist natürlich eine Riesenwunde aufgerissen, weil wir auf Platz fünf der Weltrangliste waren - mit einem Schlag ist das alles weg. Auf der anderen Seite: Das ist Sport! Zwischen Sieg und Niederlage ist immer so ein schmaler Grat und auch verlieren muss gelernt werden und gehört dazu. Die Fans haben gesehen, dass es nicht so ist, dass wir Gegner haben, wo eh alles eine ‚gmahde Wiesn‘ ist. Man hat gesehen, dass auch wir verlieren können.

Wärst du bei all deinen Schützlingen so nervös gewesen?
Ja, auf jeden Fall. Ich habe sowas Gott sei Dank noch nicht so oft gehabt, brauch ich auch nicht noch einmal, aber es ist schon etwas, was Spuren hinterlässt. Ich habe mindestens drei Wochen gebraucht, um das zu verarbeiten. Jedes Mal, wenn ich die Augen geschlossen habe, habe ich genau diesen Augenblick, wo das passiert ist, gesehen. Wenn das öfter passiert, na Mahlzeit.

Nun aber zur Gegenwart: Die mittlerweile neunte Bounce Fight Night steht an - was erwartest du dir davon?
Im Grunde genommen geht’s darum, dass wir unsere Boxer in den Ranglisten gut platzieren. Die Gegner haben wir vom Matchmaking her so gewählt, dass alle große Sprünge nach vorne machen, weil die Gegner weiter vorne gereiht sind. Dementsprechend muss jeder über sich hinauswachsen an dem Abend.

Diesmal wird ja Stefan Nikolic den Hauptkampf bestreiten …
Ja, zum bereits zweiten Mal. Derzeit ist er in der unabhängigen Rangliste auf Platz 117. Dieser Kampf um den WBF-Intercontinental-Titel soll uns helfen, unter die Top-100 zu kommen.

Bereits zum vierten Mal findet das Event im Hotel InterContinental, mit ausschließlich geladenen Gästen statt. Wann traut man sich wieder in den freien Verkauf und größere Hallen?
Wir planen, dass wir das ‚InterConti‘ als eine Art Box-Gala nächstes Jahr beibehalten, aber auch ein, zwei Boxveranstaltungen in großen Hallen. Das einzige Problem ist: Wir wissen nicht, ob Corona noch einmal zurückkommt, sich noch einmal Lockdowns ergeben oder Maßnahmen kommen. Solange es so ist, nämlich unsicher, solange müssen wir im InterConti bleiben. Aber wir sind ja auch gerne dort.

Jetzt zu deiner Person: Du bist einer von drei Österreichern, die ein sogenannter „Drei-Sterne-Trainer“ sind. Was dürfen sich unsere Leserinnen und Leser darunter konkret vorstellen?
Im Boxen ist der internationale Weltverband olympisch. Die Standpunkte, wo man die Trainer-Ausbildungen macht, sind in Assisi/Italien und in Almaty/Kasachstan. Ich habe mehrere Schritte machen müssen. Wir waren immer um die ein, zwei Wochen auf Lehrgang. Erst dann bekommst du deine Sterne verliehen. Das heißt, dass man auf internationalen Großereignissen im olympischen Boxen seine Leute führen darf. Derzeit ist das die höchste Ausbildungsstufe.

Wie sah eigentlich deine Boxkarriere aus?
Ich war kein Profi, sondern olympischer Boxer, war auch im Nationalmannschaftskader, aber habe keine internationale Medaille bei Großereignissen errungen. Ich war im Olympia-Zyklus ‚Athen 2004‘ und habe es damals nicht geschafft, mich international zu qualifizieren. Zum Glück hatte ich damals einen Sponsor, der Trainerlizenzen für Fitness-Personaltrainer angeboten hat. Bei dem konnte ich jeden Kurs kostenlos machen.

Das war also die Initialzündung für deine Trainer-Karriere?
Da habe ich meine erste Fitnesstrainer-Ausbildung und danach meine Personal-Trainingslizenz gemacht. Eigentlich war ich im Fitnessbereich und habe nebenbei geboxt. Ich habe Boxen aber als Personaltraining angeboten, für Leute, die individuell trainieren wollten. 2005 habe ich ein eigenes Studio gebraucht. So entstand das Bounce mit 355 Quadratmeter - mittlerweile sind es 2500.

Und der Leistungssport ist „passiert“?
In den Anfangszeiten kamen mit den Sportlern meine ersten Testimonials. Dann hat mir der Cheftrainer Leute geschickt. Da war auch immer der Marcos von Kind weg dabei. Auf den habe ich dann besonders geschaut, bezüglich Ernährung und Krafttraining. Irgendwann habe ich zehn Stunden am Tag nur Trainings gemacht, nichts anderes. Damit ist es vom Breiten-/Gesundheitssport immer mehr in den Leistungssport gerutscht, sodass ich innerhalb kürzester Zeit eine Mannschaft gehabt habe. Mittlerweile haben wir in drei Jahren 16 Staatsmeistertitel in der Eliteklasse gewonnen.

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(Bild: KMM)



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