Groß war der Aufschrei im niederländischen Rotterdam, als Anfang Februar die Nachricht die Runde machte, dass für eine Superjacht von Amazon-Gründer Jeff Bezos die historische Koningshaven-Brücke zumindest teilweise demontiert werden soll. Offenbar zu groß. Aus Angst vor Vandalismus gab die zuständige Werft die Pläne Anfang Juli auf. Nun wurde das Schiff mit der Modellbezeichnung „Y721“ in einer Nacht-und-Nebel-Aktion heimlich in eine andere Werft gebracht.
Die Koningshavenbrug, den Rotterdammern als „De Hef“ bekannt, wurde 1927 eröffnet und spielte seitdem eine zentrale Rolle in der Geschichte der Stadt. Während der Bombardierung Rotterdams im Mai 1940 wurde die Hebebrücke schwer beschädigt, ein weiteres Mal 1978, als ein Schiff sie rammte. Doch Vorhaben, die einstige Eisenbahnbrücke abzureißen, scheiterten am Protest der Bevölkerung. Seit dem Jahr 2000 gilt die drei Jahre zuvor renovierte Brücke daher als „Rijksmonument“ und steht unter Denkmalschutz.
Für Bezos‘ Superjacht sollte „De Hef“ aber zumindest teilweise demontiert werden: Der 127 Meter lange Dreimastschoner wurde bis dato in der Oceanco-Werft in Alblasserdam gebaut, war aber zu groß, um unter der Brücke hindurchzukommen, wenn der Mittelteil auf seine volle Höhe angehoben wird. Der Amazon-Gründer und die Werft hatten sich daher an die Stadtverwaltung gewandt, um die Brücke vorübergehend auf ihre Kosten abzubauen. Dort schien man der Bitte zunächst auch nachkommen zu wollen, hatte die Rechnung jedoch offenbar ohne die Bevölkerung gemacht.
Rotterdamer drohten mit Eier-Bewurf
Die störte sich nämlich gewaltig daran, dass das Denkmal für das Spielzeug des laut „Forbes“ mit geschätzten 163 Milliarden US-Dollar drittreichsten Menschen der Welt hätte auseinandergenommen werden müssen. Die Wut traf laut einem Bericht der niederländischen Zeitung „Trouw“ vor allem Oceanco, weshalb der Schiffbauer die Stadt Rotterdam Anfang Juli darüber informierte, dass er seine Pläne vorerst aufgebe. Infolge der Berichterstattung hätten sich die Mitarbeiter der Werft bedroht gefühlt, das Unternehmen befürchtete Vandalismus. Zuvor hatten Tausende Rotterdamer damit gedroht, Bezos‘ Superjacht bei einer möglichen Durchfahrt mit Eiern zu bewerfen.
In Nacht- und Nebelaktion in andere Werft transportiert
Stattdessen wurde das unfertige Schiff nun heimlich, still und leise in eine andere Werft gebracht, wie der deutsche „Spiegel“ erfuhr. Hanco Bol vom Jachten-Fanclub „Dutch Yachting“, der das Geschehen live beobachtete und ein Video davon auf YouTube veröffentlichte (siehe oben), schilderte dem Nachrichtenmagazin, dass die Yacht in der Nacht auf Dienstag zwischen 1 und 3 Uhr morgens „ungewöhnlich schnell“ in die Greenport-Werft geschleppt worden sei. Normalerweise würde ein Transport auf der gewählten Route fast doppelt so lang brauchen, so Bol.
Diese führte demnach auch nicht durch die Rotterdamer Innenstadt und unter der Konigshaven-Brücke hindurch, sondern über die „längere, dunklere Südwest-Strecke“, so der „Spiegel“ - wohl um unnötige Aufmerksamkeit zu vermeiden. „Ich glaube, das war Absicht“, sagte Bol dem Magazin. „Als ich auf einer der Brücken stand, richteten sie einen Suchscheinwerfer auf mich, sodass es für mich nicht einfach war, Fotos zu machen.“
Für Oceanco dürfte die Fertigstellung der mutmaßlich 430 Millionen Euro teuren Superyacht mit der Verlegung laut Bol nun aufwendiger geworden sein. Mitarbeiter und Ausrüstung müssten jetzt an zwei verschiedenen Orten untergebracht werden. Hinzu komme, dass das Schiff nach einer ersten Erprobung auf See für etwaige Nachjustierungen nicht in die ursprüngliche Werft zurückkehren könne - mit ihren Masten wäre der Weg dorthin verschlossen, hieß es.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.