Überall Mikroplastik

21.200 Tonnen Reifenabrieb in Österreich pro Jahr

Motor
09.11.2021 22:59

Autos belasten die Umwelt nicht nur durch das, was aus dem Auspuff kommt, oder - bei E-Autos - durch das, was bei der Produktion an die Luft abgegeben wird. Allen Kraftfahrzeugen gemein ist, dass sich ihre Reifen stark abreiben, in Form von Mikroplastikpartikeln. Rund 21.200 Tonnen an solchem Plastikstaub landeten im Jahr 2018 auf Österreichs Straßen. Das meiste davon stammt von Lkws.

(Bild: kmm)

Das ist das Ergebnis einer neuen Berechnung, die Forscher der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien nun im Fachmagazin „Evironmental Pollution“ vorstellen. Besonders schädlich sind kleine Abriebreste, die in die Lunge gelangen können. Immerhin 600 Tonnen an Partikeln kleiner als fünf Mikrometer und neun Tonnen in Nanometer-Bereich beschert demnach vor allem der Lkw-Verkehr dem Land.

Wissenschaftler um Florian Part vom Institut für Abfallwirtschaft an der Boku hefteten sich im Rahmen ihrer Studie an die Fersen des Reifenabriebs im Transitland Österreich. Auf stattliche 2,4 Kilogramm jährlich pro Person und Jahr kommt man demnach hierzulande. Dass dieser Wert nicht annähernd durch den Abrieb bei einem durchschnittlich viel gefahrenen Familienauto erreicht werden kann, liegt auf der Hand. Den Analysen zufolge verliert ein acht Kilogramm schwerer Reifen in drei Jahren und auf 60.000 Kilometern Strecke in etwa ein Fünftel seiner Masse. Für ihre Studie bezogen die Forscher erstmals „alle Kfz-Klassen inklusive Transitverkehr mit ein“.

Viel von Lkw, aber auch Pkw belasten
Lkw tragen mit einem 57 Prozent-Anteil am stärksten zur Staubpartikelproduktion bei, dahinter folgen Pkw mit 41 Prozent. Für den kleinen Rest zeichnen vor allem Busse verantwortlich. Motorräder, Mopeds oder Fahrräder fallen hier wenig ins Gewicht, heißt es in der Arbeit. Immerhin in etwa 60 Prozent der gesamten Mikroplastikemissionen im Land gehen laut der Materialflussanalyse für Fahrzeugreifen auf den Straßenverkehr zurück.

Als Mikroplastik zählen demnach Plastikpartikel mit einer Größe von unter fünf Millimetern Durchmesser. In die Lunge und in weiterer Folge in die Blutbahn gelangen die Feinstaub- und Ultrafeinstaubteile umso leichter, je kleiner sie sind. In den Bereich der Nano-Plastikteilchen fallen laut der Analyse 0,3 Prozent des Abriebs.

Abseits der Gummipartikel gelangen auch Reifeninhaltsstoffe wie Additive, Füllstoffe und vor allem Industrieruß im Ausmaß von geschätzten 5500 Tonnen jährlich in die Umwelt. „Studien haben gezeigt, dass diese Nanopartikel über die Atemwege bei schwangeren Frauen sogar bis zum Fötus gelangen können“, sagte Part. Abbauprodukte mancher Reifenadditive können im Körper zudem wie Hormone wirken. Wie genau sich derartige Stoffe auf die Umwelt und im Menschen auswirken, sei vielfach noch nicht geklärt, so die Wissenschaftler, die in weiteren Arbeiten Anreicherungseffekte in Böden sowie in Fluss- und Seesedimenten simulieren wollen.

Wege zur Vermeidung
Zur Vermeidung von Reifenabrieb könnten möglichst robuste Reifen beitragen. Nicht zuletzt „müssten die Menschen generell weniger Auto fahren, da der Individualverkehr weiter zunehmen wird“, so Part, der auch auf den Beitrag des Fahrstils und der Straßenbeschaffenheit hinweist. Selbst wenn sich der Lkw-Verkehr zunehmend auf die Schiene verlagern würde, gehe der Trend beim Pkw-Verkehr weiter nach oben, wie Prognosen zeigen. Das Ausrollen der E-Mobilität werde hier kaum einen Effekt zeitigen, da Elektroautos vermutlich mindestens den gleichen Abrieb produzieren, wie herkömmliche Pkw. Möglicherweise sogar mehr, weil bei E-Autos schon aus dem Stand sehr hohes Drehmoment zur Verfügung steht, was beim Anfahren auch versehentlich zu mehr Schlupf führen kann als bei Verbrennerfahrzeugen.

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(Bild: kmm)



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