Sichtlich genervt

Kartnig vor Gericht über Schwarzgeld, Verträge, Tricks

Fußball
11.03.2011 14:06
Im Grazer Straflandesgericht ist am Freitag der Prozess gegen Ex-Sturm-Graz-Präsident Hannes Kartnig und sieben weitere Beschuldigte fortgesetzt worden. Die Verhandlung, in der es unter anderem um schweren Betrug und Abgabenhinterziehung rund um den steirischen Bundesligisten geht, war am Donnerstag eröffnet worden (siehe Infobox). Am Freitag betrat nun Hannes Kartnig selbst den Zeugenstand. Der ehemalige Fußball-Zampano sprach offen über Schwarzgeld, Spielerverträge, diverse "Serviceleistungen" für Kunden - und wies am Ende sichtlich genervt den Betrugsvorwurf vehement von sich.

Hannes Kartnig (59) hatte sich bereits am Vortag in Bezug auf die Steuerhinterziehung für schuldig bekannt, allerdings nicht in der angeklagten Höhe von insgesamt 10,2 Millionen Euro, sondern nur für rund zwei Millionen Euro. Zu den restlichen Vorwürfen schweigt er oder fühlt sich nicht schuldig.

Kartnig war 1992 als Präsident zu Sturm gekommen. "Sie haben mich gedrängt, ich soll ihnen helfen, und ich wollte, dass einmal ein Grazer Klub Meister wird", erklärte der Angeklagte. Geldprobleme habe es damals schon gegeben, Schwarzgeld ebenso. "Ist es richtig, dass Schwarzgelder aus den Eintrittskarten für die Schwarzzahlungen an die Spieler verwendet wurden?", interessierte sich Richter Karl Buchgraber. Kartnig: "Das war das Modell, dass es immer gegeben hat."

Spielerveträge per Hand "korrigiert"
Bei den Spielerverträgen wurde "brutto" durchgestrichen und mit der Hand "netto" darübergeschrieben und ein Teil der Summe unter der Hand bezahlt. "Ich hab gewusst, dass das ein Finanzvergehen ist, aber ich hab gedacht, wenn wir erwischt werden, setzen wir uns zusammen und einigen uns", beschrieb Kartnig.

2001 hatte Sturm Graz dank Einnahmen aus der Champions League rund acht Millionen Euro über, die aber sofort in neue Spieler investiert wurden, darunter Rekord-Flop Charles Amoah und Mario Haas, der aus Straßburg zurückgeholt wurde. "Dann war ja alles weg", meinte der Richter. "Aber wir brauchten Spieler", rechtfertigte sich Kartnig. "Das ist eine andere Philosophie", so der Richter.

Haifische, Casino-Besuche und Politiker
Dann folgten Erörterungen zu privaten Dingen und Kundeneinladungen, die zwar einen Teil des Publikums erheiterten, teilweise aber weder angeklagt waren noch etwas zur Erhellung der Tatsachen beitrugen - wie beispielsweise die Frage nach den beiden Haien, die sich zeitweise in Kartnigs Besitz befanden, oder auch die Casino-Besuche.

Dann kam eine Kundeneinladung nach Ischgl zur Sprache, der auch der damalige Sportlandesrat Gerhard Hirschmann (ÖVP) Folge geleistet hatte. Eine Rechnung wies auch eine Beauty-Behandlung für den Politiker aus. "Blödsinn", polterte Kartnig. Doch für den Richter war das Thema noch nicht erledigt, er wollte mehr über diese Einladung wissen. "Aber nicht unterstellen, dass er uns deswegen Geld gegeben hat, der GAK hat nämlich genauso was bekommen", wehrte sich Kartnig gegen mögliche Unterstellungen in Bezug auf Bestechung.

"Der Dr. Hirschmann ist ein Ehrenmann, der nimmt nichts", so der Angeklagte. "Haben Sie ihn einmal gefragt?", hakte der Staatsanwalt ein. "Das ist untergriffig", wehrte sich Verteidiger Richard Soyer gegen diese Art der Befragung.

Betrugsvorwurf: "In keinster Weise schuldig"
"In keinster Weise schuldig" fühlte sich Hannes Kartnig in Hinblick auf den schweren Betrug. Dabei ging es um Geld, das aus dem Eintrittskartenerlös nicht auffindbar war, um nicht bezahlte kleinere Rechnungen und um den Versuch, vom Land Steiermark eine Ausfallhaftung für einen Kredit zu bekommen. Detaillierte Angaben wollte er zu den meisten Vorfällen nicht machen: "Ich war nicht dabei, ich kann mich nicht um alles kümmern."

2,4 Millionen Euro wurden laut Ankläger allein bei den Erlösen der Eintrittskarten einbehalten und nicht in der Buchhaltung angegeben. Damit seien Spieler bezahlt worden, das sei so üblich gewesen, so Kartnig. Er selbst sei allerdings nie dabei gewesen, wenn das Geld nach einem Spiel ausbezahlt bzw. auf ein Bankkonto transferiert worden war. 409.000 Euro davon sind überhaupt verschwunden und werden Karting als schwerer Betrug angelastet. Das ließ der Ex-Präsident nicht auf sich sitzen: "Ich hab nie Geld genommen von Sturm, ich habe nur Millionen hineingesteckt", erregte sich der Angeklagte.

"Ich habe gar nichts verschwiegen!"
2006 wurde versucht, mithilfe einer Ausfallhaftung vom Land Steiermark einen Kredit über 1,2 Millionen Euro zu bekommen. Auch hier fühlte sich der 59-Jährige nicht schuldig. "Aber Sie haben dem Land verschwiegen...", setzte der Richter an. "Ich habe gar nichts verschwiegen!", unterbrach ihn Kartnig genervt. "Ich habe niemanden getäuscht, weil ich gar nicht dabei war", meinte er weiter. Da keine Bank das Geld geben wollte, wurde die Ausfallhaftung letztlich gar nicht benötigt.

Gutachter Fritz Kleiner führte an, dass der SK Sturm bereits 2002 zahlungsunfähig gewesen sei. "Wir hatten Liquiditätsprobleme, aber wir waren nicht zahlungsunfähig", stellte Kartnig klar. "Ich hätte jederzeit Spieler verkaufen können", erklärte er. "Warum haben Sie das nicht getan?", fragte der Richter. "Weil's nicht nötig war", war der Beschuldigte immer noch überzeugt, bevor er grantig und sichtlich aufgebracht den Saal verlassen durfte.

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(Bild: KMM)



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