Digitaler Dauerstress

Unser Smartphone: Die Königin der Ablenkung

Digital
17.05.2021 06:00

Das Mobiltelefon kommt so klein daher, ist aber in Wahrheit so etwas wie ein Scheunentor für Ablenkung & Dauerstress.

Morgens nach dem Aufstehen, abends vor dem Einschlafen, unterwegs und in der Arbeit. Das Smartphone ist unser ständiger Begleiter – und stiehlt uns Zeit und Aufmerksamkeit. Es passiert leicht, dass wir uns ständig bei unseren Tätigkeiten unterbrechen lassen. Oder dass sich die kleine Ablenkung so in die Länge zieht, dass wir die Zeit für andere wichtige Dinge übersehen.

Königin der Ablenkung
Studien zeigen, dass unser Smartphone die Königin der Ablenkung geworden ist. Menschen lenken sich ja immer gern ab. Sei es von Anstrengungen, schlechten Gefühlen oder einfach von Langeweile. Das hat auch damit zu tun, dass die Apps und Social-Media-Angebote darauf programmiert sind, uns süchtig zu machen. Denn unser Gehirn schüttet das Glückshormon Dopamin aus, wenn wir eine schöne Begegnung erwarten, etwas zum Lachen oder Anerkennung. Die Erwartung auf ein Like und die Neugier auf das Leben der anderen triggert diesen Mechanismus in ausgeklügelter Weise und macht die sozialen Medien so unwiderstehlich.

Psychologen sprechen schon davon, dass wir eine regelrechte Online-Wachsamkeit entwickelt haben. Wer sein Smartphone daheim liegen lässt und unterwegs ist, fühlt sich unwohl. Nicht ständig erreichbar zu sein macht uns zunehmend Probleme. Probanden zeigten im Zuge einer Studie etwa erhöhten Herzschlag und Blutdruck, wenn sie das blinkende Smartphone nicht in die Hand nehmen durften.

Daten und Fakten

Nur weil es weit verbreitet  ist, permanent aufs Smartphone zu schauen, ist es längst nicht „normal“ - und schon gar nicht gesund. Jeder Fünfte checkt mehr als 100-mal am Tag das Handy und unterbricht dafür alle 10 Minuten jede andere Tätigkeit. Studien weisen darauf hin, dass der ständige Griff zum Smartphone unzufrieden macht, Stress verursacht und sogar zu psychischen Erkrankungen wie Angststörungen führen kann. Laut einer Studie der TU München haben 85 Prozent ihr Smartphone immer griffbereit, 25 Prozent tragen es rund um die Uhr am Körper. Wollen Sie genau wissen, wie viel Zeit Sie am Bildschirm verbringen und welche Anwendung Sie wie oft nützen? Apps wie Moment, Offtime oder Checky helfen, die eigene Nutzung zu beobachten. Meistens sind die Zeitfresser WhatsApp, Signal, Instagram oder Facebook.

Mobiltelefone können süchtig machen
Immer mehr Menschen berichten, dass sie durch die ständige Verfügbarkeit und die vielen Apps oft nicht zu den wesentlichen Aufgaben kommen bzw. diese nur unzureichend erledigen. Die ständigen Unterbrechungen des Alltags führen zu Unruhe, Gereiztheit und Stress.

Besorgniserregend: Facebook, Instagram und Co. rauben Jugendlichen den Schlaf. Jeder fünfte Teenager wacht nachts auf, um die Social-Media-Accounts zu checken. Das zeigt eine britische Studie.

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Nach einer gewissen Zeitspanne fühlen wir so etwas wie den inneren Drang, nachzuschauen.

Autorin Carola Kleinschmidt

„Weil wir über die sozialen Medien beispielsweise ständig wie auf einer Party in Kontakt mit anderen Menschen sind, hat sich in unserem Denken und Fühlen eine Erwartung etabliert: Nach einer gewissen Zeitspanne fühlen wir so etwas wie den inneren Drang, nachzuschauen“, betont Autorin Carola Kleinschmidt (s. u.). „Unnötig zu sagen, dass die Entwickler dieser Plattformen diese Verhaltensmarotten des Menschen bewusst nutzen, um uns an der kurzen Leine mit den Programmen verbunden zu halten.“

Tipps und Tricks

Entschleunigung, digitales Fasten, abschalten, bewusster leben: Digital Detox. Einfach einmal offline zu sein fällt immer mehr Menschen zunehmend schwer. Es lohnt sich, ab und zu Funkstille zuzulassen. Viele starten mit wenigen Stunden, andere nehmen sich die Freiheit für längere digitale Auszeiten. So wird man wieder Herrin oder Herr über die eigene Zeit! Lassen Sie  der Natur den Vorrang vor der Technik. Zu Hause Smartphone-freie Zonen einrichten, das Handy bei der Arbeit in der Tasche lassen und konkrete Zeiten festlegen, wann es benutzt wird. Am Ende gewinnt man so Zeit für andere Dinge. Eine Stunde vor dem Schlafengehen hat das Ding Sendepause und bleibt bis eine Stunde nach dem Aufwachen aus. So beginnt der Tag gleich viel entspannter. Das Smartphone wirklich smart nutzen: Weil online sehr viel gleichzeitig passiert, verlieren wir im Internet schnell das Zeitgefühl - deshalb vorher überlegen, was wir wirklich im Netz wollen. „Offline Adventures“ wie Wanderungen ohne WiFi sind beliebter denn je. Cafés hängen Schilder mit „Wir haben kein WLAN, unterhaltet euch!“ an die Eingangstür. Ein Trend für mehr Lebensqualität.

Autorin Carola Kleinschmidt: „Leben in guter Balance“
Am Ende tragen wir im digitalen Alltag oftmals drei Probleme mit uns: „Zum einen haben wir uns so viel abgelenkt oder im Arbeitsfluss unterbrochen, dass wir mit unseren wichtigen Aufgaben in Zeitdruck geraten und auch subjektiv das Gefühl haben, nicht wirklich etwas geschafft zu haben. Deshalb erlauben wir uns auch keine ordentliche Pause mehr, die unserem Energiehaushalt guttun würde“, erklärt Kleinschmidt in ihrer Neuerscheinung. Am Ende des Tages sind wir deshalb erschöpfter und unzufriedener mit den Ergebnissen. Unser guter Rhythmus ist uns abhandengekommen, betont die zertifizierte Trainerin für Stressbewältigung und Burnout-Prävention.

Zweitens würden wir uns nach der Handyzeit entgegen unseren Erwartungen nicht wohler fühlen, sondern mangelhafter im Vergleich zum vermeintlich strahlenden Leben der anderen. Dieser Frust kann stark belasten. Manche reagieren auch, indem sie die eigene Posting-Rate der schönen Momente im Leben nach oben fahren. Sozusagen Selbstwertreparatur.

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Willenskraft und Selbstkontrolle stehen uns an einem Tag nicht unendlich viel zur Verfügung.

Autorin Carola Kleinschmidt

Und zum Dritten haben wir bis zum Abend auf diese Weise ganz schön viel Willenskraft investiert, „die widerstreitenden Gefühle niederzukämpfen oder nach den Unterbrechungen unsere Konzentration wieder aufzunehmen“. Carola Kleinschmidt: „Das Problem dabei: Willenskraft und Selbstkontrolle stehen uns an einem Tag nicht unendlich viel zur Verfügung. Sie sind wie eine Packung Kekse: irgendwann einfach aufgegessen.“

Susanne Zita
Susanne Zita
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