Sie betreute vor einem Jahr die ersten Covid-19-Patienten Österreichs und leitet die größte Corona-Station in Tirol. Die „Krone“ besuchte die Infektiologin Rosa Bellmann-Weiler und sprach mit ihr über schnellen Erkenntnisgewinn, Irrwege und das Lachen hinter der Schutzmaske.
Viel Freizeit hatte Rosa Bellmann-Weiler im vergangenen Jahr nicht. Die Medizinerin leitet die größte Corona-Station Tirols an der Innsbrucker Klinik für Innere Medizin II und betreute dort vor genau einem Jahr die ersten Patienten.
„Wir mussten sehr schnell sehr viel lernen. Doch die Wissenschaft hat eindrucksvoll bewiesen, was sie kann“, versucht die gebürtige Osttirolerin ein Jahr der Extreme in zwei Sätze zu fassen. 1100 Covid-19-Patienten wurden seit Februar 2020 an der Klinik Innsbruck behandelt, davon 300 auf der Intensivstation. „Wir hatten nur an einem einzigen Tag keinen Corona-Patienten auf der Station“, blickt die Medizinerin zurück und erzählt dann vom Kampf gegen den zuerst unbekannten Feind: „Symptome behandeln – damit haben wir begonnen. Rasch sind wir dann draufgekommen, wie die Erkrankung verläuft: In der ersten Woche spielt das Virus die Hauptrolle, danach die überschießende Entzündungsreaktion. Nach einer Woche kommt es oft zu einem stillen Sauerstoffmangel, den die Erkrankten nicht spüren. Wir haben daraufhin Cortison eingesetzt. Es gab Skeptiker – aber der Erfolg der Behandlung gab uns schließlich recht.“ Schritt für Schritt tasteten sich die Ärzte vor. Schritt für Schritt wuchs das Wissen.
Nach einem Jahr gehört vieles zur Routine
Mittlerweile ist auf der Corona-Station vieles Routine. Man sehe das an den Patienten, erklärt die Leiterin: „Am Anfang hat die Angst vor dem neuen Virus alles bestimmt. Die Erkrankten waren extrem verunsichert. Mit dem Wissen von heute können wir anders aufklären. Das wirkt unglaublich beruhigend.“ Auch der Arbeitsalltag mit Schutzausrüstung und das häufige Hin und Her an der Corona-Schleuse ist kein Aufreger mehr. „Patienten wie Mitarbeiter haben gelernt, Emotionen an den Augen abzulesen.“ Bei diesen Worten lacht die Medizinerin hinter ihrer Maske – man sieht es an den Augen.
„Die Impfung kam früher als erwartet“
Ein Jahr Corona in Österreich. Als Forscherin bewertet Bellmann-Weiler die vergangenen zwölf Monate als „spannende Zeit“. Auch sie habe zuerst geglaubt, dass man das Virus rasch eindämmen könne: „Diese Hoffnung war aber bald dahin.“ Dass es Anfang 2021 bereits eine Impfung geben wird, damit habe sie – wie viele andere – nicht gerechnet. Die Ärztin ist mittlerweile geimpft. „Ich empfinde es als großes Geschenk, als ein Stück wiedergewonnene Freiheit.“
Kein Grippe-Patient in diesem Winter
Wann rechnet Bellmann-Weiler mit einer neuen – oder vielleicht alten – Normalität in unserem Leben? „Wenn ein Großteil der Bevölkerung grundimmunisiert ist“, kommt die Antwort prompt. Was können wir aus der Pandemie lernen? „Zum Beispiel, dass die Maske ein einfacher und sehr effektiver Schutz gegen Viren ist“, sagt die Medizinerin und erzählt dann, dass sie im heurigen Winter keinen einzigen Grippe-Patienten zu betreuen hatte. Und auf was freut sich Bellmann-Weiler heuer? „Auf Theaterabende, auf die erste Reise und Besuche in Osttirol. Vor allem aber auf unbeschwertes Zusammensein mit meiner Enkelin und der ganzen Familie.“
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