Er ist seit einer Ewigkeit und drei Tagen im Ausland engagiert, seine Karriere hat ihn vom LASK etwa zu Sparta Prag, RB Leipzig oder zum Karlsruher SC geführt und nun hält er für den Chemnitzer FC in Deutschlands 3. Liga seine Knochen hin - Niklas Hoheneder ist so etwas wie ein Dauerbrenner unter Österreichs Legionären im Ausland, oftmals unter dem Radar der Heimat, aber immer mittendrin, statt nur dabei. sportkrone.at traf den 33-jährigen Linzer noch vor Ausbruch der Corona-Krise in Chemnitz und sprach mit ihm über die Gegenwart im 3.-Liga-Abstiegskampf, den Höhenflug der alten Liebe LASK und seinen Unfall, der ihm vor einigen Jahren beinahe eine Lähmung eingebracht hätte ...
krone.at: 15 Siege zum Start, 77 Punkte am Ende der Saison nach 34 Liga-Spielen, unangefochten Erster und Aufsteiger - die vorige Spielzeit ist für den Chemnitzer FC eine überragende gewesen. Umso gruseliger müssen die ersten Wochen heuer zum Einstieg in die 3. Liga für euch gewesen sein - oder nicht, Niklas Hoheneder, Kapitän des CFC?
Niklas Hoheneder: Ich sag‘ einmal so: So eine Saison, wie wir sie letztes Jahr gespielt haben, kommt nicht oft vor. Wir waren ein zusammengewürfelter Haufen und umso beeindruckender war es, dass wir so eine Serie hingelegt haben. Aber uns war auch immer bewusst, dass viele Spieler dabei sind, die noch nie 3. Liga gespielt haben - und dass die sich erst einmal an die neue Liga gewöhnen würden müssen. So haben wir halt anfangs einige Punkte liegen gelassen, das wurde dann mit dem Trainerwechsel zum Glück besser …
krone.at: Darauf wollte ich jetzt gerade hinaus: Was hat die Änderung zum Positiven hin beim CFC bewirkt?
Hoheneder: Naja, Patrick Glöckner (der neue Trainer; Anm.), kam mit einem Plan an, den wir vorher nicht so hatten. Er wusste, dass wir die Spieler haben, um das umzusetzen, und er hat uns klipp und klar vorgegeben, an was wir uns halten müssen. Das erste Spiel haben wir dann zwar gleich verloren, aber sehr unglücklich. Das hat uns neues Selbstvertrauen gegeben, wir haben gesehen: Okay, wenn wir diesen Plan verfolgen, dann funktioniert das auch!
krone.at: Wohl auch ein Erfolgsfaktor wird ja auch unser beider Landsmann Philipp Hosiner gewesen sein. Wo wäre Chemnitz ohne ihn, der hier seine Torjäger-Qualitäten wiedergefunden und 16 Tore in 19 Liga-Spielen erzielt hat?
Hoheneder: Das kann man bestimmt ausrechnen, wie viele Punkte das waren, die er uns inzwischen eingebracht hat. Ich war ja in der Mannschaft der Einzige, der ihn bereits von früher kannte - und es war mir schon bewusst, dass er auf jeden Fall einer ist, der uns noch mal einige Tore machen wird. Dass er jetzt so eine Quote hat, ist aber, glaube ich, sogar für ihn überraschend ... (lacht) Wir wussten, dass wir mit ihm echte Qualität holen. Er passt auch super in unser Spielsystem mit einer klaren Spitze hinein. Und eines war mir schon vorab klar: Ich habe zwar nie mit Hosi zusammengespielt, aber oft GEGEN ihn und weiß, dass man ihn im Strafraum echt keine Sekunde alleinlassen darf ...
krone.at: Apropos Torjäger: Zuletzt hast Du auch in zwei aufeinanderfolgenden Partien getroffen und damit im Vergleichszeitraum sogar einmal öfter als Philipp Hosiner. Wirst Du auf Deine alten Tage gar noch zum Torjäger?
Hoheneder: Ja, wäre schön ... (lacht) Aber ich sag‘ einmal so: Ich bin in zwei Spielen in Folge richtig gestanden und dann war es nicht mehr so schwierig, die hinein zu machen. Aber ich bin nicht unbedingt bekannt dafür, der große Torjäger zu sein. Auch in meiner Zeit in Österreich habe ich nicht so viele Tore gemacht. Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, aber ich glaube, es waren nicht viele …
krone.at: Du bist in Deutschland im Südwesten des Landes in Baden-Württemberg bei Karlsruhe, hoch im Norden in Schleswig-Holstein bei Kiel, in Paderborn in Nordrhein-Westfalen und nun beim Chemnitzer FC zum zweiten Mal hier in Sachsen engagiert. Wo war für Dich als gebürtiger Linzer die sprachliche Herausforderung eigentlich am größten?
Hoheneder: (lacht) Wahrscheinlich schon hier in Sachsen! Aber ich habe es dann clever gemacht - und gleich eine Leipzigerin geheiratet (lacht) So konnte ich die Sprache dann besser verstehen …
krone.at: Jetzt habe ich vorhin gerade von „alten Tagen“ gesprochen - und tatsächlich blickst du mit 33 Jahren auf eine lange, bewegte Karriere zurück. Du bist Meister in Österreich und Tschechien geworden, hast 16 Spiele im Europacup absolviert und in Deutschland bis hinauf zur 2. Liga gekickt. Was war für Dich die schönste Zeit in Deiner Karriere?
Hoheneder: Das werde ich oft gefragt, aber ich kann das nicht so recht beantworten … (überlegt) In Prag war es halt schon eine richtig schöne Zeit, da bin ich als junger Kerl hingekommen. Obwohl ich die Sprache nicht konnte und ich mich anfangs generell schwergetan habe, bin ich dann doch reingekommen und sogar Meister geworden - und im Europacup war ich auch dabei. Aber auch die zwei Jahre in Kiel waren wunderschön, mit dem Aufstieg in die 2. Liga und dann der Fast-Aufstieg in die Bundesliga. Die Zeit in Leipzig war aber wahrscheinlich trotzdem die prägendste: Dafür bin ich von Karlsruhe aus der 2. Liga in die Regionalliga zu RB gegangen, wo wir dann den Durchmarsch von der 4. in die 2. Liga geschafft haben. Aber auch vom Privaten her - ich habe mich nicht nur in die Stadt, sondern auch in meine jetzige Frau verliebt. Das war auch der Hauptgrund, warum ich wieder nach Sachsen gekommen bin. Schon mit Blick auf die Zukunft, weil ich hier bleiben will - nach Österreich werde ich länger nicht mehr zurückkommen …
krone.at: Du hast Deine Zeit in Leipzig gerade angesprochen - erfüllt es Dich vielleicht doch auch mit Wehmut, dass Du den letzten Schritt mit Leipzig in Richtung Bundesliga und Europa dann nicht mitgehen hast dürfen?
Hoheneder: Nein, gar nicht! (überlegt kurz) Oder ja, vielleicht am Anfang, gleich zu der Zeit, als ich weggegangen bin. Da habe ich mir gedacht: „Ein Jahr zumindest wäre ich schon noch gerne hiergeblieben!“ Aber man muss dann auch realistisch sein: Ich hatte in meinem letzten Jahr eine schwere Verletzung, die mich drei, vier Monate zurückgeworfen hat, wo die Schäden noch immer zu spüren sind, die mein Spiel verändert hat. Man muss realistisch sein und akzeptieren, dass es immer wieder jüngere, schnellere, bessere Spieler gibt, die dann eben den Vorzug bekommen. Deswegen verspüre ich da keine Wehmut, weil ich würde es wahrscheinlich nicht mehr so gut können.
krone.at: Du hast Deine Verletzung zu deiner Zeit bei RB Leipzig gerade angesprochen. Knallhart gesagt bist Du nur knapp einer Lähmung entgangen. Hast Du nach dieser Erfahrung auch überlegt, den Fußball bleiben zu lassen?
Hoheneder: Tatsächlich, ja! Bei mir war es ja dann auch der Fall, dass das falsch diagnostiziert wurde. Am Anfang hieß es, das sei „nur so ein Ödem in der Wirbelsäule“, dass das nach zwei Wochen weg sein würde und ich wieder spielen könnte. Das war halt leider ein Irrtum - und dann habe ich mir schon Gedanken gemacht: Wie geht es jetzt weiter? Kann ich irgendwann einmal meinen Arm wieder bewegen oder hängt der jetzt für immer einfach nur so da?
krone.at: So schlimm?
Hoheneder: Das war eine harte Zeit! Aber ich hatte ein gutes Umfeld - privat sowieso, aber auch in der Mannschaft haben sich alle wirklich top um mich gekümmert, Physiotherapeuten und Athletiktrainer. Im Nachhinein gewinnt man einen anderen Blickwinkel auf manche Sachen - wenn man Leute sieht, die genau in dem Bereich Beeinträchtigungen haben, schätzt man schon, wie viel Glück man hatte.
krone.at: Themenwechsel: Nicht sonderlich gut in Erinnerung hat man hier in Chemnitz die vergangenen Monate in gesellschaftlicher und politischer Hinsicht. So hat die Stadt 2019 sehr viel negative Publicity abbekommen. Angefangen von einem Mord nach einem Stadtfest und dann anschließenden Hetzjagden auf Ausländer ...
Hoheneder: Natürlich werden da mal alle über einen Kamm geschert - und ich habe auch Anrufe von überall her bekommen, so: „Was ist da los?“ Wie man die Sache dann als Stadt angenommen hat, da war schon gut, dass man sich ganz klar von dem Ganzen distanziert. Dass die Stadt jetzt so einen Stempel hat, tut mir leid für alle, die hier wohnen und ganz normal sind und überhaupt nichts mit dem Gedankengut zu tun haben. Aber ja, jetzt muss wohl ein bisschen Zeit vergehen und viel Wiedergutmachung geleistet werden, damit man den Ruf wieder wegbekommt.
krone.at: Von der Vergangenheit zurück in die Zukunft - du hast mit bald 34 Jahren wohl weniger Jahre im aktiven Fußball vor Dir als hinter Dir. Was hat Niklas Hoheneder für die Zeit danach im Sinn?
Hoheneder: Naja, das ist jetzt wohl gerade so die heiße Phase, wo ich mir dieser Frage bewusst werden und mir Gedanken machen müsste. Aber ich bin einfach noch so in dem Aktiver-Fußballer-Thema drin, ich weiß nicht unbedingt, ob ich der Typ Trainer bin für eine Herren-Mannschaft. Dafür bin ich vielleicht manchmal einfach zu lieb … (lacht) Aber so im Jugendbereich, das könnte ich mir definitiv vorstellen, dass ich den Jungs irgendwie den Spaß am Fußball zeige. Das interessiert mich schon!
krone.at: Ich habe gelesen, dass Deine kleine Familie erstmals seit der Geburt Deiner Tochter Hilda vor 5 Jahren Weihnachten in Deiner alten Heimat Linz gefeiert hat. Von daher die Frage: Weihnachtsmann oder Christkind?
Hoheneder: Das war genau der Grund, warum wir in Österreich gefeiert haben! Wir wollten einfach, dass sie einmal das Christkind kennenlernt - weil das aus meiner Sicht einfach spannender ist als das ganze Thema Weihnachtmann. Wir haben bisher in Leipzig gefeiert und da kommt halt der Weihnachtsmann, das finde ich nicht so spannend. Ich als Kind habe das Christkind verehrt, ich habe es zwar nie gesehen komischerweise, aber ja, das wollten wir ihr halt einfach einmal bieten. Es kam aber nicht so gut an - sie hat Angst bekommen vor dem Christkind und verweigert, hinein zu gehen. Aber okay, sie ist vielleicht auch noch zu klein. Aber gesehen musste sie es mal haben.
krone.at: Apropos alte Heimat: Was sagt man eigentlich als Parade-LASKler zum derzeitigen Erfolgslauf der alten Liebe? Geht einem da nicht das Herz auf?
Hoheneder: Ja, absolut! Es ist wirklich unfassbar, was der Verein … (überlegt) Ich weiß jetzt gar nicht, wie lange das her ist, dass sie noch in der Regionalliga gespielt haben …
krone.at: Fünf, sechs Jahre wird das her sein …
Hoheneder: … und jetzt spielen sie im Achtelfinale der Europa-League gegen Manchester United! Das ist einfach unfassbar! Da sieht man, dass außen herum viel, sehr, sehr viel richtig gemacht wurde, von der Führung, von den Leuten, die da am Rad drehen - und natürlich auch von den Spielern. Da gehen mir eigentlich die Superlative aus für das, was die da gerade aktuell machen. Okay, im Pokal sind sie gegen Salzburg ausgeschieden, aber sie sind so eine stabile Mannschaft, dass ich ihnen auch den Meistertitel zutraue dieses Jahr.
krone.at: Kurioserweise war der LASK zum bisher letzten Mal derart tief und langwierig im Meisterkampf in Österreich drinnen, als Du noch Deine Knochen für den LASK hingehalten hast. Erinnerst Du Dich?
Hoheneder: Ja! Das war gleich das Aufstiegsjahr, nicht? 2007/08 unter Trainer Karl Daxbacher, mit Ivo Vastic, Michi Baur, Christian Mayrleb und wie sie alle hießen. Das war schon eine schöne Zeit dort, das muss ich schon sagen, da denke ich ganz gerne zurück an die Spiele auf der Gugl. Und dann noch als Aufsteiger so ein Riesenlauf, bis fünf, sechs Runden vor Saison-Ende - da kam dann leider der Einbruch. Ich weiß gar nicht mehr, sind wir 5. oder 6. geworden?
krone.at: Ihr seid sogar noch aus dem Europacup herausgefallen …
Hoheneder: Genau, ja! Ich weiß noch, der Knackpunkt war das Spiel zu Hause gegen Rapid, die ja am Ende auch Meister wurden. Das haben wir knapp mit 1:2 verloren, das war der Moment, wo wir gesehen haben: „Jetzt ...“
krone.at: „… ist es aus!“
Hoheneder: Na ja, aus war es noch nicht. Aber Rapid war zu der Zeit einfach so stabil, dass sie das dann durchgezogen haben bis zum Schluss. Und wir haben stattdessen einen Einbruch gekriegt …
von Hannes Maierhofer (in Chemnitz - vor Ausbruch der Corona-Krise)
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