WM-Nachwehen

Henry nach WM-Aus: “Ich fühlte mich ausgegrenzt”

WM 2022
26.06.2010 11:58
Das Debakel der französischen Nationalmannschaft bei der WM in Südafrika hat ein Nachspiel. Das Sportministerium werde eine Untersuchung einleiten und alle Spieler anhören, bestätigte Teamkapitän Patrice Evra am Freitag. Superstar Thierry Henry wollte wohl nicht darauf warten und erklärte in einem Interview, er habe sich ausgegrenzt gefühlt. Am 2. Juli soll nun der Vorstand des französischen Verbandes (FFF) tagen, um die Vorkommnisse aufzuarbeiten.

Neben dem scheidenden Teamchef Raymond Domenech, der von Laurent Blanc beerbt wird, steht auch FFF-Präsident Jean-Pierre Escalettes in der Kritik. Sportministerin Roselyne Bachelot hat einen Rücktritt des langjährigen Verbandsbosses als "unvermeidbar" bezeichnet. Auch Präsident Nicolas Sarkozy sprach sich dafür aus - längst hat sich die WM-Blamage samt Spielerrevolten und Out in der Gruppenphase zu einer Staatsaffäre ausgeweitet.

Henry: "Habe mich abgelehnt gefühlt"
Ex-Kapitän Henry stellte sich am Freitag nach der Rückkehr aus Südafrika als erster Spieler nach Evra den Medien. Der 32-jährige Stürmer hatte sportlich kaum eine Rolle gespielt, vermochte das Team aber auch als Führungspersönlichkeit nicht mehr zusammenzuhalten. "Das bin ich nicht mehr. Ich habe mich abgelehnt gefühlt, man hat nicht mehr mit mir gesprochen wie früher", beschwerte sich der Rekordtorschütze in einem Interview mit "Canal+".

"Früher hat man mit mir gesprochen. Aber in dem Moment, wo man keine Glaubwürdigkeit in der Gruppe mehr hat, wird es schwierig", betonte Henry. "Ich fühlte mich ausgegrenzt. Das ist ein schwerer Schlag für den Stolz eines Mannes." Der Stürmerstar des FC Barcelona ist mit 123 Länderspielen nicht nur Rekordteamspieler, sondern mit 51 Toren auch Rekordtorschütze der "Equipe Tricolore". In Südafrika war er allerdings nur zweimal eingewechselt worden.

Evra entschuldigt sich für Trainingsboykott
Evra entschuldigte sich für den Trainingsboykott des Teams vor dem abschließenden Gruppenspiel gegen Südafrika als Reaktion auf den Rauswurf Nicolas Anelkas, der Domenech zuvor in der Kabine obszön beschimpft hatte. "Das war eine Entscheidung der Gruppe", betonte der Verteidiger von Manchester United. "Es tut uns wirklich leid, wir sind sehr niedergeschlagen. Wir bedauern die soziale Wirkung, die unser Handeln gehabt hat."

Domenech hatte Evra zum Abschluss gegen Südafrika auf die Bank gesetzt und dem Neo-Kapitän öffentliche Auftritte untersagt. "Das war das erste Mal in meinem Leben, dass ich nicht sagen durfte, was ich wollte", betonte Evra. "Das hat sehr weh getan." Offene Kritik am Teamchef vermied der 29-Jährige allerdings. Nachfolger Blanc werde trotz der Vorfälle eine "wirklich zusammengeschweißte Mannschaft" vorfinden, meinte Evra.

Henry: "Haben viel gescherzt"
Auch Henry wies Berichte über Raufereien und Beschimpfungen in der Nationalelf zurück. "Ich persönlich habe keine Rangelei gesehen", sagte Henry am Freitagabend. "Ich habe nicht gesehen, dass irgendjemand irgendwen unter Druck gesetzt hat." Auch Yoann Gourcuff sei nicht isoliert gewesen. Es habe keine Clans gegeben. "Wir haben viel gescherzt." Aber er habe nicht alles gesehen.

Henry bestritt auch, dass Nicolas Anelka die von der Sportzeitung "L'Équipe" zitierten Schimpfworte gebraucht habe, wegen denen er vorzeitig nach Hause geschickt worden war. "Das sind nicht Nicos Worte", sagte er. Es sei ihm unverständlich, wie Journalisten draußen das hören könnten. "Ich habe es in der Kabine nicht einmal geschafft zu verstehen, was er gesagt hatte. Er hat gebrummelt." Anelkas Bestrafung fand Henry zu hart. Man hätte ihn von der WM ausschließen können, "aber er bleibt bei uns".

Auf die Frage, ob Anarchie in der Mannschaft geherrscht habe, sagte Henry: "Der Trainer war da. Er hat geleitet. Es gibt einen Trainer, der Entscheidungen fällt, und die muss man respektieren." Der Beschluss zum Trainingsboykott sei in der Gruppe gefallen. "Wenn man mit Abstand die Folgen sieht, sage ich: Ja, das war ein Fehler." Er wünsche sich, "dass die Menschen die Nationalmannschaft weiter unterstützen", sagte Henry. "Ich werde immer eine Gänsehaut haben, wenn ich die Marseillaise höre."

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(Bild: KMM)



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