Musik für Reisen

„Ur-Ahn“ des Smartphones: Der Walkman wird 40

Elektronik
01.07.2019 10:07

Manche Erfindungen sind so erfolgreich, dass sie es als Markenname bis ins Wörterbuch schaffen. Der Föhn, die Aspirin und das Tempo zum Beispiel. Doch wohl keine Erfindung hat sich so tief in den Wortschatz der Postmoderne gebrannt wie der Walkman. Der kleine Kasten, der vor 40 Jahren am 1. Juli 1979 international eingeführt wurde, war schon nach kürzester Zeit ein Must-have für jeden Jugendlichen. Millionen junger Menschen in der westlichen Welt kapselten sich plötzlich ab. Dazu reichten zwei schaumstoffbezogene Kopfhörer am Bügel. Später steckte man sie als Stöpsel ins Ohr.

„Das war schon ein Paukenschlag, wenn man so will“, sagt Roland Stehle vom deutschen Branchenverband gfu, der die Internationale Funkausstellung ausrichtet. „Das war der Startschuss zur mobilen Mediennutzung, egal was ich gerade gemacht habe.“ Mit dem Walkman sei „eine komplett neue Gerätegattung“ aufgekommen. Für CD-Spieler, MP3-Player und schließlich auch Smartphone sei er der „Ur-Ahn“.

Vom „Sound-About“ zum „Walkman“
Sony-Chef Norio Ohga gilt als einer der Väter des Kultgegenstands. Firmenmitgründer Masaru Ibuka hatte bei ihm einen Kassettenspieler in Auftrag gegeben, den man auf Reisen mitnehmen kann. Das Ur-Modell TPS-L2 war lediglich eine abgespeckte und verfeinerte Weiterentwicklung eines Diktiergeräts für Journalisten. Doch Sony starteet genau im richtigen Moment durch und landete im Jahrzehnt von Aerobic und Videospielen einen Verkaufsschlager.

Eigentlich sollte das Gerät „Sound-About“ heißen, erst auf dem US-Markt erhielt es den Namen „Walkman“ - der Beginn einer Erfolgsgeschichte mit Hunderten Millionen verkauften Stück allein bei Sony. Mancherorts in Deutschland griffen unbekannte Täter 1980 sogar zum Hammer und schlugen die Scheiben von Elektrohändlern ein, um den Walkman aus der Auslage zu stehlen, wie aus dem Sony-Archiv zu erfahren ist - „und nur den Walkman“, wie betont wird.

Das ist bezeichnend für die Liebe vieler Teenager zu ihrem Abspielgerät. Tausende dürften ihn heute noch im Karton mit Kindheitserinnerungen lagern. Mancher begrub seinen kaputten Walkman wie ein totes Haustier im Garten. Buben verbrachten Tage damit, einem Mädchen Tapes aufzunehmen.

Debatte um laute Kopfhörermusik
Untrennbar mit dem Walkman verbunden ist die Debatte um die laute Kopfhörermusik. So mahnt im Oktober 1987 Bayerns Sozialminister Karl Hillermeier, die ständige Musikberieselung aus dem Walkman könne schwerhörig machen. Experten stießen sich nicht nur an den kleinen Kassettenrekordern, auch an Ghettoblastern und Discos.

„Es gibt Fakten, die nicht von der Hand zu weisen sind“, sagt der Audiologe Prof. Steffen Kreikemeier von der Hochschule Aalen. Er sieht „eine gewisse Gefährdung“ für das Gehör. „Diese Ansicht hat im Jahr 2009 auch die Europäische Kommission erkannt.“ Die EU mache dort auf einen „falschen Musikgenuss“ und dessen Folgen aufmerksam. „Nach dieser Studie entfällt ein solches Risiko auf schätzungsweise zehn Millionen Menschen in der EU.“

Kreikemeier führt an, dass die neuen Smartphones deutlich länger beschallen können als die Geräte der 1980er-Jahre. „In meiner Jugend waren Walkman oder CD-Player auch weit verbreitet, durch Größe und Batterie- beziehungsweise Akkulaufzeit aber schon auch etwas Besonderes“, erinnert sich der 38-Jährige. „Heute hat jedes Smartphone die Möglichkeit, Musik abzuspielen, und durch Streaming-Dienste ist hier auch kaum ein zeitliches Limit vorhanden.“ Umso wichtiger sei es daher, darauf zu achten, dass der Lautstärkepegel nicht zu hoch sei.

Digitale Revolution läutete das Ende ein
Das Charmante am Walkman war eben gerade das Nicht-Perfekte. Selbst wenn die Batterien mal nicht kurz vor dem Exitus waren - regelmäßig kam es zu Bandsalat, weil die Kassette schon ausgeleiert war. Und obwohl dieser Anblick häufig in zeitgenössischen US-Komödien zu sehen war: Joggen konnte man mit der empfindlichen Feinmechanik auch nicht gut. Von Wasser und Hitze musste man Walkmen fernhalten. Irgendwann machte die digitale Revolution ihnen den Garaus.

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