Ribery und Co.

Wie viel Luxus dürfen Fußballer zur Schau stellen?

Fußball International
07.01.2019 13:42

Franck Riberys 1200-Euro-Steak: ein Indiz für die hoffnungslos dekadente Fußballer-Parallelwelt? Oder doch Beleg für hasserfüllte Neid- und doppelmoralische Mediengesellschaften? Die Frage, wie viel Luxus Profi-Kicker zur Schau stellen dürfen, lässt sich auch anhand österreichischer Fallbeispiele abarbeiten. Frag nach bei Hoffer, Lazaro, Avdijaj oder Scharner.

In Deutschland wollte er neu durchstarten. Nach einem mäßigen Jahr bei Napoli sollte Erwin „Jimmy“ Hoffer in der Saison 2010/11 seinen berüchtigten Turbo beim 1. FC Kaiserslautern finden und zünden. Dass er am dortigen Trainingsgelände mit einem schnittigen Ferrari aufkreuzte, passte ideologisch gar nicht ins PR-Konzept der „Roten Teufel“. Für Hoffer setzte es einen Rüffel von Sportchef Stefan Kuntz. Der Ferrari blieb fortan in der Garage. „Jimmy kam damals von der großen Fußballwelt Italien. Dort gilt ja schon ein Porsche als verhältnismäßig kleines Auto“, erklärt Berater Max Hagmayr schmunzelnd: „Außerdem war der zeitliche Kontext damals ein schwieriger. Kaiserslautern hatte damals um Förderungen angesucht. Da sorgte Jimmys Ferrari natürlich für Gesprächsstoff.“

Beischlaf mit der Familiendynastie
Der Aufruhr war gewiss. Hoffers „Protz-Schlitten“ mutierte zum medialen Dauerbrenner. Und das noch lange, bevor sich Instagram zum weltumspannenden Leitmedium für (Selbst-)Inszenierung aufschwang. Heute fungieren die sozialen Medien gleichsam als Brandbeschleuniger. Ein nicht zu Ende gedachter Halbsatz in einem Posting, ein im emotionalen Überschwang präsentiertes Video-Schnipsel vom ach so hochwertigen Lebensstil und der potenzielle Shitstorm ist perfekt. Das jüngste Phänomen dieser Art brachte Franck Ribery nach seinem Steak-Posting so sehr in Rage, dass er seinen Kritikern den Beischlaf mit deren gesamter Familiendynastie nahelegte.

Dass der Bayern-Exzentriker dafür ausschließlich Kritik erntete, ist freilich ein Trugschluss. „Wenn du Leistung bringst, wirst du für einen Lebensstil oft auch gefeiert“, weiß Spielerberater Hagymar. Mit Valentino Lazaro war zuletzt einer seiner Schützlinge mittendrin in der „Luxus versus Neid“-Debatte. Lazaros Posting vom Heimflug im Privatjet hatte Wellen geschlagen. „Aber vor allem in der medialen Blase“, relativiert Hagmayr: „Persönlich hat er von Fans und Freunden hauptsächlich Zustimmung geerntet. Vielen Menschen gefällt das eben. Dann gibt es aber auch die Gruppe der Menschen, die meinen, dass im Fußball ohnehin zu viel Geld im Spiel ist.“

Avdijaj hielt Graz in Atem
Womöglich haben sich das auch einige gedacht, als Anfang 2015 ein gewisser Donis Avdijaj beim SK Sturm in Graz anheuerte. Im Beruf hoch veranlagt, im Privatleben höchst extravagant. In Erinnerung bleiben sein mit Sand aufgeschütteter Garten, sein Faible für grelles Schuhwerk, sein 564 PS starker Mercedes oder sein Interview, in dem er über ein Schwimmbad voller Geld sinnierte. Damals war Avdijaj noch keine 19. Während manch Medienvertreter in einer von glatt gestriegelten Ja-Sagern gefluteten Gesellschaft über einen „echten Typen“ jubelte, hatte die Chefetage des SK Sturm so ihre liebe Not mit dem (verhaltens-)auffälligen Jungspund. Sturm-Pressechef Alexander Fasching gibt sich im Rückspiegel diplomatisch: „Die Zusammenarbeit mit Spielern wie ihm gestaltet sich durchaus herausfordernd.“

Verdienen Kicker, vor allem in jungen Jahren, schlicht zu viel? Möglich. Ändern lässt sich das aber kaum. Als Paul Scharner einst in der Premier League auf seinen Karriere-Höhepunkt zusteuerte, versuchte die FA, für junge Spieler gleichsam einen Gap einzuführen: Ein Prozentsatz von der ausgehandelten Gage sollte dem Spieler überwiesen, der große Rest dagegen gleichsam „eingefroren“ werden. Der junge Spieler sollte erst ab einem gewissen Alter Zugriff darauf erhalten. „Durchgegangen ist das nicht, weil sich die sechs Großklubs quergelegt haben. Sie hatten befürchtet, sonst nicht konkurrenzfähig zu sein.“

Scharner: „Nicht an die große Glocke“
Wie es sich anfühlt, die Annehmlichkeiten des gut verdienenden England-Legionärs zu genießen, weiß Scharner natürlich auch. „Auch ich habe ab und zu den Privatjet genommen und mir den einen oder anderen Luxus gegönnt. Ich hab’s halt nicht an die große Glocke gehängt.“ Freilich auch, weil Social Media und Eigenmarketing damals noch bei Weitem nicht den Stellenwert von heute hatten. Scharner: „Ich habe mich aber - unabhängig davon - nie über Materielles definiert.“ Er ist der Meinung, dass sich Spieler auch ohne „Protz-Postings“ als echte Typen inszenieren können: „Mir ist das ja auch gelungen“, schmunzelt er.

Scharner, inzwischen als Karrieremanager selbstständig, geht es um zwei Punkte: Erstens um die richtigen Vorbilder. „Es ist entscheidend, was mir als junger Spieler die gestandenen Routiniers vorleben. Das ist ähnlich wie in der Erziehung. Wenn ich mich selbst nicht gesund ernähre, kann ich es von meinen Kindern auch nicht verlangen. Für viele junger Fußballer geht’s heute ja in erster Linie darum, mit dem Louis-Vuitton-Kosmetiktascherl zum Training zu kommen.“ Zweitens: Entsprechende Schwerpunkte in Akademien. „Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, jugendliche Kicker früh auf Chancen und Gefahren von Social Media und Co. aufmerksam zu machen.“

Franck Ribery kennt die Chancen und Gefahren spätestens jetzt wohl am allerbesten.

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(Bild: KMM)



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