"Nicht akzeptabel"

IWF-Chef entschuldigt sich für Fehlberechnungen

Österreich
15.05.2009 15:17
IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn (rechts im Bild) hat sich am Freitag bei Finanzminister Josef Pröll für die Fehlberechnungen des Internationalen Währungsfonds im Zusammenhang mit den Risiken in Osteuropa entschuldigt. "Ja, natürlich", so die Antwort von Strauss-Kahn auf eine entsprechende Frage bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit Pröll und OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny in Wien. Die falschen Prognosen hatten Spekulationen über eine Zahlungsunfähigkeit Österreichs und sogar Pleitegerüchten zur Folge gehabt. "Er hat sich entschuldigt, für mich ist die Sache damit erledigt", sagte Pröll.

Es sei ein "menschlicher Fehler" gewesen, der aber trotzdem "nicht akzeptabel" sei. Er habe jedoch die Analyse der Situation in den osteuropäischen Ländern und in der Welt nicht geändert. "Die globale Analyse bleibt gleich", erklärte Strauss-Kahn.

"Falsche Zahlen des IWF sollen in Zukunft nicht mehr vorkommen", betonte Pröll. Mittel- und Osteuropa bleibe eine Herausforderung, das Risiko in diesen Ländern sei aber "absolut bewältigbar". Der IWF habe bisher Handlungsfähigkeit bewiesen, man werde daher dem Währungsfonds auch weiterhin den Rücken stärken.

Größeres Risiko in Osteuropa laut IWF-Chef "normal"
Laut Strauss-Kahn gebe es in den osteuropäischen Ländern genau so wie in anderen aufstrebenden Märkten, wie etwa in Asien oder Lateinamerika, ein größeres Risiko. Das sei "normal". In Osteuropa könnte laut Strauss-Kahn bereits "das Schlimmste hinter uns sein", wenn auch noch immer Probleme auftauchen könnten. Jetzt habe man zumindest eine klare Sicht über die Risiken.

Hinsichtlich des Osteuropa-Risikos der österreichischen Banken wies Nowotny erneut darauf hin, dass drei Viertel ihres Engagements in EU-Ländern lägen. Zudem gebe eine Reihe von Sicherheitsnetzen, auch gemeinsam mit dem IWF, um diese Region zu stabilisieren. "Das Engagement der österreichischen Banken liegt im sicheren Bereich", so Nowotny.

Auch der anwesende Generaldirektor der Raiffeisen Zentralbank (RZB), Walter Rothensteiner, verteidigte in seinen Ausführungen die Entscheidung der österreichischen Banken, nach Osteuropa zu gehen: "Das war keine Fehlentscheidung". Die Krise sei eine globale Krise, betonte Rothensteiner.

Konjunkturerholung im 1. Halbjahr 2010 erwartet
Strauss-Kahn geht davon aus, dass sich die Weltwirtschaft im ersten Halbjahr 2010 wieder erholen wird. Der Wendepunkt dürfte dann im Oktober, November oder Dezember erreicht werden. "Das hängt davon ab, was man im Bankensektor ab jetzt noch tut", so der IWF-Chef. Die Abwärtsrisiken seien aber noch immer sehr groß. "Es ist noch viel zu tun".

Der IWF sei noch immer besorgt über die wirtschaftliche Entwicklung in den USA und dem Rest der Welt, besonders über den Zustand des Bankensektors. Eines sei aber klar: "Es wird nie zu einer Erholung kommen, solange die Banken-Bilanzen nicht in Ordnung gebracht wurden". Vieles sei bereits getan worden, die bisher gesetzten Stimuli seien sehr wichtig gewesen. Dass es hier und dort bereits einige "grüne Sprossen" gebe, seien gute Neuigkeiten. Die aufwärtsgerichteten Kräfte würden zunehmen.

"Große Herausforderungen liegen noch vor uns"
Strauss-Kahn warnte angesichts des bei der Krisenbewältigung bisher erreichten vor allzu großer "Selbstgefälligkeit": "Große Herausforderungen liegen noch vor uns, verlieren wir nicht den Schwung. Es wäre jetzt falsch, uns selbst auf den Rücken zu klopfen und selbstgefällig zu werden", so der IWF-Chef. Diese Krise sei jetzt noch nicht vorüber, und mit hoher Wahrscheinlichkeit stünden weitere Tests an.

Man dürfe auch nicht vergessen, dass es glaubwürdiger Ausstiegs-Strategien aus den Maßnahmen bedürfe, die während der Krise gesetzt worden seien. Es müsse stimmige Pläne geben, um die Liquidität wieder zurückzuführen, und zu einem vorwiegend privat geführten Finanzdienstleistungssektor zurückzukehren: "In der Budgetpolitik gibt es eine Zeit des Säens und eine Zeit des Erntens, und eine lockere Budgetpolitik heute muss Hand in Hand mit einer straffen Politik morgen gehen." Selbstgefälligkeit würde hier nur den Boden für ernsthafte budgetäre Probleme bereiten. Auch die Exit-Strategien würden Koordination benötigen, vielleicht sogar mehr, weil die Auswahlmöglichkeiten politisch schwieriger werden.

Das Ausmaß der makroökonomischen Kooperation, die während der Krise bisher gezeigt worden sei, sei beeindruckend. Im Großen und Ganzen hätten die Länder das Richtige gemacht, und sie hätten es gemeinsam gemacht, führte der IWF-Chef aus. "Die Weltführer haben sich mit dem Multilateralismus angefreundet und ernten jetzt die Belohnung dafür", meinte Strauss-Kahn. Diese Vorgehensweise - etwa in der G-20 - stehe in großem Gegensatz zu den Erfahrungen der Großen Depression (1930er Jahre) und sei ein Hauptgrund, warum seiner Meinung nach höchstwahrscheinlich ein Szenario wie zu Zeiten der Großen Depression vermieden werden kann. Der IWF habe dabei eine wichtige Rolle gespielt.

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