Stornowelle in Athen

Griechenland fürchtet Tourismus-Ausfälle

Ausland
14.05.2010 07:36
Die Arbeitslosigkeit ist mit 12,1 Prozent inmitten der Schuldenkrise auf den höchsten Stand seit fünf Jahren geklettert, im öffentlichen Sektor wird gespart, die Steuern steigen - und jetzt müssen die Griechen auch noch massive Ausfälle im Tourismus befürchten. Am Donnerstag trat in Athen erstmals ein Krisenstab zusammen, weil in den letzten Tagen mehr als 20.000 Hotelreservierungen storniert wurden. Als Grund gilt aber nicht etwa ein Boykott der Urlaubsdestination - viele Touristen fürchten angesichts der Streiks und Krawalle schlicht um ihre Sicherheit.

Seit Wochen beherrscht die Haushaltskrise und die damit verbundene Krise der Gemeinschaftswährung Euro die Schlagzeilen in ganz Europa. Bilder von Ausschreitungen in Athen lassen dabei das über Jahrzehnte aufgebaute Image eines Urlaubsziels bröckeln, das mit weißen Sandstränden, Traditionen und kulinarischen Genüssen lockt.

Nach den vielen Annullierungen von Reservierungen wurde am Donnerstag ein Krisenstab unter Leitung der griechischen Tourismusbehörde EOT gebildet worden, gab ein Regierungssprecher in Athen bekannt. Wegen der vielen Absagen entgingen der Branche schon jetzt Einnahmen in zweistelliger Millionenhöhe.

Nach Angaben des griechischen Hotelier-Verbands wurden in den vergangenen Tagen fast 20.000 Hotelreservierungen im Großraum Athen rückgängig gemacht, großteils waren es Urlauber. Denen sei es dabei nicht so sehr um einen Boykott aufgrund des Griechenland-Pakets oder durch die in den letzten Wochen geschürten Vorurteile gegenüber Griechen gegangen. Anlass für die vielen Absagen seien in erster Linie die gewaltsamen Proteste gegen das Sparprogramm der Regierung, bei denen Anfang Mai in Athen drei Menschen ums Leben gekommen waren, heißt es vonseiten der Tourismusbranche.

12 Prozent weniger Umsatz mit Deutschen
Um die Kundschaft präventiv bei der Stange zu halten, setzen viele Anbieter schon jetzt - nicht nur bei Reisen nach Athen - auf massive Preissenkungen. Denn das Land braucht das Geld der Touristen, um der Krise zu entkommen. Zu den größten Urlaubergruppen gehören in Griechenland neben Briten die Deutschen. Laut einer Erhebung der GfK-Marktforschung ist der Umsatz mit Griechenlandreisen der Deutschen im April um zwölf Prozent eingebrochen, während der deutsche Gesamtmarkt um acht Prozent zulegte.

Europas zweitgrößter Reisekonzern Thomas Cook berichtet von Buchungsrückgängen von 20 bis 30 Prozent in seinen wichtigsten Märkten Großbritannien und Deutschland. Der deutsche Marktführer TUI hingegen beschwichtigt, es sei nicht zu erkennen, dass sich die Griechenland-Krise in den Buchungen niederschlage.

Boom und Preisverfall bei Last-Minute-Angeboten
Last-Minute-Anbieter berichten indes von massiven Preissenkungen. L'TUR habe in den vergangenen zwei bis drei Wochen Preisnachlässe von 15 Prozent bei Pauschalreisen nach Griechenland verzeichnet, sagte eine Sprecherin am Donnerstag. "Das Angebot ist groß und die Hotels müssen gucken, wie sie ihre Zimmer loswerden." L'TUR ist nach eigenen Angaben der größte europäische Anbieter für Last-Minute-Reisen und gehört mehrheitlich TUI Travel.

Der Preiskampf zeigt im Last-Minute-Geschäft offenbar bereits Wirkung: "Die Gästezahlen liegen um 30 Prozent über dem Vorjahresniveau", sagte die L'TUR-Sprecherin. Urlaub zum Schnäppchenpreis sei in Griechenland nicht immer zu haben gewesen. Im Vergleich zu ähnlichen Zielgebieten wie der Türkei oder Ägypten zogen die Preise in den vergangenen Jahren an.

Tourismusbranche beteiligte sich bisher nicht an Streiks
Der Tourismus ist eine der wichtigsten Branchen in Griechenland. Generell prägen kleine und mittelständische Betriebe die griechische Wirtschaft. Gastgewerbe, Handel, Transport und Kommunikation trugen laut Daten von 2008 rund ein Drittel zum Bruttoinlandsprodukt bei. Industrie und Energie kamen nur auf etwa 14 Prozent. Auf Fischerei und Landwirtschaft entfielen gut drei Prozent.

An den Streiks hat sich die Tourismusbranche in Griechenland bisher überhaupt nicht beteiligt. Weder Hotels und Banken noch Geschäfte, Bars und Tavernen sperrten während der großen Kundgebungen Anfang Mai zu. An den Demos beteiligen sich vor allem Beamte, Lehrer und andere Staatsbedienstete. Ein Fluglotsenstreik könne der Branche allerdings schwer zusetzen, heißt es.

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