Undercover-Video

Verstörende Bilder zeigen Elend in iPhone-Fabrik

Elektronik
19.12.2014 10:38
Apples Versprechung, die Arbeitsbedingungen bei seinen Partnern in der Zulieferung und Fertigung zu verbessern, war eine glatte Lüge. Zu diesem Fazit kommt die britische TV-Anstalt BBC, die Undercover-Reporter in eine iPhone-Fabrik des Apple-Partners Pegatron nahe der chinesischen Metropole Schanghai geschickt hat. 16 Stunden lange Schichten und 18 Arbeitstage in Folge ohne Ruhetag sind dort offenbar nichts Ungewöhnliches. Manche Arbeiter kollabieren während ihrer Schicht fast. Doch es ist nur die Spitze des Eisbergs: Die Rohstoffe für die Hardware werden zum Teil von Kindern abgebaut.

Trotz aller Versprechungen Apples, die Arbeitsbedingungen bei seinen Zulieferern und Fertigern zu verbessern, herrschen in den Fabriken, in denen Apple-Hardware gefertigt wird, weiterhin unwürdige Zustände.

Zwei Reporter haben sich für die BBC-Sendung "Panorama" bei Pegatron eingeschlichen und die Bilder des Elends, die sich ihnen dort boten, gefilmt. Dass Arbeiter während ihrer Zwölf-Stunden-Schichten bei der Arbeit vor Erschöpfung einnickten, gehörte in der unweit von Schanghai beheimateten Fabrik noch zu den harmloseren Missständen.

Pegatron-Arbeiter schuften bis zum Umfallen
Richtig schlimm sind die Bedingungen bei der Arbeitszeit, wird berichtet. Einer der Reporter, die sich undercover in die Fabrik einschlichen, berichtet von Schichten, die bis zu 16 Stunden dauern. Ein anderer habe 18 Tage am Stück arbeiten müssen, obwohl er mehrmals nachgefragt hätte, ob er sich einen Tag freinehmen kann.

Solche Arbeitsbelastung geht an die Substanz: "Jedes Mal, wenn ich zurück in die Unterkünfte kam, wollte ich mich nicht mehr bewegen. Selbst wenn ich hungrig war, wollte ich nicht mehr aufstehen und etwas essen. Ich wollte einfach liegen und rasten. Schlafen konnte ich wegen dem Stress nachts trotzdem nicht", berichtet einer der Reporter. Dass die Ruhezeit in einem von zwölf Personen bewohnten Schlafraum nicht sonderlich erholsam sein dürfte, kommt noch hinzu.

Immer wieder schwere Vorwürfe gegen Apple-Partner
Die Kontrolle der BBC in der Pegatron-Fabrik zeigt, dass Apples Versprechen, die Arbeitsbedingungen in den Fabriken seiner Partner zu verbessern, kaum mehr als Lippenbekenntnisse sind. Seit mittlerweile vier Jahren – 2010 brachte es der Apple-Partner Foxconn durch eine Selbstmordserie mit 14 Toten in einem seiner Werke zu trauriger Berühmtheit – beteuert Apple, für die Arbeiter zu kämpfen. Trotzdem kommen mit schockierender Regelmäßigkeit neue Berichte über die unwürdigen Bedingungen in Chinas Elektronikfabriken auf.

Freilich: Apple ist beileibe nicht der einzige IT-Konzern, der bei Foxconn und Pegatron produziert. Fast alle großen Hardware-Marken produzieren bei solchen Auftragsfertigern, Schätzungen gehen davon aus, dass schon allein Foxconn 40 Prozent aller weltweit verkauften Elektronik produziert.

Apple äußerte sich schriftlich zu den Vorwürfen
Apple wollte sich nicht vor laufender Kamera zu den Vorwürfen äußern, reagierte aber schriftlich auf den BBC-Beitrag: "Wir wissen von keinem anderen Unternehmen, das so viel wie Apple für faire und sichere Arbeitsbedingungen tut." Man beobachte stetige und deutliche Verbesserungen, wisse aber, dass es immer noch besser ginge. Die Berichte über völlig erschöpfte Arbeiter bei Pegatron werde man überprüfen, die durchschnittliche Arbeitszeit liegt laut Apple mit 55 Stunden der Woche im vertretbaren Bereich. Den von den Reportern beobachteten Missständen werde man nachgehen.

Auch Pegatron äußerte sich zu den Vorwürfen. Sicherheit und Wohlergehen der Arbeiter seien Top-Prioritäten des Unternehmens und man bemühe sich um Verbesserungen, so der Auftragsfertiger.

Kinder bauen mit bloßen Händen Zinn für Apple-Geräte ab
Das Elend in der Elektronikfertigung endet derweil nicht bei Pegatron. Ähnlich schlimm, wenn nicht noch schlimmer als die Zustände in den großen Fabriken sind die Bedingungen in der Rohstoffzulieferung. Die BBC verfolgte Apples Lieferkette weiter auf die indonesische Insel Bangka, wo das Zinn für zahlreiche Apple-Produkte herkommen soll. Die Bilder, die sich dort boten, übertrafen die Elendsbilder aus China noch. Kinder sollen das Metall mit bloßen Händen aus dem Sand buddeln - konfrontiert mit der ständigen Gefahr, in den provisorischen Minen von einem Erdrutsch begraben zu werden.

Ein zwölfjähriger Bursch, der in einer der Minen arbeitet: "Ich mache mir Sorgen wegen Erdrutschen. Dass die Erde von ganz oben auf den Boden herunterkommt, das könnte schon passieren." Dass auch von Kindern abgebautes Zinn in Apple-Produkten steckt, gilt für die Reporter nach einem Gespräch mit einem indonesischen Zinn-Schmelzer als gesichert. "In der Schmelze kommt alles zusammen - von großen und kleinen Minen. Es wird alles vermischt. Es gibt keine Möglichkeit zu wissen, was da legal ist und was illegal", sagt der Schmelzer, der auch Apple beliefert.

Apple nennt Situation in Zinn-Minen "komplex"
Apple nennt die Situation in Indonesiens Zinn-Minen "komplex", weil Tausende kleine private Minen ihr Zinn an Schmelzer und Großhändler verkaufen. "Die einfachste Möglichkeit für Apple wäre, einseitig jegliches Zinn aus indonesischen Minen abzulehnen. Das wäre einfach für uns und würde uns sicher vor Kritik schützen."

Es sei aber auch faul und feige, weshalb man sich entschlossen habe, zu bleiben und Änderungen voranzutreiben. Die Beteuerungen und gebrochenen Versprechen aus China lassen dabei aber schnell die Frage aufkommen: Sind das wieder nur Lippenbekenntnisse?

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